Beer-Stream 1 nach Kaliningrad: Tschechen sticheln mit Švejk-Humor gegen Putin

Prag. Satire ist: Anderen den Spiegel vorhalten. Was Putin kann, können wir schon lange, zeigen tschechische Spaßvögel. Und verleibten sich in einem satirischen Handstreich auf den sozialen Medien „altes tschechisches Staatsgebiet“ ein – die russische Enklave Kaliningrad, das frühere deutsche Königsberg.

Nach Eröffnung der Pipeline Beer-Stream 1: Endlich tschechische Bier-Kultur auch in Kaliningrad. Screenshot: Facebook-Gruppe Královec je Česko

Unter dem Motto „Make Kaliningrad Czech again“ (Kaliningrad muss wieder tschechisch werden) spielen tschechische Spaßvögel gleich auf zwei Autokraten an. Den ehemaligen US-Präsidenten, der sich noch immer als solcher ausgibt. Und den Kriegsverbrecher im Kreml.

Die mit švejkschem Hintersinn konstruierte historische Parallele: Wie Putins Historienmärchen behaupten die tschechischen Satiriker, mit der Annexion eine geschichtliche Ungerechtigkeit korrigieren zu wollen. Das 1283 gegründete Königsberg sei schließlich vom Deutschen Orden nach dem böhmischen König Přemysl Otakar II. benannt worden, aus Dank dafür, dass der half, das Gebiet einst zu erobern.

Nach der Niederlage Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg wurde Königsberg Teil der Sowjetunion und nach dem ersten sowjetischen Präsidenten Michail Kalinin benannt. Kaliningrad – vor 1945 als Königsberg Teil des deutschen Kaiserreichs und später Ostpreußens – werde künftig den tschechischen Namen Královec tragen.

Satire auf der Straße: Demo für die ironische Annexion Kaliningrads. Screenshot: Facebook-Gruppe Královec je Česko

Referendum: „Ja“ oder „Selbstverständlich“

Die tschechischen Spaßvögel hielten sich bei ihrem Vorgehen streng an das des russischen Kreml-Herrschers Wladimir Putin bei der Annektierung von vier ukrainischen Gebieten: Sie schrieben ein Referendum darüber aus, ob Kaliningrad künftig wieder zu Tschechien gehören sollte. Der digitale „Wahlzettel“ enthielt nur zwei mögliche Antworten: „Ja“ und „Selbstverständlich“. Demnach stimmte eine überwältigende Mehrheit von fast 98 Prozent der Kaliningrader dafür, als neue Provinz an Tschechien zu gehen – eine Anspielung an die aberwitzigen Zustimmungswerte bei den Moskauer Scheinreferenden in den vier ukrainischen Provinzen.

Auf der parallel eingerichteten Internetseite www.visitkralovec.cz ist auf einer gefakten Foto-Collage zu sehen, wie die geballte Prager politische Führung hinter Premier Petr Fiala steht, der die unterzeichnete Aufnahmeurkunde von Königsberg in tschechisches Staatsgebiet in den Händen hält.

Vom Papst abgesegnet

Polnische Spaßvögel schlossen sich den tschechischen an, auch deshalb, weil das benachbarte Brudervolk der Tschechen mit Královec endlich den ersehnten Zugang zum Meer bekomme. Russlands Präsident Putin wird gezeigt, der völlig verblüfft reagiert, als er am Telefon auf die Frage an seinen Statthalter in Kaliningrad nach dem Befinden in der vermeintlich russischen Enklave den tschechischen Kameradschafts-Gruß „Ahoj“ hört.

In einem Fake-Beitrag erinnert der Papst daran, dass über die Zugehörigkeit Königsbergs zu Tschechien auch schon in der Bibel zu lesen sei. Logisch, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche dem ganzen Projekt vermeintlich Gottes Segen verleiht. Auch das eine feine Ironie an die Unterstützung des Putinschen Kriegskurses durch Patriarch Kyrill von Moskau und der ganzen Rus.

