Jahn in Liga 3: Regensburg überrennt Preußen Münster

Münster. Eine erste halbe Stunde, die fatal an das Fiasko von Sandhausen erinnert: Der SSV Jahn überrennt ein überraschtes Preußen Münster und führt mit 3:0. Das dicke Ende bleibt den Oberpfälzern dieses Mal zum Glück erspart. Tabellenführung vorerst gesichert.

Feierbiest Konrad Faber nach dem Auswärtsdreier bei Preußen Münster. Foto: jrh

Sieben Siege in Folge, mit dem achten können sich die Münsteraner zum Tabellenführer krönen. Und der Aufsteiger beginnt im ausverkauften Preußen-Stadion euphorisch. Als die Regensburger die erste Angriffswelle abfangen haben, geht’s rasant in die andere Richtung.

Begünstigt durch Schiri Sven Jablonskis großzügige Linie – Rasim Bulic und Dominik Kother liegen bereits gefällt vorm linken Strafraum-Eck, der Schiri lässt Vorteil laufen, Andi Geipl geht zur Grundlinie durch, Pass in die Mitte, Noah Ganaus antizipiert die Flanke hinter dem Verteidiger und schiebt die Kugel über die Linie, 0:1 (3.).

Katze Gebhardt zur Stelle

So schnell kann man einem engagierten Rückrunden-Spitzenreiter (30 Punkte seit der Winterpause!) den Stecker ziehen. Aber nicht sofort, denn die Preußen halten wütend dagegen: Die Oberpfälzer bekommen die Kugel nicht weg, der zweite Ball fällt Luca Bazzoli vor die Füße, der hält von der Strafraumgrenze drauf, Jahn-Keeper Felix Gebhardt lenkt die Granate mit Katzen-Reaktion an die Latte (13.).

Danach kann Jahn-Coach Joe Enochs nur noch mit der Zunge schnalzen: „Dann kommen wir durch den super Ball von Bene Saller, wo Konny durchgeht in die Tiefe, zum 2:0.“ Faber rast über rechts, Hereingabe von der Grundlinie, Christian Viet am Fünfereck mit der Hacke, fertig ist das Gesamtkunstwerk (15.). Goalgetter Malik Batmaz (15 Treffer) hätte es aus spitzem Winkel noch mal spannend machen können – er scheitert an Gebhardt (23.).

Konny Faber freut sich über seine Vorlage zu Christian Viets Hacken-Kunstwerk. Foto: jrh

Kongeniale Co-Produktion

Und dann macht auch noch Dominik Kother den Trainer glücklich: „Chrille, der gerade das Tor geschossen hat, arbeitet nach hinten, gewinnt den Ball, Oscar Schönfelder spielt direkt nach vorne und sprintet hinterher und Dome – ohne diesen Lauf von Oscar bekommt er nicht so viel Platz, der war ganz entscheidend, weil er den Abwehrspieler damit rüberzieht – erzielt das Tor.“  Zwei Körpertäuschungen im Strafraum, trockener Flachschuss, 0:3 (26.).

Weil auch Yassine Bouchama die Kugel am Pfosten vorbeischlenzt (39.), muss Münsters Kult-Keeper Maximilian Schulze-Niehues, der sein Karriereende bereits angekündigt hat, gegen Louis Breunigs wuchtigen Kopfball ein vorzeitiges Debakel verhindern (41.). Das 4:0 liegt nochmals in der Luft, als Viet an der optimistisch formierten Mauer vorbei einen Freistoß links neben den Pfosten setzt (45.+1).

Dämpfer für die Euphorie im Preußen-Stadion: Erste Niederlage gegen den Jahn nach zuletzt sieben Siegen in Folge. Foto: jrh

Kein preußisch-blaues Pausen-Wunder

In der Halbzeit tüftelt Münsters sympathischer Erfolgstrainer Sascha Hildmann an einem kleinen Preußen-Wunder: Wenn man nur schnell den Anschluss schaffen würde, dann brennt das Stadion – so viel ist sicher. Doch die hektischen Halbzeit-Aktivitäten mit dem Doppelwechsel – Jano ter Horst für Benjamin Böckle und Daniel Kankam Kyerewaa für Bouchama – verpuffen im Regensburger Pressing.

