Stimmungstest in NRW: Oberpfälzer Abgeordneter sieht Fingerzeig für Bayern

Düsseldorf/Weiden. Stimmungstest für die Bundesregierung oder reine Landtagswahl? Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) lässt sich das Ergebnis nicht so eindeutig bewerten. Stimmen der Oberpfälzer Bundestagsabgeordneten.

Die Oberpfälzer Abgeordneten (von links unten) Stefan Schmidt (Grüne, Regensburg), Ismail Ertug (SPD, Amberg/Straßburg) und Ulrich Lechte (FDP/Regensburg) kommentieren das Wahlergebnis ihrer NRW-Kollegen (oben von links) Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur, SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty, Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp. Collage: Jürgen Herda

Klar ist: Das Duell zwischen den beiden größten NRW-Parteien endet klar zugunsten der CDU mit Ministerpräsident Hendrik Wüst an der Spitze: Die Christdemokraten werden mit 35,8 Prozent stärkste Kraft (2017: 33 Prozent).

Die SPD mit dem relativ unbekannten Kandidaten Thomas Kutschaty landet mit 26,6 Prozent (2017: 31,2 Prozent) abgeschlagen auf Platz 2. Prognostiziert worden war ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Grüne verdreifachen sich

Die Grünen haben ihr Ergebnis verdreifacht und kommen auf 18,1 Prozent (plus 11,7 Prozent). Die FDP büßt massiv Stimmen ein und erzielt nur noch 5,8 Prozent (minus 6,8 Prozent). Die AfD, die vor fünf Jahren in den Landtag einzog, kommt auf 5,5 Prozent (minus 1,9 Prozent).

Damit wird deutlich: Zwei Ampel-Parteien verlieren deutlich, eine gewinnt dramatisch. Und trotz der moderaten Zugewinne der CDU bei einer schwachen Wahlbeteiligung von 56 Prozent gibt es für die amtierende schwarz-gelbe Landesregierung keine Mehrheit mehr. Armin Laschets Nachfolger benötigt die Grünen als Mehrheitsbeschaffer.

Rhetorik für den Regierungsanspruch

Die Konsequenz: Die Parteien basteln an ihrer Legitimation für einen Regierungsanspruch. „Die Menschen haben uns ganz klar zur stärksten Kraft gemacht“, schlägt CDU-Spitzenkandidat Wüst Pflöcke ein. „Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen.“ SPD-Herausforderer Kutschaty sieht naturgemäß keinen Automatismus: „Auch wenn die CDU vor uns liegt: Die Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen steht bereit auch für eine Landesregierung hier.“

Die Grünen befinden sich in der komfortablen Lage, die Angebote zweier Konstellationen abzuwarten: „Wir beraten in unseren Parteigremien und machen einem kleinen Parteitag Vorschläge“, lässt Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur alles offen. Möglich ist sowohl Schwarz-Grün als auch eine Ampel. FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp zeigt sich angesichts des Ergebnisses demütig. Von einer Regierungsbeteiligung will er nach dem „bitteren Abend für die Liberalen“ erst mal nichts hören.

Regensburger Lechte (FDP) half beim NRW-Wahlkampf

Der Regensburger FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lechte ist da schon einen Schritt weiter. Eine schwarz-grüne Koalition scheine zwar naheliegend. „Dies sind aber zwei Partner, die gerade in NRW weit auseinander liegen – deshalb ist eine Ampel auch nicht abwegig.“ Die Initiative liege aber bei den Wahlgewinnern CDU und Grünen.

Das Ergebnis sei für „die tapferen Wahlkämpfer in NRW ein schwerer Schlag“, sagt Lechte: „Ich selber habe ein Wochenende lang eine Landtagskandidatin in Düsseldorf begleitet.“ Die Stimmung an den Infoständen sei gut gewesen, das spiegelten die Wahlergebnisse nicht wider. Die Ampel in Berlin funktioniere sehr gut. „Für die FDP als Partei der Mitte rächt es sich nach einer Oppositionsphase immer, wenn wir in eine Koalition eintreten – dies erklärt aber nicht den herben Verlust heute Abend.“

Grüner Schmidt: Fingerzeig für Bayern

Bester Laune ist der Grünen-Bundestagsabgeordnete (Regensburg) Stefan Schmidt: „Nach dem tollen Abschneiden in Schleswig-Holstein letzten Sonntag dürfen wir Grüne heute einen grandiosen Erfolg in Nordrhein-Westfalen feiern.“ Die dortige Regierung sei abgewählt: „Eine neue ist ohne Grüne kaum vorstellbar.“

Ein Ansporn, den politischen Preis für den möglichen Koalitionspartner hochzutreiben: „Das ermutigt uns, den Politikwechsel zur klimaneutralen Industrie zu gestalten.“ Aber auch für die bayerische Landespolitik sei dies ein Fingerzeig: „Das überzeugende Abschneiden und die Aussicht auf einen Politikwechsel motivieren für den Landtagswahlkampf in Bayern.“

SPD-Ertug: „Preissteigerungen beunruhigen“

Der Oberpfälzer SPD-Bezirkschef Ismail Ertug relativiert die Aussagekraft des Wahlergebnisses: „Die Wahlbeteiligung war historisch niedrig.“ Dennoch ein Alarmsignal für die Ampelregierung: „Wir konnten nicht ausreichend mobilisieren.“ Klar sei: „Die SPD hat ihr Wahlziel nicht erreicht.“

Trotzdem will sich auch der Amberger Europa-Abgeordnete noch nicht mit der Oppositionsrolle abfinden: „Dennoch entscheidet am Ende die mathematische Mehrheit.“ Einige Konstellationen seien möglich. „Die kommende Woche wird Klarheit bringen“. Als zentrale Ursache für den Rückschlag identifiziert Ertug: „Die Preissteigerungen beunruhigen die Menschen, deshalb wird entscheidend sein, welche spürbaren Entlastungen zeitnah umgesetzt werden.“

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