Jahn in Liga 3: Coole Härteprobe bei Seriensieger Preußen Münster

Regensburg. Folgt nach der Pflicht gegen Halle die Kür bei Preußen Münster? Mit unerträglicher Leichtigkeit fuhr der Aufsteiger sieben Siege in Folge ein und schoss aus dem grauen Mittelfeld auf Platz 3 hoch. 15.000 euphorisierte Münsteraner wollen am Samstag, 14 Uhr, an die Spitze.

SC-Coach Sascha Hildmann macht seiner Mannschaft nach der Hinspiel-Niederlage ein Kompliment: „Das Herz lassen sie immer am Platz.“ Foto: jrh

Kaufrausch im Münsterland: Weil doch einigen Oberpfälzern die 600 Kilometer lange Anreise zum Preußen-Stadion zu weit ist, gehen nochmals 600 Tickets aus dem Gästekontingent in den Handel: Seit Wochen sind die regulären 15.000 Heim-Eintrittskarten vergriffen. Klar, dass sich Last-Minute-Fans jetzt auf den schmalen Rest stürzen.

Die Preußen-Fans schweben seit sieben Wochen auf Wolke 7. Sieben Streiche in Folge und der Aufsteiger steht vor dem Durchmarsch in die 2. Bundesliga – nach 33 Jahren in der Dritt- und Viertklassigkeit, die den Adler auf der Brust des Deutschen Vizemeisters von 1951 und Bundesliga-Gründungsmitglied am Abheben hinderten.

Bremen und Darmstadt schielen nach Münster

Die Erfolgsstory der Preußen ruft inzwischen auch Bundesligisten auf den Plan. Werder Bremen und der SV Darmstadt 98 sollen ein Auge auf SC-Sportchef Peter Niemeyer geworfen haben, der den famosen Kader zusammengestellt hat. Zur Abteilung Attacke gehört auch Trainer Sascha Hildmann, der mutigen Offensivfußball spielen lässt. Davon profitieren vor allem die beiden Top-Scorer Malik Batmaz (15 Tore) und Joel Grodowski (15 Treffer), die am laufenden Band einnetzen.

Die fast schon „unerträgliche Leichtigkeit des Preußen-Seins“ hebt der Trainer als Erfolgsfaktor hervor. Und Batmaz ergänzt: „Wir sind mittlerweile als Mannschaft total zusammengewachsen.“ Man könne völlig losgelöst und ohne Druck aufspielen. „Wir können nicht verlieren, wir können nur träumen“, formuliert der Stürmer poetisch.  „Es macht momentan sehr viel Spaß.“

Kaum ein Jahn-Tor ohne Beteiligung von Dominik Kother (rechts). Foto: jrh

Den Flow der Preußen unterbrechen

Da könnte es den Regensburgern nach zuletzt nicht gerade traumwandlerischer Sicherheit vor allem auf fremden Plätzen schon etwas mulmig werden. Sieben Siege in Folge, zuletzt der Heimsieg gegen das dominante Dynamo Dresden: „Es ist eine Phase, in der sie sehr erfolgreich spielen, sich das Matchglück erarbeitet haben“, weiß auch Jahn-Trainer Joe Enochs. „Wir kennen solche Phasen“, blickt er wehmütig auf die eigene Zehner-Serie zurück.

Nicht zuletzt dieser Co-Rekord sollte genug Motivation sein, die Münsteraner gerade noch rechtzeitig abzufangen. „Jetzt geht’s für uns darum, dagegenzuhalten“, fordert Enochs deshalb, „sich das Matchglück zurückzuholen.“ Bei der Frage nach den Stärken des Tabellen-Dritten zählt der bestens informierte Kalifornier fast die ganze Preußen-Mannschaft auf:

  • „Sie haben mit Malik Batmaz und Joel Grodowski zwei Stürmer, die je 15 Tore geschossen haben,
  • mit Gerrit Wegkamp einen Spieler auf der Bank, der immer reinkommt und auch 5 Tore geschossen hat,
  • mit Marc Lorenz einen Zweitliga-erfahrenen Mann aus Karlsruhe, der super Standardsituationen mit seiner Erfahrung spielt,
  • mit Daniel Bierofka auf der 6er-Position einen Spieler, der die Situation kennt, oben mitzuspielen, lange Zeit bei Wehen-Wiesbaden,
  • mit Luca Bazzoli einen jungen Mann direkt daneben – wir können es vergleichen mit Sepp und Rasim,
  • mit Simon Scherder und Niko Koulis zwei Innenverteidiger, die sehr gut verteidigen,
  • einen sehr erfahrenen Torwart,
  • und Benjamin Böckle auf der linken Seite, der aus Düsseldorf kommt und Zweitliga-Erfahrung hat.“
Sportchef Achim Beierlorzer erklärt immer wieder engagiert, was Phase ist im Spiel seiner Mannschaft. Foto: jrh

