3. Liga: Profitiert der SSV Jahn von den Turbulenzen bei Favorit Arminia Bielefeld?

Bielefeld. Am Sonntag in der Schüco-Arena treffen zwei aufeinander, die nach dem Abstieg auf den Reset-Knopf drückten. Während beim SSV Jahn der Neuaufbau unter Sportchef Achim Beierlorzer geräuschlos über die Bühne ging, knirscht es bei Arminia Bielefeld gewaltig im Alm-Gebälk.

Da war die Jahn-Welt noch in Ordnung: Der SSV gewann im Vorjahr am zweiten Spieltag beim Bundesligaabsteiger Arminia Bielefeld mit 3:0. Foto: Jahn Regensburg

Es hätte alles so schön sein können: Fußball-Professor Christian Keller mit seiner soliden Strategie etabliert den SSV Jahn in der Zweiten Fußball-Bundesliga. Danach sah es lange Zeit aus. Nach mehreren Schwächephasen hat es die Regensburger vergangene Saison aber doch erwischt. Die Hoffnung ruht jetzt auf dem Neuaufbau unter dem früheren Erfolgscoach und neuem Sportchef Achim Beierlorzer und dem neuen Chefcoach Joe Enochs.

Im Vergleich zu Bielefeld ist der Jahn-Abstieg ein Betriebsunfall, mit dem das Umfeld relativ gelassen umgeht. Auf der Alm ist das Beben nach dem Doppelabstieg dagegen noch längst nicht verklungen.  Aufsichtsratschef Hartmut Ostrowski, früherer Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG, rechnete mit der jüngsten Vergangenheit ab: Ex-Geschäftsführer Samir Arabi habe bei den Arminen nach zwölf Jahren einen Scherbenhaufen hinterlassen. „Die Atmosphäre war von Missgunst, Misstrauen und massiven Organisationsmängeln geprägt.“

Ostrowski zieht sich zurück

Arabi habe den Klub als Ausbildungsverein positionieren wollen. „Das hat sich auf ganzer Linie als Misserfolg entpuppt“, kritisiert Ostrowski. Auch die verpflichteten Spieler seien mitverantwortlich für den Untergang. „Das sind ausnahmslos Flops gewesen und haben nie das für die 2. Liga notwendige Niveau erreicht.“ 

Am Mittwoch jetzt der nächste Paukenschlag. Chefkritiker Ostrowski kündigt seinen Rückzug an. Ihm fehle die Kraft, um der Arminia in der jetzigen Phase positive Impulse zu verleihen. Mit Rücksicht auf seine eigene seelische Gesundheit trete er deshalb nicht mehr an. Zuvor hatte auch Olaf Köster bekannt gegeben, dem Aufsichtsrat nicht mehr angehören zu wollen. Der Kriminologe will auch sein Amt im Präsidium aufgeben.

Umbruch auch beim SSV Jahn: Regensburgs Trainer Mersad Selimbegovic musste trotz des Auftaktsiegs in Bielefeld kurz vor Saisonende gehen. Foto: Jahn Regensburg

Lieblingsgegner SSV Jahn

Trotz aller Turbulenzen und bereits zwei Saisonniederlagen in Dresden und Ulm gibt es keinerlei Grund, den einkaufsfreudigen Absteiger zu unterschätzen. Der Neuaufbau um Rekordtorschützen Fabian Klos, dem neuen Chefcoach Mitch Kniat, den Bielefeld vom Liga-Nachbarn SC Verl abgeworben hat, und Sportchef Michael Mutzel soll die ostwestfälische Metropole so schnell wie möglich wieder in die Zweite Liga führen.

Vize-Kapitän Christopher Lannert will deshalb den Auftritt in der Englischen Woche nicht als „Rückschlag“ bezeichnen. „Wir verfallen nicht in tiefe Trauer“, sagt auch Sportchef Mutzel. Am kommenden Sonntag, 27. August, 13.30 Uhr, soll gegen Mitabsteiger Regensburg ein Dreier her. Schließlich zählt der SSV Jahn mit 9 Niederlagen, 5 Unentschieden und nur zwei Siegen zu den Lieblingsgegnern.

Joe Enochs: „Wucht der Schüco-Arena“ 

Jahn-Trainer Joe Enochs sieht die Arminia in einer ähnlichen Situation wie Regensburg – mit einer fast komplett neuen Mannschaft. „Sie haben Spieler hinzugeholt wie Nicklas Shipnoski (Düsseldorf, Jahn), Aygün Yildirim (Jahn), Manuel Wintzheimer (Nürnberg), Sam Schreck (Aue), die halt richtig, richtig gut sind.“ Von Kaito Mizuta (Mainz) und dem bereits genannten Fabian Klos ganz zu schweigen. „Sie haben in Dresden angefangen, was nicht so leicht ist, auswärts das Spiel verloren.“ 

Sie hätten dann beim DFB-Pokal gegen Bochum gezeigt, dass sie eine Spitzenmannschaft sein können. „Ich bewerte die Niederlage in Ulm nicht über“, sagt Enochs, „die haben in der ersten Halbzeit sehr viel Druck nach vorne gemacht, Chancen gehabt, das Gegentor ist etwas unglücklich.“ Man müsse gerade in Bielefeld aufpassen, gut und schnell ins Spiel kommen. „Ein Heimspiel mit 20.000 Zuschauern, da kommt eine Wucht aus der Schüco-Arena, die wir vermeiden wollen.“

Erst keine Defensive, dann keine Offensive

Die Crux bei der Findung der richtigen Mischung: „Wir haben schon vor dem Verl-Spiel den Fokus auf die Defensive gerichtet“, erklärt Enochs, „aus dem Grund, dass wir uns selber um den Lohn gebracht haben gegen Unterhaching und auch gegen Magdeburg, wo wir zu einfach diese Gegentore zugelassen haben.“ Man müsse sich jetzt aber eingestehen, „dass wir gegen Dortmund zwar nicht so viele Chancen zugelassen haben, aber selber auch wenige gehabt hatten.“ Das liege zwar auch an den starken Borussen, die noch kein Gegentor kassiert hätten. 

„Es liegt aber auch an uns, dass wir unsere Standardsituationen gerade in der ersten Halbzeit nicht gut ausgespielt haben  – den einen Kopfball von Louis Breunig, das war eine richtig gute Torchance. Oder als Elias Huth vorm Strafraum zum Fall gebracht wurde, dass wir aus solchen Situationen keinen Torschuss abgeben, das ist halt schade.“ Das werde man mit der Mannschaft besprechen. Im dritter Teil der englischen Woche werde man aber auch personelle Wechsel vornehmen: „Die Belastung bei der Hitze ist extrem hoch, deshalb denken wir über personelle Veränderungen nach.“

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