Jaaaa, ihr seid Spitze: Jahnsinn in Dresden, Ballas köpft Regensburg zum 9. Sieg

Dresden. Einen Schönheitspreis gewinnt der SSV Jahn gerade nicht. Aber mit Einsatz und Leidenschaft bis zur letzten Sekunde schlagen die Regensburger auch spielerisch bessere Mannschaften wie Dynamos Dresden. Deren Trainer Markus Anfang ist jetzt stinksauer.

Ballaballa: Florian Ballas köpft den SSV Jahn in der 93. Minute bei Dynamo Dresden an die Spitze und zum neunten Sieg in Folge. Foto: dpa

Klar kann man sich als Fußballfan auch mal in die Perspektive des Gegners eindenken: Dynamo Dresden startet enorm druckvoll in die Partie, bringt die Jahn-Defensive kombinationssicher in der ersten Viertelstunde ins Schwimmen. In der Phase hätte Tom Zimmerschied die Gastgeber mit seinem gefühlvollen Schlenzer von der Strafraumkante verdient in Führung schießen können – der Pfosten hat etwas dagegen (16.).

Und auch in der zweiten Hälfte ist Dresden näher dran am Dreier: Nach einem Zusammenstoß von Jahn-Keeper Felix Gebhardt mit Robin Ziegele steht das Tor für einen Moment leer – bis abermals Zimmerschied dann aber die Situation erfasst, ist Louis Breunig zur Stelle, der mit Monsterreaktion den Ball von der Linie grätscht (59.).

Immer ein Regensburger Hax’n im Weg

Dass Dynamo über weite Strecken mehr Ballbesitz hat: geschenkt, das ist zu erwarten. Dass das Regensburger Pressing in der Dresdener Hälfte nicht ganz so gut funktioniert, weil sich die Sachsen meistens ballsicher aus der eigenen Hälfte kombinieren, ist verzeihlich. Dass bei den Platz- und Wetterbedingungen zu viele No-look- und One-Touch-Pässe des SSV nicht ankommen, auch das ist zu verschmerzen.

Denn in der Summe ist Dynamo zwar über die gesamte Spielzeit optisch überlegen – aber außer bei Zimmerschieds beiden Großchancen wird es nicht mehr so richtig brenzlig vor dem Regensburger Tor. Und das liegt daran, dass immer noch ein Oberpfälzer Sturschädel oder ein prächtiger Regensburger Hax’n dem Ball in die Quere kommt und die Dresdener fast zur Verzweiflung bringt.

Ballaballa von Ballas ins Dynamo-Herz

Und dann kann man inzwischen ja auch eines wissen: Spieler von Joe Enochs und Achim Beierlorzer sind nun mal nicht nur Mentalitäts-, sondern vor allem auch Konditionsmonster. Und als sich in der Nachspielzeit bei Dynamo einige Konzentrationsfehler einschleichen, schlagen die Minimalisten mit der High-End-Effizienz eiskalt zu: Ecke Tobias Eisenhuth, der angefressene, weil erst eingewechselte Florian Ballas, springt am höchsten, und ballert die Kugel mit seinem Quadratschädel ins Netz – 0:1 (93.).

Dass Dynamo-Trainer Markus Anfang deshalb im Spielerkreis wie Rumpelstilzchen tobt, ist schon nachvollziehbar. Aber ein wenig ist ihm dann doch die Fanbrille verrutscht, wenn er sagt: „Wenn wir vier Tore machen, geht das in Ordnung.“ Dann hätten aber auch zwei verrutschte Flanken ins Netz flutschen müssen. „Es ist die einzige Chance der Regensburger Mannschaft, über eine Standardsituation ein Tor zu machen“, schimpft er. Stimmt fast: Wenn ein Anstoßtor auch als Standard gezählt wird: Christian Viet hätte vom Anstoß fast eine Jahrhundert-Kiste gemacht, Dynamo-Keeper Stefan Drljaca bekommt den Frechball gerade noch in den Griff.

