Schobers Rock-Kolumne: Zum Jahresauftakt Resteverwertung aus dem letzten Musik-Jahr

Nordoberpfalz. In der Musik gibt es verschiedene Arten. Und dahinter stehen tolle Sänger, wie Jessie Monk, Nnoa, Youn Sun Nah, Delilah Holliday, Anastasia und Rosie Darling. Hinter deren Musik verbirgt sich jedoch viel mehr, als man so denkt.

Beginnen wir das neue Jahr mit einem sanften Start, unruhig, ja bisweilen grausam ging 2023 leider ja zu Ende. Mit besagt sanfter, glockenklarer, sehr liebevoller Stimme berichtet uns eine Singer/Songwriterin aus Australien über die Reise zu sich selbst, das Erwachsenwerden bis hin zum finalen Ende, dem Tod. Diese Texte von Jessie Monk sind von einer tiefen Spiritualität geprägt, vielleicht ein Resultat ihrer Kindheit im Gebiet des indigenen Gunaikurnai-Volksim südöstlichen Teil Australiens.

Zart werden diese Geschichten von Geigen, Flöten, Cello und viel akustischer Gitarre eingehegt, man hört die Saiten auf dem Griffbrett vibrieren. Ein Vergleich drängt sich förmlich auf und das ist die große Kanadierin Joni Mitchell. Aber auch die beiden Lauras, Nyro und Marling, Phoebe Bridgers und die frühe Edie Brickell (die ja aktuell die Elektronik für sich entdeckt hat) wollen genannt werden. So ist der Laurel Canyon-Folk auf „– Continually Becoming“ (Pop-Up) ein wenig weltmusikalisch gefärbt, mit Bezügen zu Irland bis zu den Aborigines. Ein interessantes Debüt.

Liebe & Leid in allen Facetten

Nach Australien, Deutschland und Südkorea geht der Blick Richtung Brexit-Country. Dort wütet Delilah Holliday normalerweise zusammen mit ihrer Schwester Ursula als Punk-Duo Skinny Girl Diet im Stile der Riot Girls. Auf „Invaluable“ (V2) ist sie allerdings solo unterwegs und Grunge-Gitarren oder wütendes Punk-Gewitter findet man hier nicht.

Delilah übt sich im Sprechgesang zu experimentellen Ambient-Klängen, versucht sich an Trip-Hop, lässt nur zur Klavierbegleitung träumen, wagt aber auch mal recht vorsichtig ein Tänzchen auf dem Dancefloor. Ihre Botschaften zu Themen wie Einsamkeit, Drogen, soziale Ungerechtigkeit oder Selbstakzeptanz passen gut zu diesen etwas sperrigen gewiss immer nonkonformen Art-Pop-Melodien, die eher verstören als einlullen.

Yin & Yang: der ideale Gegenpol zur experimentierwütigen Britin ist Anastasia. Die Amerikanerin kann vor allem in Deutschland auf eine riesige wie treue Fangemeinde bauen und hat sich deshalb etwas ganz Einzigartiges einfallen lassen. Auf „Best Days“ covert sie zwölf deutschsprachige Hits und transferiert diese ins Englische. Der Titelsong steht dann schon mal für den Tote Hosen-Hit, „Tage wie diese“.

Weiter geht es mit Johannes Oerdings „An guten Tagen“, es folgen Sarah Connors „Wie schön du bist“, „Still Loving You“ von den Scorpions (hätte man sich auch sparen können), „Monsoon“ von Tokio Hotel bis hin zum „Supergirl“ von Reamonn. Radio-Pop pur, so stimmgewaltig wie mainstreamig. Aber man hört: diese deutschen Hits hätten auch international eine riesige Chance sein können.

Verweilen wir zum Abschluss noch ein wenig in den USA und begeben uns an die Westküste. Dort lebt eine Singer/Songwriterin mit dem schönen Namen Rosie Darling. Und ein Darling ist die Dame wirklich, berührt sie doch mit ihren beschaulichen Herz-Schmerz-Balladen und der naiv-juvenilen Stimme. Wie die Kollegin Jessie Monk am Beginn dieser Kolumne liegen auch ihr die eher ruhig-besinnlichen Töne, nur dass es hier doch schon eher Richtung Indie-Pop(-Mainstream) klingt.

Alles ist hübsch aufgeräumt und auf seinem Platz. Ein kuscheliges (Melodie-)Wohnzimmer mit Oma-Sofa, Kuschelkissen, Kerzen am Beistelltischchen und einem abgetragenen Perserteppich zu Füßen. „Lanterns“ (Nettwerk) wagt keine Experimente, wärmt uns aber wie eine von Mama gestrickte Häkeldecke.

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