Wieder muss Schulze-Niehues eine vorzeitige Entscheidung abwenden: Breunigs Volleyabnahme faustet er über die Latte (48.), Sallers Kopfball aus fünf Metern wischt er mit Blitzreaktion zur Ecke (55.). Daran ändert auch der nächste Doppelwechsel wenig – Gerrit Wegkamp für Marc Lorenz und Dominik Steczyk für Sebastian Mrowca (56.). Allenfalls etwas mehr preußische Spielkontrolle ist die Folge, was aber auch an der künstlerischen Pause der Regensburger liegen kann. So richtig gefährlich wird’s aber zunächst wieder im Münsteraner Strafraum, als sich Schönfelder links im Strafraum durchsetzt und Ganaus die Flanke um Zentimeter verpasst (68.).

Passend zum Spielverlauf gelingt der Anschlusstreffer durch den Verzweiflungsschuss des Sekunden zuvor eingewechselten Shaibou Oubeyapwa – der überraschte Gebhardt ist zwar wieder mit der Hand am Ball, kann den Schuss vom 16er aber nur noch ins rechte Eck fausten, 1:3 (81.). Münster wirft alles nach vorne, die Kulisse ist wieder hellwach, aber die Regensburger finden jetzt immer wieder Gelegenheiten, ein Päuschen einzulegen – Batmaz und Steczyk kommen noch zu Halbchancen, aber den hochverdienten Auswärtsdreier der Gäste können sie nicht mehr gefährden.

Joe traut sich nicht, Sepp das Feierabendbier zu verbieten …

Nach zwölf Spielen ohne Niederlage und der ersten Heimpleite seit September, wächst der Münsteraner Abstand auf Tabellenführer Regensburg wieder auf fünf Punkte. Die Preußen können dem Jahn allerdings am kommenden Samstag (14 Uhr) beim nächsten Spitzenspiel gegen den SSV Ulm Schützenhilfe leisten.

Joe Enochs schaut freilich nur auf das nächste Heimspiel gegen 1860 am Sonntag, 13.30 Uhr: „Ein ganz kniffliges Spiel. Die haben eine Serie hinter sich, die nicht so schön ist, aber das ist eine überragende Mannschaft. Deshalb müssen wir wieder an unsere Leistungsgrenze gehen, wenn wir da gewinnen wollen – Crunchtime, wir sind da, wir freuen uns auf die letzten sechs Spiele.“ Gibt’s trotzdem bei der langen Heimfahrt schon etwas zu feiern?  „Wenn ich es verbieten würde, der Sepp würde mich auseinandernehmen“, sagt er lachend.

