Jahn in Liga 3: Eine starke Halbzeit ist zu wenig bei berauschten Ulmern

Ulm. In der ersten Hälfte macht der SSV Jahn alles richtig, presst giftig, lässt dem SSV Ulm kaum Raum. Noah Ganaus ist nah dran an der Gäste-Führung. Doch nach der Pause überlassen die Regensburger dem Spitzenreiter das Feld. Konsequenz: ein brasilianisches Golden Goal.

Bundesliga Schiri Christian Dingert lässt viel laufen, greift beim Spitzenspiel zwischen SSV Ulm und SSV Jahn aber auch durch, wenn nötig. Foto: jrh

Jetzt wird es wieder ganz eng für den, lange Zeit von der Tabellenspitze grüßenden, Zweitliga-Absteiger: nur noch drei Punkte Vorsprung auf Preußen Münster – und den angeschlagenen Boxer Dynamo Dresden vor der Brust.

Die Sachsen werden am nächsten Samstag, 14 Uhr, nach der Beurlaubung von Markus Anfang alles daran setzen, um ihre letzte Chance im Kampf um die ersten drei Plätze zu nutzen. Und anschließend muss Regensburg zweimal auswärts ran: in Freiburg und in Köln, gegen die die Oberpfälzer in ihrer starken Phase mit Mühe jeweils ein Remis ergatterten.

Im Saisonfinish ist dann auch noch DFB-Pokal-Halbfinalist Saarbrücken zu Gast, die nach einem Nachholspiel am Mittwoch wieder ganz nah heranrücken können. Vor diesem Hintergrund wäre der mögliche Punktgewinn in Ulm so wichtig gewesen – vor allem auch psychologisch. Pustekuchen.

Gebhardt hält den Jahn im Spiel

Doch ganz ehrlich: Nach der Leistung in der zweiten Hälfte wäre ein Pünktchen ähnlich schmeichelhaft gewesen wie eine Woche zuvor gegen die Löwen. Die einzige echte Torchance gelingt dem eingewechselten Youngster Jonas Bauer in der 7. Minute der Nachspielzeit. Zuvor lassen die Ulmer harm- und ideenlose Gäste kaum in die eigene Hälfte.

Ganz im Gegenteil: Der einmal mehr überragende Jahn-Keeper Felix Gebhardt hält den Jahn in zwei 1:1-Situationen und mit glänzender Reaktion nach einem Kopfball aus fünf Metern im Spiel. Gegen Felix Higls Schlenzer aus elf Metern ins rechte untere Eck, den Léo Scienza mit einem brasilianischen Solo zauberhaft vorbereitet, ist dann auch er machtlos, 1:0 (70.).

Jahn-Keeper Felix Gebhardt hält den SSV Jahn beim SSV Ulm mit Monsterparaden lange im Spiel. Foto: jrh

Geipl: „Irgendwie bestimmt zu verteidigen“

Das bediente Geburtstagskind Andi Geipl ärgert sich nach Spielende über das „zu leicht gemachte Tor“: „Irgendwie wäre es bestimmt zu verteidigen gewesen, indem man ein Foul macht“, sagt der Jahn-Kapitän bitter lachend, „irgendwie wäre es schon gegangen. Aber nichtsdestotrotz muss man sagen, der Scienza ist ein unfassbarer Spieler, der hat das heute auch überragend gemacht.“ Er selbst, Dominik Kother und Rasim Bulic geben die Statisten bei dessen Show.

Die Vorentscheidung um Platz 1 geht deshalb zu Recht an den Überraschungs-Aufsteiger aus Ulm, der vor 15.000 Zuschauern im ausverkauften Donau-Stadion bereits eine vorgezogene Aufstiegsparty feiert. Ulm bleibt damit ganz im Gegensatz zum Namensvetter SSV Jahn im Jahr 2024 unbesiegt.

Ulms Léo Scienza macht eine schmerzhafte Begegnung mit Jahn-Kapitän Andi Geipl. Foto: jrh

Schiri Dingert lässt laufen

Bundesliga-Schiedsrichter Christian Dingert findet in der giftigen Anfangsphase genau die richtige Mitte zwischen Laisser-faire und notwendiger Strenge. Ulms Ausnahmestürmer Scienza kommt mit der energischen Gangart der Regensburger zu Beginn deshalb kaum zur Geltung – sehr zum Unmut des permanent zeternden Ulmer Trainers Thomas Wörle und der Heimfans.

In der ersten Hälfte hat dagegen Regensburgs einsame Spitze Noah Ganaus seine Momente. Der lange Schlaks stellt Ulms Keeper Christian Ortag einmal mit einem Distanzschuss (7.) und einem Abschluss aus sieben Metern halbrechts (30.) vor einige Probleme. Ulm hat erst in der Schlussphase nach Ecken einige Halbchancen, bei denen die Jahn-Abwehr hellwach und Keeper Gebhardt immer präsent sind.

Robin Ziegele muss beim Spitzenspiel in Ulms Donau-Stadion viel einstecken. Foto: jrh

Scienza und die Jahn-Slalomstangen

Nach der Pause versucht Regensburg an den gelungenen Auftritt von Hälfte 1 anzuknüpfen, bringt sich aber durch sich häufende Fehler immer stärker in Rückhand. Ulm übernimmt in dieser zerfahrenen Phase zunehmend die Regie. Ein erstes Ausrufezeichen setzt Lennart Stoll, wieder nach einem Eckball, als er Gebhardt aus fünf Metern zu einer Blitzreaktion zwingt (57.).

