Student kommt mit blauem Auge weg: Bewährung für Maßkrug-Schläger

Weiden. Das Landgericht Weiden hat einen Studenten aus Oberbayern zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte auf dem Volksfest 2022 einem Mann mit einem Maßkrug auf den Kopf geschlagen, dass der Krug brach.

Tatwerkzeug Maßkrug. Ein Student schlug mit einem handelsüblichen Maßkrug (1,3 Kilogramm) zu. Symbolfoto: pixabay

Das Urteil erfolgte wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte den 29-Jährigen ursprünglich wegen versuchten Totschlags angeklagt. Zeitweise war sogar wegen versuchten Mordes ermittelt worden.

Das Gericht sah die Voraussetzungen für ein versuchtes Tötungsdelikt nicht für erfüllt an. Zweifellos seien solche Schläge mit dem Maßkrug objektiv dafür geeignet, den Tod des Opfers herbeizuführen. “In der Praxis führen sie tatsächlich zu erstaunlichen geringen Verletzungen”, so Richter Peter Werner in seiner Urteilsbegründung. Der Geschädigte hatte nur eine kleine Wunde am Ohr.

Der Angeklagte habe zudem die Gefährlichkeit der Tat nicht reflektiert, so der Richter. Es fehle das “voluntative Element”, also der Wille zu töten. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Haft auf Bewährung sowie zu einer Geldauflage von 1000 Euro zugunsten des Pfadinder-Stammes “Thomas Morus”.

Ungewohnt braver Angeklagter

Der Angeklagte könnte der bravste Angeklagte sein, den das Landgericht Weiden je erlebt hat. Der 29-Jährige ist ein Einser-Student aus Oberbayern. Er kommt aus einem grundsoliden Elternhaus, in dem der Vater “höchstens mal ein Radler” trinkt. Er hat eine feste Freundin (“seit 2 Jahren, 7 Monaten und 12 Tagen”). Er ist ehrenamtlich tätig und hat keine Vorstrafen. Der Aussetzer auf dem Volksfest im September 2022 unter dem Eindruck von 2 Promille ruinierte beinahe sein Leben.

Zwei Cliquen – OTH-Studenten und Pfadfinder – hatten auf Bierbänken nebeneinander im Festzelt gefeiert. Der Oberbayer gesellte sich am späten Abend ungebeten an den Nachbartisch und wurde aufdringlich gegenüber einer Weidenerin. Als ihn ein Elektriker (28) aufforderte “Schleich dich”, schlug der Student mit dem Maßkrug zu, bis dieser zerbrach.

Der Einsatzleiter der Polizeiinspektion Weiden hatte den Fall gar nicht so hoch aufgehängt. Er hatte den sturzbetrunkenen Studenten in der Tatnacht zunächst nach Hause geschickt. “Er hat gewankt und gelallt, konnte kaum stehen.” Das Opfer war bis auf einen kleinen Schnitt am Ohr unverletzt und wollte das Delikt erst gar nicht anzeigen, erinnert sich der Polizist.

Zwei Monate Untersuchungshaft: “Eine sehr prägende Erfahrung”

Im Laufe der Ermittlungen wurde der Fall dann zum versuchten Tötungsdelikt hochgestuft. Der Student kam im Oktober 2022 für acht Wochen in Untersuchungshaft. Eine einschneidende Erfahrung, die er nie wieder machen möchte. “Das war eine sehr prägende Erfahrung”, berichtet der 29-Jährige. “23 Stunden am Tag eingesperrt, den ganzen Tag auf acht Quadratmetern allein sein.” Das Ganze nur unterbrochen vom Hofgang: “50, 60 Leute, die im Kreis gehen.”

Sein letztes Wort nutzt der Angeklagte noch einmal für eine Entschuldigung an die Adresse des Nebenklägers. “Es ist mir nach wie vor unerklärlich.” Der 29-Jährige hat alles dafür getan, dass er nie wieder in eine solche Situation kommt. Er hat nie wieder etwas getrunken. Verteidiger Dominic Kriegel legt regelmäßige Laborberichte vor. Er lebt sozial eingeordnet: Das verlorene Semester hat er aufgeholt, steht kurz vor dem Abschluss und arbeitet bereits für ein renommiertes Unternehmen.

“Er selbst ist am fassungslosesten, dass er so die Kontrolle verloren hat”, sagt Verteidiger Kriegel im Plädoyer.

Alkohol: um die zwei Promille

Der Auslöser: Alkohol. Der psychiatrische Gutachter Dr. Johannes Schwerdtner geht von einer akuten Alkoholintoxikation aus. Rechnerisch hatte der schmale Student 1,98 bis 2,18 Promille. Vor dem Volksfest hatte er mit Freunden von der OTH schon in seiner Wohnung vorgeglüht. Im Festzelt pendelte er zwischen ein paar Maß Bier am Tisch und der Schnaps-Bar hin und her.

Nach eigenen Angaben hat er an dem Abend auch synthetische Cannabinoide (Kräutermischung, “Spice”) zu sich genommen. Das ließ sich aber im Blut nicht verifizieren. Alles in allem: Eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit lag vor. Die Wiederholungsgefahr liegt beim Angeklagte auf einer Risiko-Skala sogar im Minus.

Freiwillig 5000 Euro Schmerzensgeld

All das führt dazu, dass sogar Staatsanwalt Matthias Biehler auf eine Bewährungsstrafe von 2 Jahren plädiert. Zwar sei ein Schlag auf den Kopf mit einem 1,3-Kilo-Krug potenziell lebensgefährlich. Aber die Zeugenaussagen seien nicht eindeutig, ob er mit dem Fragment tatsächlich weiter attackieren wollte. Die Zeugen seien “alles anständige Leute”, es sei eben schwer, Sekundenbruchteile nach anderthalb Jahren zu rekonstruieren.

Gleiches kommt von Nebenklagevertreter Thilo Schmidt: Dem geschädigten Elektriker läge nichts an einer besonders harten Strafe. Dem 29-Jährigen sei es wichtig gewesen, dass ihm keine Mitschuld oder Provokation zugeschoben wurde. Das wurde nicht gemacht. “Für ihn soll die Angelegenheit hiermit beendet sein.” Schon im Vorfeld hat der Student freiwillig 5000 Euro Schmerzensgeld überwiesen.

Das Urteil wurde sofort rechtskräftig, alle Parteien erklärten den Verzicht auf Rechtsmittel.

Erster Prozesstag Maßkrug-Schlägerei

Am ersten Verhandlungstag hatten Freunde des Angeklagten und des Geschädigten ausgesagt.

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