“Cannabis-Opa” auf A93 drohen 7 Jahre Haft

Weiden/Windischeschenbach. Seit Donnerstag steht ein fast 80-Jähriger in Weiden vor Gericht. Er war auf der A93 als Durchreisender mit einem Hänger voll Cannabis-Grüngut erwischt worden.

Seit Donnerstag steht ein Senior vor der 1. Strafkammer, verteidigt wird er von den Anwälten Kabala Mbaluku (Eschborn) und Rouven Colbatz (Weiden). Foto: Christine Ascherl

Der Aufgriff war reiner Zufall. Der Angeklagte hatte sich am 24. März 2023 gegen 13 Uhr an der Raststätte Waldnaabtal-West bei Windischeschenbach einen Kaffee geholt. Hätte er nicht falsch geparkt – auf dem Standstreifen für Lkw – hätte ihn die Polizei womöglich gar nicht kontrolliert. “Wir wären möglicherweise vorbeigefahren”, berichtet ein Beamter der Grenzpolizei Waldsassen. Die zivile Streife war im Rahmen der Schleierfahndung unterwegs.

Ausrede: In Plauen keinen Grüncontainer gefunden

Als die Beamten die Plane am Hänger zurückschlugen, lagen dort rund 40 Plastiksäcke, mit Panzertape verschnürt. Der Senior erklärte, dass er für sein Grüngut in Plauen keinen geeigneten Container gefunden habe. “Die Story kam uns nicht schlüssig vor”, sagt der Polizist: “Warum sollte man Grünabfälle durch ganz Bayern fahren?” Die Beamten schlitzten einen Sack auf und fanden die teilweise schon verrotteten Reste einer ganzen Cannabis-Plantage. Es roch modrig, vermischt mit Marihuana-Geruch.

Den Angeklagten belastet auch ein USB-Stick, den die Beamten bei ihm fanden. Darauf waren Anweisungen zur Pflanzenaufzucht (Düngung, Licht, Schnitt) sowie eine Art “Kosten-Gewinn-Aufstellung”. Vor Gericht schweigt der Senior zu den Vorwürfen. Seine Wohnadresse hat er in Plauen gemeldet, wo die Polizei bei der Durchsuchung ein fast leeres möbliertes Zimmer vorfand. Die Fahrt im März 2023 sollte nach Niederbayern führen, wo er wohl ebenfalls eine Wohnung hat.

“Haben Sie schon einmal einen Uropa verhaftet?”

Die Polizei schildert ihn beim Aufgriff als “höflich, freundlich und kooperativ”. Der Polizist aus Waldsassen erinnert sich, dass ihn der ältere Herr bei der Festnahme gefragt habe: “Haben Sie schon einmal einen Uropa verhaftet?”

Die Pause in der Oberpfalz hatte für den Senior (Jahrgang 1944) gravierende Folgen. Seit März 2023 befindet er sich in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage zum Landgericht erhoben. Sie geht davon aus, dass der Angeklagte mit Komplizen mehrere Cannabis-Plantagen betrieben hat. Anhand der gefundenen 613 Wurzelballen geht man von 28 Kilogramm Marihuana aus, die für 114.000 Euro verkauft wurden. Der Vorwurf: bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Erste Ansage: 6,5 bis 7,5 Jahre Haft

Ein Verständigungsgespräch mit den Verteidigern Kabala Mbaluku (Eschborn) und Rouven Colbatz (Weiden) bleibt ohne Ergebnis. Die Kammer stellt im Falle eines Geständnisses zwischen 6,5 und 7,5 Jahre Haft in Aussicht. Das entspricht der Vorstellung von Staatsanwalt Benjamin Schaub (7 Jahre). Auf dieses “Angebot” will sich der 79-Jährige nicht einlassen.

Verteidiger Colbatz beantragt vergeblich eine Aussetzung des Verfahrens. Erst eine Woche vor der Verhandlung gingen noch Ergebnisse von Nachermittlungen der Kripo ein. Es geht dabei um eine ergänzende Finanzauswertung. Das Gutachten eines Toxikologen erhielten die Verfahrensbeteiligten gar erst am Mittwoch, dem Tag vor der Verhandlung.

Vorsitzender Richter Peter Werner sieht das Problem: “Auch wir sind damit überhaupt nicht glücklich.” Den Prozess unterbrechen will die Strafkammer nicht, gewährt aber eine einstündige Pause zum Einlesen.

Antrag abgelehnt: Senior bleibt in Haft

Auf Granit beißt die Verteidigung auch mit dem Antrag, den Haftbefehl auszusetzen. Der fast 80-Jährige leide an Rheuma. Zudem sei seine langjährige Lebensgefährtin aufgrund ihres Gesundheitszustands auf seine Unterstützung angewiesen. Selbst die Fußfesseln bleiben während der Verhandlung dran.

Die Verhandlung wird am Freitag, 2. Februar, um 9 Uhr fortgesetzt.

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