SSV Jahn in der 3. Liga: Auch gegen den SSV Ulm entscheidet Regensburgs bärenstarke Finish-Qualität
Regensburg. Auch Verfolger SSV Ulm kann den SSV Jahn nicht stoppen. Mit acht Siegen in Folge setzt sich Regensburg zusammen mit den punktgleichen Dresdnern ein wenig vom Feld ab. Noch zwei Siege bis zum Allzeit-Drittliga-Rekord des KSC. Wenn da nur nicht als nächstes Dynamo wäre.
Same procedure as every week: Der SSV beginnt einschüchternd, setzt die Gäste gleich mal massiv unter Druck. Außer Leonardo Scienzas gefühlvoller Schlenzer, den Jahn-Keeper Felix Gebhardt kongenial um den Pfosten dreht, ist nicht viel los im Regensburger Strafraum. Die logische Konsequenz: die frühe Führung durch Bene Saller, der nach einer kurzen Ecke Maß nimmt und aus 25 Metern Ulms Keeper Christian Ortag alt aussehen lässt, 1:0 (16.).
Die folgenden Minuten schwimmt der Schwimm- und Sportverein von der Schwäbischen Alb, weil die Regensburger giftig an vorderster Front attackieren. Vor allem Keeper Ortag riskiert mehrfach Kopf und Kragen nach riskanten Rückpässen. Was aber auch dazugehört zum neuen Erfolgsmodell: die Oberpfälzer nehmen sich immer wieder schöpferische Pausen.
Und das motiviert die Ulmer, das Heft allmählich selbst in die Hand zu nehmen. Diese Kunstpausen sind keineswegs gewollt: „Wir hatten ein paar Phasen, wo wir Ulm zu viel überlassen haben“, moniert nach dem Spiel Jahn-Trainer Joe Enochs trotz aller Freude über den achten Sieg in Folge und einer, trotz kleiner Schönheitsfehler, wieder einmal leidenschaftlichen Leistung seiner Mentalitätsmonster.
Am Schluss entscheidet die Ochsen-Physis
In der zweiten Hälfte egalisieren sich beide Teams über längere Strecken. Der Versuch, schnell und direkt zu spielen, führt zu langen Phasen mit nur kurzen Ballbesitz-Passagen auf beiden Seiten. Es sind diese paar Schludrigkeiten, die rund 8000 Regensburger Fans unter den insgesamt 8800 Zuschauern bis zur letzten Minute zittern lassen: Zu kurze Befreiungsschläge in Ulmer Beine, gequirlte Luftlöcher – sie führen zu kürzeren Drangphasen der Spatzen, die ihrem Namen aber vor dem wenig beschäftigten Jahn-Keeperin in puncto Harmlosigkeit gerecht werden.
Und dann ist es eben die überragende Ochsen-Physis der Truppe der beiden Konditionsapostel Joe Enochs und Achim Beierlorzer, die diese engen Matches zum wiederholten Mal auf der Schlussgeraden entscheidet. Der quirlige Dominik Kother klaut einem Ulmer die Kugel, schickt Filigrantechniker Oscar Schönfelder in die Box, der verzichtet auf den eigensinnigen Abschluss, bedient den kurz zuvor eingewechselten Eric Hottmann, und der bleibt so was von arschcool, guckt sich die zwei Mann auf der Linie aus und zirkelt die Kugel zwischen sie hindurch ins Glück, 2:0 (88.).
Joe Enochs: „Die Mannschaft findet immer Wege“
„Am ersten Spieltag hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich mal hier stehe und acht Siege in Folge kommentiere“, wundert sich Jahn-Coach Joe Enochs selbst über die Mega-Serie. „Dazustehen mit solchen Mannschaften wie Dynamo Dresden, ist schon was Schönes für uns.“ Von Abheben keine Spur: „Die Mannschaft ist schon sehr bodenständig“, betont er eine der drei Jahn-Grundtugenden, „die arbeiten jeden Tag und die wissen, auch solche Spiele sind ganz schwer zu bespielen.“
Die Herausforderer kämen hier sehr selbstbewusst her: „Und die Mannschaft findet trotzdem immer Wege zu gewinnen.“ In der ersten Halbzeit habe man außer der ersten Chance für Ulm nach fünf Minuten wenig zugelassen. „Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen“, man habe dann aber zwischenzeitlich Ulm zu viel Spielraum gelassen.
