365 mal auf die Ohren – und das kostenlos!

Kurz vorausgeschickt: Der Autor dieses Beitrags ist weder Aktionär des renommierten Diogenes Verlags in Zürich noch mit der Autorin Clemency Burton-Hill verwandt oder verschwägert. Vielmehr ist er seit Kindertagen mit der klassischen Musik eng verbunden, wobei Beatles, CCR und neuerdings Adele zu seinem erweiterten Ohrwaschl-Spektrum gehören. Und als bekennender Oberpfälzer hört er selbstverständlich Orgel-Heavy Metal vom Ortspatron Max Reger. Und zwar laut!

Weihnachtszeit ist Kalenderzeit

Immer wenn es ganz finster wird und das letzte Monatsblatt im Kalender an der Wand hängt, wird es Zeit sich um das neue Jahr Gedanken zu machen. Seit dem Computerzeitalter übernehmen allerdings meistens Outlook & Co. die Terminplanung im neuen Jahr. Smartphones erinnern einerseits unerbittlich an drohende Termine und geben andererseits Gewissheit, keinen Termin zu versäumen. Wer einen Geburtstag vergisst, der ist entweder maximal ungeschickt darin, seinen elektrischen Kumpan korrekt zu füttern oder hat es versäumt, auf die Warntöne des Helferleins zu reagieren.

Soweit so gut. Soweit so unromantisch.

Zeit ist zu kostbar, um sie fantasielos zu vergeuden

Zugegeben: Viele Termine sind zu wichtig, um sie zu ignorieren. Wer aber einmal in eine Grenzsituation zwischen Leben und Tod geraten ist, weiß, dass es mehr als strenge Zeitvorgaben gibt. Zeit ist nämlich so unglaublich wertvoll, dass man sie mit Wertvollem nützen sollte.

Diese feine Würze des Lebens ist in der Musik zu finden. Gemeint ist nicht das Gedudel aus der Supermarkt-Dauerschleife, sondern der ganz bewusste Genuss einer täglichen Prise besonderer Musik versüßt das Leben in besonderer Weise. Eine junge Engländerin hat einen Bestseller geschrieben, der für jeden Tag des Jahres eine kurze Musikempfehlung aus dem klassischen Musikspektrum gibt.

365 Musiktipps für jeden Tag des Jahres

Clemency Burton-Hill, geboren 1981 in London, ist Kulturjournalistin und schreibt auch für ›The Economist‹, ›The Financal Times‹, ›The Guardian‹ und ›The Observer‹. Als Violinistin hat sie unter der Leitung von Dirigenten wie Daniel Barenboim in einigen der wichtigsten Musiksäle der Welt gespielt. Die Geigerin kennt sich also in der Musikwelt ganz besonders gut aus: Vom Godfather der klassischen Musik, Johann Sebastian Bach bis zum Zwölftöner Arnold Schönberg, vom Frühlings-Vivaldi bis zum “Schorsch” Gershwin und seiner Blauen Rhapsodie ist ihr nichts fremd.

In einer kurzen Einleitung erklärt sie in ihrem immerwährenden Musik-Buchkalender für jeden Tag ein Werk leicht verständlich und bereitet auf den Hörgenuss vor. So lernt man im Laufe des Jahres einen wunderbaren Querschnitt des ganzen klassischen Musikkosmos’ kennen: Von den Anfängen mit Giovanni Piereluigi Palestrina (1525-1594) bis zu Philip Glass (geboren 1937). Darunter sind Gassenhauer von den Walzerkönigen der Wiener Schule, aber auch gewöhnungsbedürftige Kompositionen des noch wenig bekannten Engländers Nico Muhly (geboren 1981).

Alle Werke frei erhältlich

Wer nun glaubt, er muss seine letzten Ersparnisse für eine riesige neue CD-Sammlung ausgeben, den kann man beruhigen. Sämtliche Werke sind kostenfrei und komplett auf Youtube verfügbar. So wird nämlich die Geschichte erst rund: Jedes Werk kann sofort via Youtube angehört werden. Besprechung und Musikgenuss verschmelzen somit zu einer unglaublichen Horizontserweiterung für Musikliebhaber. Natürlich kann man sich die komplette Musikliste der 365 besprochenen Stücke über Spotify oder Apple Music (kostenpflichtig) downloaden.

Nachdem der 31. Dezember nicht mehr weit entfernt ist, verraten wir an dieser Stelle den Musiktipp der Autorin für Silvester: Johann Strauss Sohn (1815-1899) Champagner-Polka.