Erich Ebermayer: Von Nazis verboten, dann Nazis verteidigt

Kemnath/Kaibitz. Der Lebenslauf des Schriftstellers und Juristen Erich Ebermayer liest sich selbst wie ein Roman: Publikationsverbot 1933, Rettung des Gerhart-Hauptmann-Archivs in den Kriegswirren, Verteidiger von Nazigrößen. Eine Ausstellung in seinem Heimatort erinnert an den Schlossherren von Kaibitz.

Die Ausstellung erinnert mit Bildern und Texten an das Leben des Schriftstellers Erich Ebermayer, der von 1939 bis 1970 im Schloss Kaibitz wohnte. Bild: Bernhard Piegsa
Die Kaibitzer Schlossbläser umrahmten musikalisch die Vernissage der Ebermayer-Ausstellung in der Kaibitzer Kunstmühle. Bild: Bernhard Piegsa

Wenn der Ausdruck „facettenreich“ auf ein Leben zutrifft, dann gewiss auf das von Erich Ebermayer. Promovierter Jurist, Unterhaltungsschriftsteller und aufmerksamer Chronist der Zeitgeschichte, vom Hitlerregime beargwöhnt und angefeindet, nach 1945 Verteidiger von „Nazigrößen“ und bis an sein Lebensende mit Winifred Wagner, der Schwiegertochter Richard Wagners, freundschaftlich verbunden.

In einer Ausstellung zu seinem 121. Geburtstag und 71. Todestag sowie zum „Tag des offenen Denkmals“ boten der Heimatkundliche Arbeits- und Förderkreis Kemnath (HAK) und die Kulturfreunde Kaibitz ein Lebensbild des „Schlossherrn“ von Kaibitz, das zur Vernissage viele Geschichts- und Literaturfreunde in die “Kunstmühle“ des Schlossdorfes lockte.

Werke 1933 verboten

In der Nazizeit und der frühen Bundesrepublik war es ein taktierendes Leben zwischen innerer Distanz und gradueller Anpassung, konstatierte HAK-Vorsitzender Robert Schön in seiner Eröffnungsrede. Ebermayers Werke waren nach 1933 größtenteils verboten.

Aufgrund der nahen Verwandtschaft zwischen seiner Mutter und dem Chef der „Kanzlei des Führers“ Philipp Bouhler habe der gebürtige Bamberger dennoch Kontakte zu hohen Parteidienststellen unterhalten. Wohl aus diesen Kreisen sei ihm kurz vor Kriegsbeginn 1939 ein „geheimer Hinweis“ zugegangen, dass es ratsam sei, „sich aus Berlin zurückzuziehen“: „Zunächst wollte er nach Bayreuth umziehen, doch nachdem sich das zerschlagen hatte, erwog er, das Schloss Schönreuth zu erwerben. Aber mit dem Vorbesitzer, einem alten Nationalsozialisten, konnte er sich nicht einigen”, sagte Schön.

Kaibitzer Schloss restauriert

Anscheinend ebenfalls nicht ganz ohne Reibereien, aber letztlich doch erfolgreich, seien schließlich die Kaufverhandlungen mit dem Besitzer des Kaibitzer Schlosses verlaufen, das der Schriftsteller habe restaurieren lassen. In dessen Park sei er auch gemäß seinem Wunsch beigesetzt worden.

Bekannt geworden ist Erich Ebermayer als Autor der Filmdrehbücher zu „Die Mädels vom Immenhof“ (1956) und „Canaris“ (1954) sowie des Romans über Landerziehungsheime „Kampf um Odilienberg“ (1929). Weniger bekannt, aber von Lokalkolorit durchdrungen ist die 1947 erschienene Novelle „Hubertus“: „Als ortskundiger Leser erkennt man unschwer, welche Wege und Orte rund um Kaibitz er beschreibt“, bemerkte Robert Schön.

Von den freundnachbarlichen Beziehungen der Familie Eibisch mit Erich Ebermayer erzählte Helene Eibisch, die gemeinsam mit Katrin Pasieka-Zapf und Schön die Ausstellung gestaltete.