„Traue der Mannschaft alles zu“
„Wir kommen nach der Pause raus, sagen uns, ,pass auf wir müssen dagegenhalten, wir haben schon gesehen, wie sie in Münster zurückgekommen sind, wie sie in Aue zurückgekommen sind, wir müssen extrem aufpassen‘!“ Dass seine Jungs dann noch mal eine Schippe drauflegen können, „ist halt schon eine Stärke von uns“. Ein gutes Gefühl sei das auf der Bank: „Man sieht, dass die Jungs noch mehr Wege machen.“ Eine Belohnung gibt’s auch: „Morgen ist frei“, dann bemühe man sich um ein Freundschaftsspiel Ende der Woche mit Länderspielpause.
Ausruhen auf den Lorbeeren ist nicht: „Wir haben noch ein paar Spiele bis zur Winterpause, die extrem wichtig sind, wir wollen so viele Punkte sammeln wie möglich.“ Und dann möchte Enochs die Serie auch in Dresden verteidigen: „Ich traue unserer Mannschaft alles zu, wohl wissend, dass Dynamo eine super Mannschaft ist – die sind sogar noch besser als letztes Jahr.“ Wie der Jahn lebe auch Dresden von der geschlossenen Mannschaftsleistung: „Das wird ein starkes Spiel.“
Goalgetter Saller: „Das war Improvisation“
Tür- und Toröffner Bene Saller beschreibt die Gemütslage nach seinem Kunstschuss: „Wir waren heute sehr stabil in der Defensive, haben wenig zugelassen und aus einem Standard ein Tor gemacht – davon reden wir auch, dass wir das machen wollen.“ Dass er „das“ gleich selbst gemacht hat, umso besser: „Bei der ersten Ecke habe ich schon rausgerufen, sie sollen zwei gegen eins machen, da haben sie’s nicht gemacht.“ Bei der nächsten wird er erhört, Schönfelder legt zurück und Bene nimmt Maß: „Er kommt relativ zentral, aber ich glaube, der Torwart sieht ihn überhaupt nicht.“ Gut, geplant sei das so nicht gewesen:
„Heute war das Improvisation.“ Der Sieg gehe dennoch absolut in Ordnung. Übernächste Woche dann das Duell beim Spitzenreiter: „Klar ist das ein Topspiel“, sagt Saller, „wer schon mal in Dresden gespielt hat, weiß, da kann man schon was Geiles machen.“ Mit einer gewissen Lockerheit nach 24 Punkten in Serie könne man schon hinfahren: „Aber so wie wir unterwegs sind, ist da im Training gar nichts locker und entspannt – und das macht auch den Erfolg aus.“
Ulms Thomas Wörle: „Hatten das Gefühl, hier geht was“
Ein wenig enttäuscht ist Ulms Coach Thomas Wörle nach dem Spiel schon: „Wir waren die bessere Mannschaft in der ersten Hälfte“, findet er. „Wir haben das Gefühl gehabt, hier geht was.“ Der Gegner sei da nicht so stark gewesen. „Im Verlauf der zweiten Halbzeit kam Regensburg dann immer stärker auf, wir mussten mehr Risiko gehen, der Gegner hat mehr Räume bekommen und die haben sie dann schon echt gut genutzt.“ Hinten raus könne man sich dann über den zweiten Treffer nicht beschweren: „Ich glaube am Ende, über 90 Minuten, war das vielleicht ein verdienter Sieg, aber wir haben eine gute Leistung gezeigt heute.“
Man komme an einen Punkt, wo man merke: „Da ist echt viel Qualität, die einem gegenübersteht, rein physisch ist das unglaublich, was da für eine Mannschaft auf dem Platz steht.“ Auch von der individuellen Klasse sei es nicht das, „womit wir uns auf Dauer messen können als Aufsteiger“. Dennoch habe seine Mannschaft gut dagegengehalten: „Mit etwas mehr Spielglück können wir das Spiel nicht nur offen gestalten, sondern vielleicht sogar was mitnehmen.“
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