Überschuldete Bürger: So ist die Lage in der Region

Weiden. Kein Geld - und trotzdem fleißig einkaufen? Die neueste Ausgabe des Schuldneratlas zeigt, wo die meisten überschuldeten Personen leben. Bayernweit ganz vorne mit dabei: die Stadt Weiden.

Kein Geld in der Tasche, aber jede Menge Konsumwünsche. Wer trotzdem schwer shoppen geht, kann leicht in der Überschuldungsfalle landen. Foto: Pixabay

Seit 20 Jahren gibt es den Schuldner-Atlas, der von der Wirtschaftsauskunftei und Inkassodienstleister Creditrefom in Auftrag gegeben wird. Dabei wird untersucht, wie sich die Überschuldung von Verbrauchern innerhalb Deutschlands kleinräumig verteilt und entwickelt. Die Ausgabe 2023 ist jetzt erschienen. Bayern steht auch heuer wieder gut da. In saftigem Dunkelgrün kommt der Freistaat daher. Diese Farbe entspricht der niedrigsten Überschuldungsquote. Der Fokus wird zudem auf die einzelnen Regionen gelegt, auf Ostbayern zum Beispiel oder die Oberpfalz. Doch auch hier: kein Grund zur Besorgnis. Nur die Stadt Weiden sticht als gelber Fleck aus der grünen Umgebung heraus.

Überschuldungsquote von neun Prozent

Das Oberzentrum der nördlichen Oberpfalz liegt mit neun Prozent nicht nur deutlich über dem Bayern- (5,87 Prozent), sondern auch über dem Bundesdurchschnitt von 8,15 Prozent. Nur noch die Gäubodenmetropole Straubing und der mittelfränkische Ballungsraum Nürnberg/Fürth weisen einen “Gelbstich” auf. Nicht mehr dunkel-, sondern hellgrün hinterlegt sind im Landkreis Neustadt/WN die Städte Grafenwöhr, Neustadt/WN und Eschenbach und die Marktgemeinde Waidhaus. Hier liegt die Quote zwischen 8,14 und 7,4 Prozent. Deutlich besser schneiden Irchenrieth und Püchersreuth ab. Hier liegt sie unter drei Prozent.

Was ist Überschuldung?

Für wen ist dieser Atlas interessant? Für die mehr als deutschlandweit 160.000 Creditreform-Mitglieder. Hauptsächlich Unternehmen, die sich so über die Bonität ihrer Kunden einen Überblick verschaffen können. Was aber bedeutet eigentlich Überschuldung. Barbara Zinkl, Vertriebsleiterin des Regensburger Büros von Creditreform erklärt: “Sie liegt dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.” Zinkl und ihr Team betreuen von der Domstadt aus große Teile Ostbayerns, darunter auch den Landkreis Neustadt/WN und die Max-Reger-Stadt.

Ursachen: Jobverlust oder Scheidung

In die Überschuldung unverschuldet hineinzurutschen, ist schnell passiert. Etwa durch Jobverlust oder Scheidung. Dann sind Ratenzahlungen zum Teil nicht mehr zu stemmen. Oft genug ist aber fehlende Haushaltsdisziplin die Ursache dafür. Bei Creditreform heißt das “Unwirtschaftliche Haushaltsführung.” Man shoppt munter drauf los, ohne darauf zu achten, wie man die Vielzahl der angehäuften Raten überhaupt abstottern kann.

Darüberhinaus gibt es tatsächlich genügend Menschen, die nicht auf Luxus verzichten wollen, obwohl sie ihn sich beim Blick auf den Lohnzettel gar nicht leisten können. Klar, jeder ist für sich selbst verantwortlich. Doch es wird leicht gemacht, in der Schuldenfalle hängenzubleiben. Kreditkarten stecken mittlerweile so selbstverständlich in der Geldbörse wie der Personalausweis. Und Aktionen wie “jetzt kaufen, später zahlen”, versetzen auch den nicht gerade finanziell auf Rosen gebetteten Verbraucher in Konsumlaune.

Nachholeffekt von Corona

Besonders jüngere Altersgruppen, so das Ergebnis des Schuldner-Atlas, sind anfällig für die Überschuldung. Erst recht nach Corona. “Wir stellen hier einen Nachholeffekt fest”, erläutert Zinkl. Die Leute wollen alles wieder hereinholen, worauf sie in den zwei Pandemie-Jahren verzichten mussten. Noch ein interessanter Aspekt: Bei der Überschuldung kommen die Frauen deutlich besser weg. Ihr Anteil liegt “nur” bei 39 Prozent.

Auch Gutverdiener von Überschuldung betroffen

Einkommensschwache Haushalte sind am meisten von Überschuldung betroffen, auch wenn deren Anteil, dank der Stützungsmaßnahmen des Staates, wie etwa die Preisbremsen, um fünf Prozent zurückgegangen ist. Bemerkenswert: Immer mehr Normal- und Gutverdiener, die sich etwa in das Abenteuer Hausbau gestürzt haben, geraten mittlerweile in die Überschuldungsspirale. Brauchen sie für ihre Immobilie nämlich aktuell eine Anschlussfinanzierung, dann treffen sie die hohen Kreditzinsen mit voller Wucht.

Creditreform prognostiziert mehr Arbeitslose

Die Aussichten? Die halten die Experten von Creditreform für alles andere als rosig. “Die Überschuldung der Verbraucher ist eng mit der konjunkturellen Entwicklung verknüpft”, betont der Leiter der Wirtschaftsforschung des Unternehmens, Patrik-Ludwig Hantzsch. Die wirtschaftlichen Aussichten seien ja durch die Bank trübe. Hantzsch geht nicht zuletzt aufgrund der großen Anzahl der Unternehmensinsolvenzen davon aus, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt wieder verschärfen wird.

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