Im Bademantel zum Hammerweiher

Oft sei der Schriftsteller im weißen Bademantel, begleitet von seinem Hund, zum Hammerweiher gegangen, um dort zu baden. „Ich habe zwar in der kurzen Zeit von 1968, als ich hierher geheiratet habe, bis zu Ebermayers Tod 1970 nie selbst Gelegenheit zu einem Gespräch mit ihm gefunden, aber trotzdem hat mich alles interessiert, was er geschrieben hat“, verriet die Wirtin der „Schlossschänke“.

Die Erzählung „Hubertus“ mit ihren unverkennbaren Beschreibungen der Dorfkapelle, des Weihers und des „ewigen“ Hessenreuther Waldes sei von Christa-Wernfriedis von Lindenfels aus Wolframshof illustriert worden: Mit ihr habe der Schriftsteller eine herzliche „Freundschaft der Schlossbesitzer“ verbunden.

Ebenso wie Ebermayers engster Freund und Vertrauter, der Opernsänger Ernst-Max Hacke (Peer Baedeker), und weitere Mitglieder des Freundeskreises sei die Baronin ein „gern gesehener Gast bei meinen Schwiegerleuten“ gewesen. Im Roman „Die goldene Stimme“ (1956) fänden sich Reminiszenzen an Schloss Wolframshof und die „alte Gräfin“.

Hoffnung auf Denkmal

Eigentlich sei es schon im vergangenen Jahr „an der Zeit“ gewesen, des prominenten Wahl-Kaibitzers zu gedenken, hielt „Schlosswirtin“ Helene Eibisch bei der Eröffnung der von ihr initiierten Ausstellung in der Kaibitzer Mühle fest: „2020 war ja sein 120. Geburts- und 50. Todestag. Aber die bekannten Umstände hatten die Ausstellung damals unmöglich gemacht.“

Die passionierte Literaturliebhaberin besitzt eine Sammlung sämtlicher Bücher des einstigen „Schlossherrn“ sowie Bilder von Christa von der Schulenburg (Christa-Wernfriedis Freifrau von Lindenfels). Sie hofft auf eine Renovierung des Schlosses und die Schaffung eines Denkmals oder einer Gedenktafel. „Immerhin waren durch Ebermayer wichtige Persönlichkeiten der literarischen Welt hierher gekommen, und in den Wirren des Kriegsendes hatte er das aus Schlesien ausgelagerte Gerhart-Hauptmann-Archiv in seine Obhut genommen, so dass es größtenteils der Nachwelt erhalten blieb“, erinnerte sie.

Nicht unerwähnt ließ sie das von Ebermayers Vertrautem Peer Baedeker in Kemnath betriebene Theater- und Film-Fachantiquariat „Proszenium“, das auf Werke von Autoren spezialisiert gewesen sei, die unter dem Naziregime verfemt gewesen seien.

Kaibitzer „Kunstmühle“ komplett konserviert

Der Vorsitzende der Kulturfreunde Kaibitz, Ely Eibisch, sprach über die denkmalgeschützten Gebäude in Kaibitz. Das Schloss stehe auf dem Platz einer früheren Burg, deren Existenz sich bis ins Jahr 1215 zurückverfolgen lasse.

Als Ort für die Ebermayer-Präsentation habe sich das Technikdenkmal „Kunstmühle“ angeboten, wo ab 1922 mit damals hochmoderner Technik weißes Mehl hergestellt worden sei: „Die Bezeichnung ‚Kunstmühle‘ wurde für Mühlen mit besonders aufwendiger Mahltechnik gebraucht, die sehr hochwertiges und feines Mehl erzeugten.“ Diese technische Ausstattung sei auch 59 Jahre nach dem Ende des Mahlbetriebs noch komplett vorhanden und betriebsfähig.

Eibischs besonderer Dank galt den Kaibitzer Schlossbläsern für die würdige musikalische Umrahmung der Vernissage.

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