Kabarettist Holger Paetz: “Es gibt uns! Wir machen weiter!”

Interview mit Urgestein und Futura-Stammgast

Windischeschenbach. Er gehört zu den Urgesteinen des politischen Kabaretts. Holger Paetz tritt am 12. März auf der „Futura“-Bühne in Windischeschenbach auf. OberpfalzECHO hat sich mit ihm über „Intellektuelle“ in der CSU, Befindlichkeitskabarett und Zoigl unterhalten.

Holger Paetz ist ein Urgestein des politischen Kabarett und kommt am 12. März nach Windischeschenbach. Bild: Erik Dreyer

OberpfalzECHO: Herr Paetz, das Verschieben von Auftritten hat – zumindest vorerst – wieder sein Ende bei der Futura ´87 in Windischeschenbach. Nach einer fast viermonatigen Kabarett-Zwangspause geht es dort wieder los. Wie ist die Situationen bei Ihnen aktuell: Wird noch viel verschoben oder abgesagt?

Holger Paetz: Momentan gibt es alles: Verschiebungen, Absagen … Aber auch Veranstalter, die unbedingt wollen, dass der Abend stattfindet. Das gefällt mir natürlich am besten. Wir Künstler und Veranstalter müssen HIER (!) schreien. Es gibt uns! Wir machen weiter! Ich habe den Eindruck, dass das Publikum inzwischen wieder ganz gerne kommt. Die Corona-Angst ist nicht mehr so übermächtig. Die Kleinkunst darf nicht untergehen. Es ist grandios, was Kulturvereine, Kleintheater und Wirtshausbühnen auf die Beine stellen.

Die Futura wurde 1987 gegründet. Und bereits im selben Jahr hatten Sie ihren ersten Auftritt dort, dem bislang 20 weitere Auftritte folgten. Ich würde sagen: Die Futura und Sie – das passt irgendwie, oder?

Holger Paetz: Ich glaube, ich habe jedes meiner Solo-Programme seit 1987 in der “Futura” gespielt. Dazu noch die Vorpremiere mit der Lach- und Schieß, ein Duo-Programm mit Uli Bauer. War ganz klar, dass ich immer in der Oberpfalz Station mache. Beim ersten Auftritt 1987 hatte ich mich in der Entfernung total verschätzt. Ich kam ziemlich gehetzt eine halbe Stunde vor Beginn an, alles ausverkauft. Wurde trotzdem ein sehr guter Abend. Man hat von Anfang an den Wunsch der Menschen gespürt, dass diese Art Kultur auch in Windischeschenbach stattfinden möge! Dazu gehören natürlich engagierte Menschen, die sich dahinterklemmen. Und die hat es bei der “Futura” Gott sei Dank immer gegeben.

Mit Ihrem Programm „FÜRCHTET EUCH! Die Bußpredigt“ sind Sie aktuell unterwegs. Das klingt – auch passend zur Jahreszeit – stark nach „Derblecken“ und Leviten lesen…

Holger Paetz: So ist es! Pater Paetz ist Fastenprediger. Nach Fasching läuft er zur Hochform auf. Leider ist er ein ziemlich übler Vogel. Arrogant und auch noch geldgeil. Ich würde ihm nur ungern im richtigen Leben begegnen. Keiner wird von ihm verschont. Auch das Publikum nicht. Aber die Politik bietet genug Stoff für seine Aggression und immer auch lustige Schießbudenfiguren. Gerade in Bayern ist daran nie ein Mangel. Und wenn ein CSU-Generalsekretär als Wahlkämpfer eine Katastrophe war, kann er immer noch Wissenschafts- und Kunstminister werden. Er hat schließlich ein Vordiplom. Das genügt. Außerdem wurde er vom Ministerpräsidenten geadelt mit den Worten: „Er ist einer unserer Intellektuellen.“ Demnach muss es in der CSU mehrere geben. Mindestens jedoch zwei.