Den Ball flach halten, fordert Jahn-Sportchef Achim Beierlorzer nach der 3:0-Führung in Münster. Foto: jrh
Den Ball flach halten, fordert Jahn-Sportchef Achim Beierlorzer nach der 3:0-Führung in Münster. Foto: jrh
Bloß kein zweites Sandhausen, scheint Jahn-Trainer Joe Enochs zu grübeln, nachdem der Spielverlauf der ersten halben Stunde in Münster zum Verwechseln dem Debakel vom 6:3 (0:3)  ähnelt. Foto: jrh
Bloß kein zweites Sandhausen, scheint Jahn-Trainer Joe Enochs zu grübeln, nachdem der Spielverlauf der ersten halben Stunde in Münster zum Verwechseln dem Debakel vom 6:3 (0:3) ähnelt. Foto: jrh
Da kann man als Jahn-Fan gerne auch mal 1200 Kilometer hin- und zurückfahren, wenn man beim Rückrunden-Spitzenreiter Münster drei Punkte mitnimmt.  Foto: jrh
Da kann man als Jahn-Fan gerne auch mal 1200 Kilometer hin- und zurückfahren, wenn man beim Rückrunden-Spitzenreiter Münster drei Punkte mitnimmt. Foto: jrh
Feiern mit den Fans: Nach dem 3:1 in Münster sind die Jahn-Spieler wunschlos glücklich. Foto: jrh
Feiern mit den Fans: Nach dem 3:1 in Münster sind die Jahn-Spieler wunschlos glücklich. Foto: jrh
Oscar Schönfelder erledigt seinen neuen Job als linker Abwehrspieler mit Offensivdrang bislang exzellent. Foto: jrh
Oscar Schönfelder erledigt seinen neuen Job als linker Abwehrspieler mit Offensivdrang bislang exzellent. Foto: jrh
Wenn's beim Jahn läuft, ist Dominik Kother meist nicht weit: In Münster trifft er zum 3:0. Foto: jrh
Wenn’s beim Jahn läuft, ist Dominik Kother meist nicht weit: In Münster trifft er zum 3:0. Foto: jrh
Feierbiest Konrad Faber nach dem Auswärtsdreier bei Preußen Münster. Foto: jrh
Feierbiest Konrad Faber nach dem Auswärtsdreier bei Preußen Münster. Foto: jrh
SC-Sportchef Peter Niemeyer wird nach der Erfolgsstory in Münster bereits bei Bremen und Darmstadt gehandelt. Foto: jrh
SC-Sportchef Peter Niemeyer wird nach der Erfolgsstory in Münster bereits bei Bremen und Darmstadt gehandelt. Foto: jrh
Den Ball flach halten, fordert Jahn-Sportchef Achim Beierlorzer nach der 3:0-Führung in Münster. Foto: jrh
Bloß kein zweites Sandhausen, scheint Jahn-Trainer Joe Enochs zu grübeln, nachdem der Spielverlauf der ersten halben Stunde in Münster zum Verwechseln dem Debakel vom 6:3 (0:3)  ähnelt. Foto: jrh
Da kann man als Jahn-Fan gerne auch mal 1200 Kilometer hin- und zurückfahren, wenn man beim Rückrunden-Spitzenreiter Münster drei Punkte mitnimmt.  Foto: jrh
Feiern mit den Fans: Nach dem 3:1 in Münster sind die Jahn-Spieler wunschlos glücklich. Foto: jrh
Oscar Schönfelder erledigt seinen neuen Job als linker Abwehrspieler mit Offensivdrang bislang exzellent. Foto: jrh
Wenn's beim Jahn läuft, ist Dominik Kother meist nicht weit: In Münster trifft er zum 3:0. Foto: jrh
Feierbiest Konrad Faber nach dem Auswärtsdreier bei Preußen Münster. Foto: jrh
SC-Sportchef Peter Niemeyer wird nach der Erfolgsstory in Münster bereits bei Bremen und Darmstadt gehandelt. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Cheftrainer Joe Enochs: „Manchmal hören sie zu, heute haben sie gut zugehört“, sagt der Trainer lachend, als er mitkriegt, dass Christian Viet seiner Kreisansprache nicht folgen konnte. „Chrille war nach dem Spiel, wo er viele Meter gemacht hat, halt kaputt und hat deswegen nicht richtig zugehört. Ich habe gratuliert zur überzeugenden Leistung, dass sie genau das umgesetzt haben, was wir von ihnen erwartet haben, und dass sie nicht nachgelassen haben. Also wenn man mit einer 3:0-Führung in die Halbzeit geht, dann tendiert man dazu, weniger zu machen. Das haben sie nicht getan. Sie haben sogar zwei Schritte mehr gemacht. Und das war einfach der Grundstein dafür, dass wir das Spiel gewinnen können.

Ich hatte schon das Gefühl, dass wir gut drinnen waren. Nach dem 1:0 hatte Münster einen Schuss – und dann ist halt Felix Gebhardt da. Dann kommen wir durch Aktionen – super Ball von Bene, wo Konny durchgeht in die Tiefe – zum 2:0. Es passt einfach alles, wenn wir einen Fehler machen, dann sind die anderen da, um den Fehler zu korrigieren. Beim 0:1 sind beide 6er überragend, Zweikampf ist unsere Stärke, und dann nach dem Ballgewinn sofort nach vorn zu spielen. Noah Ganaus ist ein überragender Kicker, der macht so viel für die Mannschaft und ist auch noch ein cooler Junge. Chrille macht sich schlechter, als er ist, weil er ein richtig guter Kicker ist.“

Der Reset habe in der Länderspielpause begonnen. „Erstmal hatten wir ein super Testspiel am Donnerstag vor dem Länderspiel. Wir haben uns auf unsere Stärken besonnen. Das haben die Jungs nicht nur von mir gehört, sondern untereinander. Das ist extrem wichtig, dass die Jungs untereinander kommunizieren. Nicht nur der Trainer gibt alles vor, sondern aus der Mannschaft heraus. Und das haben sie halt wirklich sehr gut umgesetzt.“

Kunsttorschütze Christian Viet: „Ich denke, dass heute viel für uns gut gelaufen ist. Wir haben gefühlt mit jedem Torschuss am Anfang ein Tor gemacht und haben es dann heute echt gut als Mannschaft verteidigt. Bei dem Wetter war’s nicht leicht zu laufen und ich glaub’, man ist jetzt nach dem Spiel einfach überglücklich. Ich wusste, dass Konny nicht direkt den ersten spielt, er spielt meistens den zweiten und dann kommt er direkt zu mir. Ich denke, dass ich auch Glück hatte, dass der so durchgeht.