Brandgefährlich nach Standards

Einfach eine sehr stabile Mannschaft sei das, die im Flow ist. „Und jetzt gilt’s für uns, diesen Flow zu unterbrechen“, fordert Enochs, „indem wir unsere Stärken auf den Platz bringen.“ Und gerade deshalb findet der Trainer, dass das ein cooles Spiel für den Jahn sei: „Ausverkauftes Haus, wir können da selbstbewusst reingehen.“ Aber zwischen selbstbewusst und arrogant sei nur ein schmaler Grat: „Wenn wir das auf den Platz bringen, was wir können, dann haben wir gegen jeden Gegner eine Riesenchance, was mitzunehmen.“

Das Spiel gegen Halle sei schon in etwa so gelaufen, wie er sich das vorgestellt habe: „Wir wollen kompakt sein, wir wollen zielstrebig spielen, wenn wir Ballgewinne haben, wollen wir schnell nach vorne spielen und gute Standardsituationen herausspielen.“ Das habe funktioniert. „Und wir wollen auch gut gegen Standards verteidigen, weil das wird ganz entscheidend sein gegen Münster, dass wir diese langen Einwürfe, diese Eckbälle, die zweiten Bällen nach den Standardsituationen gut verteidigen, weil da sind sie halt brandgefährlich.“

Jahn-Keeper Felix Gebhardt pariert sich immer mehr zum Publikumsliebling. Foto: jrh

Crunchtime: Münster, Dresden, Ulm …

Außer den beiden Langzeitverletzten kann der Chefcoach aus dem Vollen schöpfen. „Florian Ballas hat die ganze Woche voll mittrainiert.“ Bei den verbleibenden Trainingseinheiten werde sich herauskristallisieren, wer in der Innenverteidigung die Nase vorne hat. „Robin Ziegele hat auf dieser Position sehr ordentlich gespielt, auch Alexander Bittroff, als er hereingekommen ist.“ Auch Andreas „Sepp“ Geipl und Oscar Schönfelder hätten einen großen Teil des Trainings mitgemacht. Ihre Auswechslung sei bei den Dauerläufern eine Vorsichtsmaßnahme gewesen.

Münster, Dresden, Ulm – für die Oberpfälzer, die in den vergangenen Wochen einen 12-Punkte-Vorsprung verdaddelten, kommt es im Saison-Endspurt knüppeldick: „Crunchtime ist wirklich gut gesagt“, antwortet Enochs auf eine PK-Frage. „Die letzten sieben Spiele haben es in sich.“ Aber was soll er auch anders sagen als: „Wir fokussieren uns nur aufs nächste Spiel, freuen uns unheimlich auf die Kulisse im Preußen-Stadion.“

Was lief gegen Halle besser als in Lübeck?

Da hat Jahn-Trainer Joe Enochs schon sehr viel Positiveres gesehen als so mancher neutrale Beobachter, den der Arbeitssieg gegen abstiegsgefährdete Sachsen-Anhaltiner noch nicht berauschte. „Wir haben wenige Torchancen zugelassen“, zählt er auf „und die wenigen, die wir zugelassen haben, haben wir mit aller Macht verteidigt.“ Er denke da etwa an diesen einen Eckball, als Ex-Jahnler Jonas Nietfeld die Kugel wieder in die Gefahrenzone zurückköpfte und Brian Behrendt dreimal aufs Tor schießen konnte. „Dass wir uns da mit allem, was wir haben, dazwischenwerfen und uns dieses Glück erarbeiten.“

Gegen Lübeck sei man beim einzigen Gegentreffer nicht in der Lage gewesen, die Situation ähnlich energisch zu verteidigen. „Wir wollen aber nicht nach hinten blicken, wir wollen nach vorne blicken.“ Das Spiel sei letztlich genauso gelaufen, wie man es sich gewünscht habe. „Es war am Anfang sehr ausgeglichen.“ Man habe Halle auch in Münster beobachtet, wo sie ein sehr gutes Spiel abgeliefert hätten. „Deshalb war es für uns sehr wichtig, dass wir die ersten Minuten annehmen – das Tor war unheimlich wichtig.“ Und in der zweiten Halbzeit sofort nachzulegen, das habe Sicherheit und Selbstbewusstsein gegeben.

„Wir haben das Gefühl auf der Bank, dass wir Halle sehr, sehr, sehr weit weg vom Tor halten können.“ Man habe einen direkten Freistoß und ein paar Standardsituationen zugelassen: „Aber sonst haben wir nicht das Gefühl, dass wir in Gefahr kommen.“ Das sei eine solide Mannschaftsleistung gewesen. „Aus dieser soliden Mannschaftsleistung kommt das Selbstbewusstsein.“ Erleichterung sei auch dabei gewesen, nach sechs nicht gewonnenen Spielen: „Aber es war ein hartes Stück Arbeit. Unsere Laufarbeit, unsere Sprintarbeit, waren sehr, sehr gut.“ Und es sei immer besser, das Selbstbewusstsein aus einem Sieg mitnehmen zu können. Vor allem nach Münster.

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