Jahn in der 3. Liga: Erfolgscoach Joe Enochs trainiert vor Saarbrücken die Basics

Regensburg. Der Erfolg gibt ihm Recht: Jahn-Trainer Joe Enochs verlängert seinen Vertrag bis Juni 26. Vor dem Auswärtsspiel am Samstag, 14 Uhr, bei Pokalschreck 1. FC Saarbrücken fordert er nach dem Köln-Dämpfer die Rückkehr zu den Basics: Pressen und Klarheit im Spielaufbau.

Kann eine neue Ära in Regensburg starten: Jahn-Trainer Joe Enochs verlängert bis 2026. Foto: SSV Jahn

Die Boomer unter uns erinnern sich noch gerne daran: Vor 20 Jahren machte der SSV Jahn unter dem gestrengen Trainer Günter Sebert mit einem 2:1 beim 1. FC Saarbrücken wieder einmal einen Aufstieg in die Zweite Bundesliga perfekt. Amando Zani und Peter Peschel sorgten für die Regensburger Tore. Mit im Kader unvergessene Kämpen wie Uwe Gospodarek im Tor, Markus Knackmus, Vlado Papic, Mario Stieglmair, András Tölcseres oder Josef Tuma.

Die Begeisterung währte nicht lange und auch die Bilanz gegen den langjährigen Bundesligisten und einmaligen Teilnehmer am Europapokal der Landesmeister (1955/6 als Vertreter des zu dieser Zeit eigenständigen Saarländischen Fußballverbandes) sieht eher mau aus: Zwei Siege stehen vier Niederlagen und drei Remis gegenüber – zuletzt kassierte der Jahn als Zweitligist eine peinliche 2:3-Pleite gegen den damaligen Regionalligisten Saarbrücken im DFB-Pokal 2019.

Tabellenführer, aber nicht unbedingt Favorit

Apropos Pokal: Nach dem 2:1 gegen den FC Bayern und dem 2:0 gegen Eintracht Frankfurt entwickeln sich die Saarländer zum gefürchtetsten Pokalschreck des Landes. Und auch in der Liga ist das Team von Cheftrainer Rüdiger Ziehl nach dem 4:0 im Nachholspiel beim SC Freiburg II in der Spur: 11 Punkte aus den letzten fünf Partien. Der Tabellenfünfte der vergangenen Saison, der nur einen Punkt Rückstand auf den Relegationsplatz hatte, könnte also durchaus noch einmal in den Kampf um die Aufstiegsplätze eingreifen.

Trotz der famosen Regensburger Serie von 10 Siegen in Folge, elf Spielen ohne Niederlage: Ein wenig war beim SSV Jahn zuletzt die Luft raus. Gegen tabellarisch schwächere Gegner wie den SC Freiburg gelang ein glückliches 3:2, gegen Viktoria Köln mit Mühe ein 1:1. Auch als souveräner Tabellenführer mit 41 Punkten und der besten Abwehr der Liga (14 Gegentreffer) treten die Oberpfälzer deshalb nicht unbedingt als Favorit die rund 450 Kilometer lange Reise ins Ludwigpark-Stadion an der französischen Grenze an.

Startet Joe eine neue Jahn-Ära?

In der Pressekonferenz durfte sich Cheftrainer Joe Enochs in seiner zurückhaltenden Art erst einmal über die Vertragsverlängerung bis Juni 2026 freuen: „Ich bin kein Schauspieler und zeige diese Freude nicht künstlich, aber ich kann gut einschätzen, welche überragenden Bedingungen und hervorragendes Trainerteam ich hier habe. Die Mannschaft bringt mir jeden Tag viel Spaß.“ Er sei rundherum zufrieden, mit seiner Familie hier in Regensburg zu sein. Deswegen sei es für ihn eine leichte Entscheidung gewesen. „Wir haben einmal oder zweimal gesprochen, es war eine schnelle Geschichte, ich freue mich unglaublich, dass ich weiter hier sein darf.“

Beste Bedingungen also, um in Regensburg zusammen mit Sportchef Achim Beierlorzer eine neue Ära zu starten – vor allem, wenn beide die fantastische Serie, die den Jahn an die Spitze katapultierte, auch noch ins Ziel retten. Es wäre leider nicht die erste Saison, in der der SSV wie ein Meister startete und am Ende noch zittern musste – freilich noch nie unter Mentalitätsmonster-Macher Beierlorzer und dem akribischen Basics-Tüftler Enochs.