Es gibt noch Karten:

Holger Paetz kommt mit seinem Programm “Fürchtet Euch!” am Samstag 12. März, 20.30 Uhr, auf die Futura-Bühne in die Windischeschenbacher Mehrzweckhalle. Karten gibt es unter okticket.de

Wie aktuell wollen und müssen Sie in Ihrem Programm sein? Oder anders gefragt: Wie gehen Sie mit Themen wie beispielsweise der aktuellen Eskalation in der Ukraine um?

Holger Paetz: So aktuell es geht. Wenn mir etwas einfällt, wird kurz vor dem Auftritt noch ein neuer Text ins Programm geschoben. Die Ukraine-Krise ist kein lustiges Thema. Das macht es nicht leicht, sich zu äußern. Muss aber trotzdem auf die Bühne. Alles, was uns beschäftigt, sollte satirisch behandelt werden. Das ist der Anspruch. Und im Moment ist es der Kriegswahnsinn in der Ukraine.

Sie sind – und das ist nicht despektierlich gemeint – mittlerweile ein „alter Hase“ im Kabarett-Geschäft: Langjähriger Autor des Singspiels am Nockherberg, dort auch Guido-Westerwelle-Darsteller, Ensemble-Mitglied der Münchner Lach- und Schießgesellschaft und vieles mehr. Wie hat sich Ihrer Ansicht nach das (politische) Kabarett in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Holger Paetz: Das politische Kabarett ist selten geworden. Dafür gibt es haufenweise Comedy. Beziehungskabarett, Befindlichkeitskabarett, Menstruationskabarett. Ich habe viele Veranstalter klagen gehört, dass sie das flache Zeug eigentlich leid sind. Es ist halt schwieriger, sich mit politischer Kritik auf die Bühne zu stellen als nette Alltags-Witzchen zu machen. Vielleicht braucht es einen Anschub, dass politisches Kabarett wieder “in” ist. Ich habe bei Poetry-Slams sehr gute junge Leute gehört, die hoffentlich den Weg auf die Kleinkunstbühne finden. Aber es macht einen Unterschied, ob man einen 10-Minuten-Auftritt bewältigt oder sein Publikum zwei Stunden lang unterhalten will.

Nicht nur, aber vor allem in der Kunst heißt es gerne, dass der Prophet im eigenen Lande nichts zählt. Das scheint bei Ihnen anders zu sein: In Ihrer Geburts- und Heimatstadt München haben sie den Kabarettpreis der Landeshauptstadt München und den Schwabinger Kunstpreis erhalten, seit einigen Jahren sind Sie auch Mitglied der Münchner Turmschreiber…

Holger Paetz: Ich bin ja in Aschaffenburg aufgewachsen und erst 1977 nach München gezogen. In der damaligen Kleinkunstszene konnte man sich gut ausprobieren. In Kleinkunstbühnen wie dem legendären “MUH” (Musikalisches Unterholz). Auf solchen Brettern habe ich allmählich meine Art entwickelt. Klaus Peter Schreiner hat mich dann an die Lach- und Schieß empfohlen, Dieter Hildebrandt war mein Pate beim “Salzburger Stier”. München hatte immer ein aufgeschlossenes Publikum, das sich gern auf Neues eingelassen hat. Da kann man sich als Künstler schon zu Hause fühlen.

Die Gretchenfrage zum Schluss: Lieber Münchner Bier oder Windischeschenbacher Zoigl?

Holger Paetz: Wenn ich gemein wäre, würde ich sagen: Ich trinke am liebsten Jever. Ich denke: Alles zu seiner Zeit und vor allem: an seinem Ursprungs-Ort! Die Zoigl-Kultur ist allein schon ein Grund in die Oberpfalz zu reisen. Ich habe am Biertisch sehr interessante, lebhafte Gespräche geführt. Diese besondere aufgeschlossene Atmosphäre traut man dem eher wortkargen Oberpfälzer gar nicht zu. Und dann schmeckt das Bier auch noch so gut. Also freu ich mich nicht nur auf meinen Auftritt bei der “Futura”, sondern auch auf das süffige “Hinterher“.

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