[Update] Urteil gegen Geisterfahrer: 37-Jähriger geht in Therapie

Regensburg/Luhe-Wildenau. Der Geisterfahrer (37), der für den Tod eines Landwirts aus dem Landkreis Neustadt/WN verantwortlich ist, geht vorest nicht in Haft. Das Gericht ordnete eine stationäre Therapie an.

Urteil im Geisterfahrer-Prozess. Foto: Christine Ascherl

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Andrea Costa verurteilte den 37-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu 2,5 Jahren Haft ohne Bewährung. Ins Gefängnis muss er aber nicht oder nicht sehr lange. Denn das Gericht ordnete vorab die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an (Dauer: 18 Monate bis maximal 2 Jahre). Zudem wird die U-Haft (neun Monate) angerechnet.

Das Gericht schloss sich damit dem psychiatrischen Sachverständigen an, der den Maßregelvollzug nach Paragraph 64 befürwortet hatte. Richterin Costa: “Das war schwierig, ich geb’s ganz offen zu.” Seit Oktober gibt es eine Gesetzesänderung, die die Voraussetzungen für die Unterbringung verschärft hat. Vorliegen muss jetzt ein Hang, der “die Lebensgestaltung dauerhaft beeinträchtigt”.

Gericht: Leben geprägt von Alkoholkonsum

Das liege beim Angeklagten nicht klar auf der Hand. Er habe in einer eigenen Wohnung gelebt und eine feste Arbeit gehabt. Auf den zweiten Blick müsse man die Voraussetzungen dennoch bejahen. Die Richterin verwies auf Fotos der verwahrlosten Wohnung. Einziges Interesse war das abendliche Trinken mit Kollegen. “Sein Leben war vorrangig geprägt zum Alkoholkonsum.”

Strafverschärfend wertete Richterin Costa die Schwere des Unfalls. “Wir haben einen Toten und drei Schwerstverletzte, die heute noch unter den Verletzungen leiden.” Die Erinnerung an den Unfall würde für sie nie verschwinden. “Auch die Familie Z. wird diesen Tag sicher niemals vergessen.” Am Vormittag hatten die Freunde des Verstorbenen ausgesagt (“Sie wollten zum Tanz: Geisterfahrer rammt vollbesetztes Auto”).

Psychiatrischer Gutachter für Therapie

Das Gericht schloss sich damit dem psychiatrischen Sachverständigen an. Der Arzt des BKH Straubing empfahl für den alkoholsüchtigen Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für die Dauer von etwa 18 Monaten. Zudem sah der Gutachter aufgrund der Alkoholintoxikation die Voraussetzungen für die verminderte Schuldfähigkeit für erfüllt an. Damit reduziert sich der Strafrahmen.

Den Lebenslauf fasste der Psychiater kurz zusammen: Der Bauarbeiter ist in Osteuropa geboren und schloss sich in jungen Jahren Bautrupps an, was ihn nach Griechenland, in die Schweiz und nach Deutschland führte. Der Mann war sieben Jahre mit einer Schweizerin verheiratet, was sein gutes Deutsch erklärt. Über Verwandte kam er nach der Scheidung in den Bayerwald.

Alkohol gehörte für ihn dazu, erst als Jugendlicher, später mit Landsleuten nach der Arbeit. Zuletzt trank er nach eigenen Angaben “vier, fünf Bier plus eine halbe Flasche Schnaps am Abend”, ging aber zur Arbeit und war tagsüber trocken. Das habe sich – so der Angeklagte gegenüber dem Gutachter – zwei, drei Wochen vor der Schicksalsfahrt geändert. Seine Mutter sei daheim in der Heimat schwer gestürzt, er habe sich gesorgt. Am Tag der fatalen Fahrt begann er schon am Nachmittag zu trinken. Er könne sich nicht erinnern, warum und wohin er losgefahren sei.

Nebenklägervertreter: “Er hat ein Leben zerstört”

Auch Staatsanwalt Fromherz hatte sich dem Gutachter angeschlossen: Er plädierte auf eine Haftstrafe von drei Jahren, beantragte ebenso die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Er erntete entsetztes Kopfschütteln der Mutter, selbst wenn er die Dramatik der Tat ansprach: “Man muss nur in die Gesichter der Angehörigen schauen, dann weiß man, was die Tat für Folgen hatte.”

Nebenkläger Rouven Colbatz ging weit schonungsloser mit dem Angeklagten um. “Ich gebe zu bedenken, dass der Angeklagte ein Leben zerstört hat.” Die Unterbringung nach Paragraph 64 erfordere ausdrücklich eine nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensführung. Das sehe er hier nicht. Der Bauarbeiter ging einer 40-Stunden-Arbeit nach. Colbatz wies auch daraufhin, dass der 37-Jährige bis zum Unfall rund 25 Kilometer fuhr und dabei alle Warnungen von anderen Verkehsteilnehmern ignorierte. Für ihn stelle sich sogar die Frage nach Vorsatz oder zumindest bedingtem Vorsatz.

Verteidiger Maximilan Keser regte ambulante Möglichkeiten, wie regelmäßige Abstinenzkontrollen an. Das wäre auch dem Angeklagten lieber gewesen, der nach eigenen Angaben seit dem Unfall abstinent ist: „Ich hasse Alkohol.“ 18 Monate in einer Klinik seien zu lang. Sein Anwalt beruhigte ihn: Er davon aus, dass der 37-Jährige nach etwa einem Jahr als Freigänger den Maßregelvollzug verlassen könne.

Kein Wort der Entschuldigung an Hinterbliebene

Auf Worte des Bedauerns warteten die Hinterbliebenen bis zum Abend vergeblich. Das letzte Wort des Angeklagten, zur Richterin gewandt: “Es tut mir leid.”

Die Angehörigen verließen das Gericht nach Verhandlungsende bitter enttäuscht. “Mir fehlen die Worte”, sagte ein Verwandter, der Josef Z. damals kurz vor der Abfahrt noch auf dem Hof getroffen hatte. Er hatte ihm noch ein Kompliment machen wollen, weil er sich zum Tanzen so schick gemacht hatte. Da war der Landwirt schon aufgebrochen.

Auch der Bruder tat sich schwer mit dem Urteil: “Wenn man bedenkt, dass da einer umgebracht worden ist.” Und schließlich war da noch die Mutter, die tapfer den ganzen Verhandlungstag durchgestanden hatte: “Der sitzt da. Und mein Sohn liegt im Grab.”

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1 Kommentare

Josef Bauer, freier Berichterstatter - 05.01.2024

Ich tue mich schwer mit der deutschen Gesetzgebung. Nicht nur, dass der Alkoholfahrer vermutlich nach zwei, drei Jahren wieder auf freiem Fuß steht, sondern die Frage ist auch, wer bezahlt das alles? Wer bezahlt die Entziehung, die Behandlungskosten bei den Hinterbliebenen. Das zählt doch alles der brave Deutsche Bürger von seinen Steuern. Der Verurteilte geht vielleicht in zwei, drei Jahren wieder zur Arbeit und kann über seinen Lohn verfügen. Meiner Meinung wäre hier für solche und ähnliche Fälle ein streng bewachtes Arbeitslager in Sibirien oder im Regenwald für ca 10 Jahre richtiger und vor allem billiger. Und es hätte einen viel bessere Abschreckung. Aber so etwas darf ja nicht sein. Gefangene haben Fernseher, gesundes Essen und eine beispielhafte Gesundheitsvorsorge. Wo liegt da eigentlich die Strafe????