Enochs: „Wieder ein Härtetest“

Beim schweren Auswärtsspiel in Saarbrücken kann der Jahn-Trainer jedenfalls fast aus dem Vollen schöpfen. Einzige sichere Leerstelle bleibt Eric Hottmann (Knieverletzung). „Kapitän Andi Geipl hat gestern wieder komplett und ohne Probleme mittrainiert.“ Er gehe davon aus, dass der „Sepp“ am Samstag wieder dabei ist. „Niclas Anspach war am Montag kurz angeschlagen, soll aber heute wieder ins Training einsteigen.“ Er war beim Arzt, die Schmerzen von der Verletzung seien nicht wieder aufgetreten. Insofern ist auch er ein Kandidat für Saarbrücken.

Der Gegner sei wie schon die vergangene Saison eine Macht in der Dritten Liga: „Alleine schon wie sie im Pokalspiel Bayern und Frankfurt, solche Mannschaften geschlagen haben, und zu Hause seit fünf Spielen ohne Gegentor geblieben sind“, nötige ihm größten Respekt ab. „Das ist eine sehr stabile, eine sehr erfahrene Mannschaft, die den Abgang von Gmeiner durch Kai Brünker und Gnaase durch Patrick Sontheimer kompensiert hat.“ Ansonsten eine eingespielte, stabile Mannschaft, die es in den letzten Spielen verstanden hat, stabil hinten zu stehen, auf ihre Chancen zu warten und zu lauern – etwa bei Standardsituationen, „wo sie unheimlich gut sind“. „Deshalb ist es halt wieder ein Härtetest.“

Tschaunis Video-Standard-Analyse

Apropos Standards: Tschauni (Anm. d. Red.: Torwarttrainer Philipp Tschauner) sei dafür zuständig, die Standardvideos von Saarbrücken vorzutragen. „Wir werden uns die Standardvarianten anschauen und versuchen, Lösungen zu finden, sodass wir da gut aussehen.“ Aufzuarbeiten gelte es auch die Schwachstellen vom Spiel gegen Viktoria Köln: „Fakt ist, dass wir nicht in der Lage waren, gerade in den letzten 10, 12 Minuten die zweite Welle zu gewinnen nach der Chancensetzung und dass wir Chancensetzungen zulassen gegen eine Mannschaft, die unheimlich drückt.“ Man sei nach Ballgewinnen nicht in der Lage gewesen, Klarheit zu schaffen: „Das werden wir uns anschauen und trainieren.“

Die Gegentore aus den vergangenen Spielen werde man besprechen, was nicht in erster Linie die Defensive betreffe: „Wir haben gegen die Kölner nicht für Entlastung gesorgt, haben nach guten Ballgewinnen den Ball schnell wieder abgegeben und zugelassen, dass sie den Ball schnell wieder in die Box bringen.“ Umgekehrt habe die Abwehr viele Situationen richtig gut verteidigt: „Aber wenn wir den Ballgewinn hatten, hatten wir da keine Lösung.“ Deshalb gehe es nicht nur darum, die Fehler in der Defensive, sondern auch in der Offensive anzusprechen.

Gerissene Serie: Kirche im Dorf lassen

„Da waren genug Gelegenheiten, wirklich einen Konter zu setzen und für Entlastung zu sorgen“, erklärt Enochs, „die Abwehr fängt bei uns beim Stürmer an und wie wir anlaufen, und wie wir sie frühzeitig unter Druck setzen, sodass sie gar nicht erst in unseren Strafraum kommen.“ Insgesamt sei er mit der Abwehr nämlich sehr zufrieden: „Wie sich Louis Breunig reinschmeißt, wie Bene (Saller) Zweikämpfe führt, wie Balle (Florian Ballas) mit dem Kopf klärt – den einen hat er nicht geklärt, ok. – wie Eisi (Tobias Eisenhut) gearbeitet hat gegen den Ball oder Rasim Bulic, das ist schon über den Großteil des Spiels und über einen Großteil der Saison überragend.“