Sie machen rund 1000 Jahn-Fans und Jahn-Neuzugang Albert Füracker glücklich. Durch das Ballaballa-Siegtor in der Nachspielzeit darf der bayerische Heimat- und Finanzminister seinen Nimbus als neues Maskottchen behalten. Foto: jrh

Enochs: Fitness auch gegen Freiburg II ohne freien Tag

SSV-Cheftrainer Joe Enochs ist seinem Kollegen sicher nicht böse. „Bei solchen Standardsituationen haben wir aber auch wirklich eine Stärke“, sagt er strahlend, „und da war es auch so, dass der Ball super reingespielt wurde von Eisi, dann steigt Balla hoch zum Kopfball.“ Seine Jungs arbeiteten sehr hart gegen so eine Spitzenmannschaft und hätten sich am Ende belohnt. „Solche Spiele gibt’s immer wieder mal, wo wir sehr intensiv gegen den Ball arbeiten müssen, wo der Gegner zwei, drei gute Chancen hat – wir haben die Druckphasen überstanden und im letzten Moment diesen Lucky Punch gesetzt.“

Neunmal hintereinander gewonnen: „Das ist schon eine Hausnummer, gegen eine Mannschaft, die seit 11 Spieltagen zu Hause nicht verloren hat.“ Aber klar, jetzt nur nicht abheben, mit 37 Punkten nach 16 Spielen an der Tabellenspitze und zehn Punkten Vorsprung vor dem Tabellendritten: „Wir denken von Spiel zu Spiel, bleiben ambitioniert, aber bodenständig.“ Gegen Freiburg II vor bereite man sich ohne einen freien Tag extra vor: „Die haben auch eine richtig gute Mannschaft und wir müssen genauso intensiv gegen den Ball arbeiten, wie wir es heute getan haben.“ Die Jahn-Stärke sei nun mal die Fitness: „Die müssen wir uns unter der Woche erarbeiten.“

Große Kulisse, kleine Stimmung: Enttäuschung bei Dynamo Dresden, nachdem die Heimspielserie gegen Jahn Regensburg gerissen ist. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Matchwinner Florian Ballas: „Wenn man den Spielverlauf gesehen hat, hat uns Dresden schon in vielen Phasen beherrscht. Wir haben versucht, uns ins Spiel reinzukämpfen. Zunächst einmal war ich ein klein wenig angefressen, dass ich nicht von Anfang an gespielt habe, das wollte ich natürlich unbedingt, ich habe vier Jahre hier gespielt. Ich war dann froh, als ich reinkam, so ist der Fußball, dass dann ausgerechnet ich das Tor mache. Klar, mit meiner Größe bin ich immer irgendwie ein Faktor und dass es dann heute geklappt hat, zum zweiten Mal in der Saison, freut mich natürlich enorm.

Wir genießen das total, das hätten wir uns, als die Vorbereitung losging, so nicht träumen lassen, aber nichtsdestotrotz versuchen wir jede Woche Gas zu geben. Es liegt immer noch viel Arbeit vor uns, gerade wenn man das Spiel heute gesehen hat, Dynamo mit super Ballbesitz-Fußball, da wollen wir uns auch weiterentwickeln. Aber gerade die Komponenten, die in der Dritten Liga wichtig sind, Einsatz, Leidenschaft, füreinander Dasein, das haben wir Woche für Woche immer auf dem Platz und das müssen wir jede Woche abrufen.“

Markus Anfang: „Wir waren die klar bessere Mannschaft, wenn wir vier Tore machen, geht das in Ordnung, aber wir machen es nicht, das muss man dann so akzeptieren. Es ist die einzige Chance der Regensburger Mannschaft, über eine Standardsituation ein Tor zu machen. Wir schenken denen hinten den Ball, in einer Situation, in der wir keinen Druck und keinen Stress haben, das sind dann halt Fehler, das muss man ganz klar sagen, die werden knallhart bestraft, da sind wir selber schuld.

Nicht Regensburg hat uns geschlagen, bei allem Respekt, wir haben uns selber geschlagen, weil wir die Tore nicht gemacht haben, und weil wir den Gegner mit so einer Situation einladen. Da muss man dann auch ganz ehrlich sagen, da sind wir einfach zu grün. Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht, wir haben Regensburg komplett beherrscht, aber wenn du die Spiele so herschenkst, musst du der Mannschaft auch mal ganz klar sagen, dass das so nicht geht.“

Tom Zimmerschied: „Das Gegentor in der Nachspielzeit ist völlig unnötig, die Entstehung von der Ecke auch. Dann stimmt die Zuordnung, glaube ich, auch nicht, die machen das Kopfballtor. Ich glaube, davor müssen wir in Führung gehen, ich muss mindestens eines machen, das wird geklärt auf der Linie – da muss ich mich bei der Mannschaft entschuldigen, den muss man machen, da gibt’s keine zwei Meinungen. Wir machen ein gutes Spiel, sind klar die bessere Mannschaft und am Ende schlagen wir uns selber. Das ist extrem bitter. Regensburg hat die beste Abwehr der Liga, das haben sie schon gezeigt, dass sie gut verteidigen können.“

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