Die Sprenger mit den schnellen Autos: “Plofkraker” von Luhe kommen vor Gericht

Luhe/Bamberg. Sie nennen sich "Plofkraker" (Knallknacker): Marokkanische Banden aus den Niederlanden sollen 2022 Dutzende Geldautomaten in Deutschland gesprengt haben. Die Bamberger Staatsanwaltschaft will jetzt 12 Tatverdächtige vor Gericht bringen.

Geldautomaten Sprengung
Dieser Audi RS6 wird der Gruppe zugeordnet, die in Bamberg vor Gericht soll. Der Bande wird auch die Automatensprengung in Luhe zur Last gelegt. Foto: BLKA

Sie sollen unter anderem für die Sprengung in der Sparkassen-Filiale in Luhe (Landkreis Neustadt/WN) im Oktober 2022 verantwortlich sein. Die zwölf Männer niederländischer und marokkanischer Staatsangehörigkeit sind zwischen 23 und 42 Jahre alt.

Die Staatsanwaltschaft Bambeg hat Anklage in 27 Fällen erhoben. Darunter ist neben Luhe auch ein Fall aus Regensburg (November 2022, Spardabank). Die Sprengungen in Wernberg-Köblitz, Wiesau und Regensburg sind nach Auskunft von Sprecher Alexander Baum eingestellt worden. Es handelt sich um Einstellungen nach § 154 (“Macht den Braten nicht fett”-Paragraph). Ziel ist die Verfahrensverschlankung. Ursprünglich hatten die Ermittler der Gruppierung 34 zerstörte Bankautomaten zugeordnet.

Pro Automat durchschnittlich 110.000 Euro Beute

Die Ermittlungen wurden in Bamberg geführt, weil fünf der Taten rund um Bamberg begangen wurden. Der angeklagte Beuteschaden beträgt rund 3 Millionen Euro und damit im Durchschnitt 111.111 Euro pro Geldautomat. Der Schaden an den Häusern liegt mit etwa 5,5 Millionen Euro noch höher.

Die Tatverdächtigen gingen nach Angaben der Staatsanwaltschaft “höchst professionell und arbeitsteilig” vor. Die einen spähten im Vorfeld die Filialen aus. Es gab eine Gruppe von Sprengsatzbauern. Es gab Fluchtwagenfahrer, die auf Rennstrecken trainierten. Sprenger übten in niederländischen Industriehallen an leeren Automaten.

“Stützpunkt” in Roermond an der niederländisch-deutschen Grenze

“Stützpunkt” der festgesetzten Bande sind Garagen in Roermond in der Niederlanden. Von dort sollen sie jeweils kurz vor den Taten nach Deutschland aufgebrochen sein. Die Stadt Roermond (58.000 Einwohner) liegt an der A52. Zur deutschen Grenze sind es fünf Kilometer. Bis Luhe wären es weiter über die A3 stattliche 600 Kilometer und etwa 6,5 Stunden Fahrtzeit.

Möglicherweise ging das auch schneller: Die Besonderheit der niederländisch-marrokanischen “Plofkraker” sind ihre hochmotorisierten Fluchtwagen. Für die Flucht verwendeten die Täter in den angeklagten Fällen teils einen schwarzen Audi RS6 (600 PS, Höchstgeschwindigkeit 302 km/h). Einer konnte sichergestellt werden. Er war in Nordrhein-Westfalen verunglückt und am Straßenrand abgestellt worden.

“TikTok” ist voll davon

“TikTok” quillt über vor Handyvideos, aufgenommen von Augenzeugen und unterlegt mit Rap-Songs. Die Automatensprengungen ereigneten sich meist gegen 2 oder 3 Uhr. Das Ganze dauert nie mehr als drei Minuten. Der Sprengstoff wird per Fernzündung ausgelöst. Es gibt einen dumpfen Schlag. Vermummte Männer sammeln die Beute ein. Beim Weglaufen knacken Scherben unter den Schuhen. Dann rast der schwarze Audi mit getönten Scheiben und ohne Beleuchtung weg. Die Gruppierung soll Nachtsichtgeräte verwendet haben.

Für die Ermittlungen arbeiteten die Landeskriminalämter Bayern und Baden-Württemberg mit den niederländischen Strafverfolgern zusammen. Seit Januar 2023 konnten zwölf Haftbefehle vollzogen werden. Es kam zu großangelegten Durchsuchungsaktionen in den Niederlanden. Seit der Auslieferung nach Bamberg sind die Tatverdächtigen auf verschiedene bayerische Gefängnisse verteilt. Sie bleiben bis zum Prozessbeginn in U-Haft.

Das Landgericht Bamberg entscheidet nun über die Eröffnung eines Hauptverfahrens. Ein Verhandlungstermin wurde bislang noch nicht bestimmt.

Automatensprengung in Luhe

Die Automatensprengung in Luhe ereignete sich im Oktober 2022 kurz nach 3 Uhr. In dem Haus, in dem im Erdgeschoss die Sparkasse untergebracht ist, leben vier Parteien. Die Bewohner mussten aus Sicherheitsgründen evakuiert werden und wurden ins Feuerwehrhaus gebracht.

Foto: BLKA
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Foto: BLKA
Foto: BLKA München
Foto: BLKA München
Im vergangenen Jahr wurde der Geldautomat der VR-Bank in Wernberg-Köblitz gesprengt. Screenshot: Theo Kurtz
Im vergangenen Jahr wurde der Geldautomat der VR-Bank in Wernberg-Köblitz gesprengt. Screenshot: Theo Kurtz
Auch die Raiffeisenbank in Wernberg-Köblitz wurde Opfer der Geldautomatenbomber. Foto: BLKA
Auch die Raiffeisenbank in Wernberg-Köblitz wurde Opfer der Geldautomatenbomber. Foto: BLKA
Screenshot: Theo Kurtz
Foto: BLKA

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