Deshalb müsse man nach dem keinen Schönheitsfehler in der makellosen Serie jetzt auch die Kirche im Dorf lassen: „Wir haben halt unentschieden gespielt.“ Da müsse er sich auch selber bremsen: „Denn natürlich waren wir enttäuscht, dass wir so spät ein Gegentor hinnehmen mussten.“ Das aber auch abzusehen gewesen sei, weil der Gegner immer stärker geworden ist und man nicht für Entlastung sorgen konnte. „Aber wir haben zehnmal hintereinander gewonnen, elfmal nicht verloren, das ist schon eine tolle Serie, immer noch.“ Jetzt müsse man wieder zurück zu den Basics, die da sind: „Gut gegen den Ball zu spielen, wenn wir den Ball haben, für Klarheit zu sorgen – dann haben wir auch in Saarbrücken eine gute Chance, was mitzunehmen.“

Kleine Vereinshistorie: 1. FC Saarbrücken

  • Die Mannschaft des 1903 aus der Fußballabteilung des TV 1876 Malstatt hervorgegangenen Vereins, der zwischen 1909 und 1945 unter dem Namen FV Saarbrücken antrat, zählte ab den 1930er Jahren zu den deutschen Spitzenvereinen, wurde 1943 und 1952 Vizemeister und war 1963 eines von 16 Gründungsmitgliedern der Fußball-Bundesliga. Seit 1964 pendelt die Mannschaft zwischen erster und fünfter Klasse, seit Sommer 2020 spielt sie in der 3. Liga.
  • In der semifranzösischen Nachkriegszeit glänzte der FCS mit dem ersten Sieg einer deutschen Mannschaft überhaupt gegen Real Madrid. In der Saison 1955/56 nahm Saarbrücken als Vertreter des noch eigenständigen Saarländischen Fußballverbandes am Europapokal der Landesmeister teil – und gewann in der ersten Runde beim AC Mailand mit 4:3, schied aber durch eine 1:4-Heimniederlage aus.
  • 1963 gehörte der FCS zu den 16 Gründungsmitgliedern der Bundesliga, als Tabellenletzter folgte jedoch umgehend der Abstieg. In den folgenden zehn Jahren spielten die Saarländer in der Regionalliga Südwest und erreichten vier Mal die Aufstiegsrunde zur Bundesliga, in der sie jedoch stets scheiterten.
  • Mitte der 1970er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre erlebte der FCS seine letzte Hochphase. 1976 gelang die Rückkehr in die Bundesliga – für zwei Jahre. Nach einigen Jahren in der 2. Bundesliga und dem Absturz in die Drittklassigkeit stieg der 1. FC Saarbrücken 1985 erneut in die Bundesliga auf – nachdem er noch als Zweitligist das Halbfinale des DFB-Pokals erreichte. Am Ende der Saison 1985/86 stieg der Verein jedoch wieder in die 2. Liga ab.
  • 1989 und 1990 qualifizierte sich der FCS als Dritter der 2. Bundesliga für die Aufstiegsspiele gegen den Drittletzten der Bundesliga und scheiterte beide Male. 1992 wurde die Mannschaft Meister der 2. Bundesliga Süd und stieg zum bislang letzten Mal in die Bundesliga auf. Erneut folgte der sofortige Wiederabstieg. Dabei gewannen die Saarbrücker keines der letzten 16 Spiele und verloren die letzten neun Spiele in Folge.
  • 1995 wurde dem Verein wegen fehlender Unterlagen die Lizenz für die 2. Bundesliga verweigert. 2000 und 2004 gelang jeweils für zwei Jahre der Aufstieg in die Zweite Liga. 2006 dann der freie Fall: Abstieg in die Regionalliga, dann in die viertklassige Oberliga Südwest. Durch die Veränderung des Ligensystems stiegen nur die ersten Vier in die Regionalliga West auf. Der FCS als Fünfter blieb in der Oberliga und spielte erstmals fünftklassig.
  • Unter Trainer Dieter Ferner in der Saison 2008/09 wurde der FCS souverän Meister und schaffte in der Saison 2009/10 in der viertklassigen Regionalliga West nach schwachem Saisonstart überraschend erneut Platz 1 und den Durchmarsch in die 3. Liga.
  • Zum 1. Januar 2020 wurde Lukas Kwasniok Cheftrainer, der FCS zog nach Siegen gegen den Zweitligisten Jahn Regensburg, den Bundesligisten 1. FC Köln, den Zweitligisten Karlsruher SC und den Bundesligisten Fortuna Düsseldorf im DFB-Pokal 2019/20 als erster Viertligaklub in der Wettbewerbsgeschichte ins Halbfinale ein.

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