Historienzug für die Veräppelung der Angliederung Kalinigrads an Tschechien. Screenshot: Facebook-Gruppe Královec je Česko

Pipeline nach Kaliningrad: „Beer stream 1“

Im Laufe der Annexions-Kampagne werden auch gleich in ganz praktischen Fragen Nägel mit Köpfen gemacht. So entsteht der Plan, die zweitgrößte tschechische Stadt Brünn mit einer Metro mit Královec zu verbinden, die auch über die polnische Hauptstadt Warschau führen soll. Leicht übertriebene Annexionsgelüste offenbart ein User, der auf einer neuen Weltkarte nicht nur Královec verzeichnet, sondern die komplette jetzige Russische Föderation unter dem neuen Namen Brünn-Ost Tschechien zuschlägt.

Tschechische Humoristen wären keine Tschechen, wenn sie etwas Grundlegendes vergessen würden: Natürlich muss sich das Land, in dem Biertrinken nicht nur als einzigartig durstlöschend, sondern als eine regelrechte Kulturtat begriffen wird, um den Genuss des weltbesten Gerstensafts in der neuen Provinz kümmern. Auf einer Karte ist dementsprechend eine unzerstörbare Pipeline mit dem Namen „Beer stream 1“ eingezeichnet, die Zuflüsse aus den besten tschechischen Brauereien nach Prag und von dort über Warschau nach Královec symbolisiert. Na zdravi! (Prosit!)

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: Die Brünner Straßenbahn-Linie 3 könnte künftig bis Kaliningrad fahren. Screenshot: Facebook-Gruppe Královec je Česko

Královec bekommt Flugzeugträger „Karel Gott“

Dass dem annektierten Kaliningrad auch die internationalen Weihen nicht versagt bleiben, machte die US-amerikanische Botschaft in Prag deutlich. Sie bot dem Binnenstaat Tschechien mit plötzlicher Aussicht auf Meereszugang sogleich Flugzeugträger zum Verkauf an. Auf einem Foto ist sogar schon ein solches erstes militärisches Riesenschiff beim Verlassen des Heimathafens Královec zu sehen. Es trägt den Namen des in West und Ost gleichermaßen verehrten Karel Gott.

Einen Wermutstropfen gossen tschechische Fernsehsender in den Annexions-Wein. Die dortigen Wetterfrösche zeigten bei ihren Vorhersagen auch das Wetter für Kralovec. Leider konnten dabei nur Tageshöchstwerte von sieben Grad bei Regen gemeldet werden. Vermutlich nach massiven Protesten von sonnenhungrigen tschechischen Badelustigen gibt es solche schlimmen Prognosen jetzt nicht mehr.

Russischer Oberst: „Werden Kaliningrad niemals aufgeben“

Völlig humorlos aber zeigten sich die Russen. Dort nahm man den Spaß bitterernst. Das Internetportal politexpert.net befragte einen Oberst im Ruhestand zu der Satire. Besagter Michail Timoschenko, warnte ernsthaft, die Tschechen wie auch die Polen sollten sich keine Hoffnungen auf die Annexion und Teilung des Kaliningrader Gebiets machen. Russland werde sein Territorium niemals aufgeben.

Doch wer ist schon Michail Timoschenko, sagen da die Tschechen. Putin, der Präsident, habe noch nicht protestiert, geschweige denn schlimmste Vergeltung angedroht. Also werde man die Pläne auch nicht so einfach zu den Akten legen. Es lebe Královec!

So könnte der Korridor für die Exklave Kaliningrad aussehen. Screenshot: Facebook-Gruppe Královec je Česko

* Diese Felder sind erforderlich.

1 Kommentare

Frank Bradl - 19.10.2022

Ich liebe diesen Humor. Wenn das ganze nicht einen ernsten Hintergrund hätte. Es zeigt aber genau das was hier viele Menschen denken. Das Geld was dieser Krieg kostet, hätte dem Russichen Volk bestimmt gut getan. Was dieser Krieg uns kostet, hätte in unserem Land vielen Armen Menschen ein vernünftiges Leben ermöglichen können. Für Sozial schwache ist kaum Geld da aber der Krieg verschlingt Milliarden. In der dritten Welt Hungern Menschen und hier werden Milliarden verschossen. Das ist ein Verbrechen….