Die zunehmend passive Spielweise der Gäste sollte sich bald rächen. Scienza lässt das Regensburger Mittelfeld, das sich durch unnötige Gelbe Karten und ständiges Lamentieren auch selbst in Schwierigkeiten bringt, wie Slalomstangen stehen – weil ein taktisches Foul Gelbrot zur Folge gehabt hätte, lassen Geipl, Bulic und Kother den brasilianischen Edeltechniker ziehen. Seine Vorlage in den Lauf verwandelt Higl trocken unten rechts.

Beide Ultra-Fan-Blocks schenken sich im Spitzenspiel SSV Ulm gegen SSV Jahn in puncto Pyro-Show keinen Grashalm. Foto: jrh

Jahn-Fanblock stoppt La-Ola

Partystimmung im Donau-Stadion: La-Ola schwappt durch die Zuschauerreihen, jäh unterbrochen durch die angefressenen, rund 1500 Regensburger Gäste-Fans, die wenig zu feiern haben. Ein gellendes Pfeifkonzert ist die Antwort der Schwaben auf die Verweigerung der Spielverderber. Das einzige Feuerwerk, das die Regensburger in der zweiten Hälfte abbrennen, ist die rote Pyro-Show im Gästeblock, dem die Ulmer Ultras adäquat antworten.

Die Gastgeber schaffen es in der Schlussphase, die Regensburger weitgehend in deren eigenen Hälfte zu beschäftigen. Für die frustrierten Gäste gibt es kaum ein Durchkommen – sie sammeln beim entnervten Versuch, die Kugel zurückzuerobern, lediglich gelbe Fleißkärtchen. Nur der eingewechselte Jonas Bauer kann einen der vielen unplatzierten langen Bälle festmachen und stochert die Kugel durch mehrere Ulmer Beine in die Hände von Keeper Ortag (90.+7).

Für den SSV Jahn wird es jetzt haarig: Das erste Endspiel um Platz 2 (oder wenigstens 3) bestreiten die Regensburger am Samstag, 14 Uhr, gegen Dynamo Dresden. Ulm kann am kommenden Sonntag (16.30 Uhr) beim SC Freiburg II, das nach der Niederlage gegen Münster als Absteiger feststeht, den Vorsprung weiter ausbauen.

Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Macht kein glückliches Gesicht zum bösen Spiel: Jahn-Geburtstagskind Andi Geipl. Foto: jrh
Macht kein glückliches Gesicht zum bösen Spiel: Jahn-Geburtstagskind Andi Geipl. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Beide Ultra-Fan-Blocks schenken sich im Spitzenspiel SSV Ulm gegen SSV Jahn in puncto Pyro-Show keinen Grashalm.  Foto: jrh
Beide Ultra-Fan-Blocks schenken sich im Spitzenspiel SSV Ulm gegen SSV Jahn in puncto Pyro-Show keinen Grashalm. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Macht kein glückliches Gesicht zum bösen Spiel: Jahn-Geburtstagskind Andi Geipl. Foto: jrh
Der SSV Ulm feiert nach dem Heimsieg gegen den SSV Jahn den Fast-Aufstieg. Foto: jrh
Beide Ultra-Fan-Blocks schenken sich im Spitzenspiel SSV Ulm gegen SSV Jahn in puncto Pyro-Show keinen Grashalm.  Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Trainer Joe Enochs: „Erste Halbzeit waren wir gut im Spiel, bis auf die letzten fünf Minuten vor der Halbzeit, wo die Ulmer drei Chancen hintereinander hatten. Wir haben die aber gut weg verteidigt. Zweite Halbzeit wollten wir genauso machen, intensiv anlaufen, aber diese Intensität können wir nicht über die ganzen 90 Minuten halten. Das Spiel war auf Messers Schneide, die Mannschaft, die den ersten Fehler macht, verliert das Spiel. Und so war’s halt heute.

Die haben ein wirklich ein gutes Spiel abgeliefert. Das ist eine Mannschaft, die ein großes Selbstvertrauen hat. Es war ein sehr intensives Spiel, wir haben Ulm genauso analysiert. Jedes Spiel ist schwer in dieser Liga, deshalb ist die Begegnung gegen Dresden ein ganz wichtiges Spiel für uns, wir haben noch viel Spieltage, wir wollen diese Position verteidigen.“

Jahn-Geburtstagskind Andi Geipl: „Wir sind gut reingekommen, ich glaube, dass das Spiel genauso gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir haben auch die ein oder andere Torchance gehabt, natürlich Ulm auch. Nach der Halbzeit haben wir gut verteidigt, bis auf einmal, eine Unachtsamkeit, wo wir das Gegentor kriegen. Dann haben wir einfach zu wenig nach vorne gemacht und zu wenig Durchschlagskraft gehabt.

Ich glaube, wenn ich es mir noch mal anschaue, irgendwie wäre es bestimmt zu verteidigen gewesen, indem man ein Foul macht, irgendwie wäre es schon gegangen. Aber nichtsdestotrotz muss man sagen, der Scienza ist ein unfassbarer Spieler, der hat das heute auch überragend gemacht. Wir müssen weiterarbeiten und dann schauen, dass wir am Ende die Punkte sammeln.“

Ulms Trainer Thomas Wörle: „Es ist unglaublich, was die Mannschaft heute wieder auf den Platz gebracht hat. Das war ein bärenstarkes Spiel von uns in jeder Hinsicht.“

Ulms Siegtorschütze Léo Scienza: „Das macht mega Spaß, wir sind einfach so eiskalt, wir machen einfach das Tor im wichtigen Moment – ich weiß gar nicht mehr, wie oft schon, vielleicht 15-mal. Ich bin sehr glücklich, dass ich der Mannschaft helfen kann, aber ohne die Mannschaft geht das nicht. Na klar, mache ich manchmal mein Ding. Noch sind wir nicht durch, nächste Woche ist Freiburg, da wollen wir auch drei Punkte, ruhig bleiben bis zum Ende, dann können wir feiern.“

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