Die Länderspielpause hat uns extrem gutgetan. Auch gegen Halle schon waren wir wieder gegen den Ball viel besser, und heute auch, weil unser Spiel kommt davon, dass wir gegen den Ball gut spielen, und dann haben wir einfach offensiv genug Qualität, um auch mal was zu kreieren.“

Preußen-Trainer Sascha Hildmann: „Absolut verdienter Sieg, das muss man so akzeptieren. Regensburg hat uns vorgemacht, was Effektivität heißt. Mit der ersten Chance gleich das Tor, dann waren wir so ein bisschen geschockt, dann kriegen wir sofort das zweite Tor – nach 20 Minuten 2:0 gegen so eine starke Mannschaft wie Regensburg. Wir hatten zwar auch einen Lattentreffer zum Rankommen, hatten dann nochmal eine Chance mit Malik, aber heute war einfach so ein relativ gebrauchter Tag für uns. Viele einfache Fehler hinten raus, viele falsche Entscheidungen, dann verlierst du gegen eine Top-Mannschaft wie Regensburg völlig verdient.

Ich hatte schon in der ersten Hälfte das Gefühl, dass wir so ein bisschen untypisch sind. Normalerweise sind wir sehr, sehr ballsicher auch und können einen guten Fußball spielen und haben heute so leichte Stockfehler gemacht, uns im 1:1 nicht wirklich durchgesetzt, und deshalb habe ich heute schon relativ früh gemerkt, oh, das wird heute ziemlich haarig. Trotzdem hast du die Hoffnung auch nach dem 3:0 – wenn du das 3:1 machst und hier mit der Kulisse, das geht mal ganz schnell, aber heute war einfach nicht unser Tag.

Das, was bis jetzt hier stattgefunden hat, ist eh schon der Wahnsinn, wir werden ganz normal morgen wieder trainieren, werden über das Spiel sprechen. Am Samstag spielen wir wieder gegen Ulm, das wird auch sauschwer, da werden wir uns aufraffen, weil diese Niederlage heute wird uns bestimmt nicht umwerfen.“

SC-Keeper Maximilian Schulze-Niehues: „Wir haben es uns selber zuzuschreiben, die Niederlage. Wir sind heute in keiner Phase des Spiels an unsere Leistungsgrenze gekommen, haben es heute nicht geschafft, unser Spiel durchzudrücken, aufzuziehen. Das Spiel ist auch sehr ungünstig gestartet, gefühlt nach zehn Minuten stand es 2:0 mit den ersten beiden Chancen für Regensburg, und dann war es natürlich sehr, sehr schwer gegen so einen Gegner, der sich hinten reinstellt und mit Mann und Maus verteidigt und natürlich auch Qualität vorne auf dem Platz hat, das Spiel nochmal zu drehen. Dann kriegen wir das 3:0 vor der Halbzeit noch und dann wurde es brutal schwer. Wir haben alles versucht, aber wir haben es heute überhaupt nicht geschafft, in unser Spiel zu kommen, waren immer einen Schritt langsamer als der Gegner, und haben aus meiner Sicht dann zurecht verloren.

Ich weiß gar nicht genau, woran es gelegen hat. Wir haben uns auf jeden Fall die Woche ganz anders vorbereitet, haben uns auch heute vor dem Spiel gut gefühlt beim Aufwärmen, dann geht man in so ein Spiel und dann läuft das in so eine Richtung, dann ist es manchmal schwierig, dagegen anzukämpfen – wir haben es heute leider nicht geschafft. Das ist sehr emotional die letzten Wochen, seitdem ich die Entscheidung verkündet habe für mich, aber ich bin mit vollem Fokus in der Saison, es ist für mich noch gar kein Abschiedsgefühl da, dafür werde ich alles geben.“

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