BücherECHO: “Das vergessene Buch” – Liebeserklärung an einen Kleinverlag

Nordoberpfalz. Es müssen nicht immer die Big Player sein – in der Verlagslandschaft gibt es jede Menge kleine Verlage zu entdecken, die es wert sind, sie zu unterstützen. Einer davon ist der Verlag "Das vergessene Buch".

Foto: OberpfalzECO/Andrea Schreiber

Der Begriff “Kleinverlag” hat immer etwas Knuffiges, Nostalgische und Unterstützenswertes – und das völlig zurecht. Denn vor allem kleinere Verlage, die sich auf kulturelle Vielfalt und kreatives Experimentieren konzentrieren, kämpfen ums Überleben. Dabei lohnt es sich in der Regel, immer auch hinter die Kulissen zu blicken. So wie beim Verlag “Das vergessene Buch”. Nomen est Omen, denn der junge Verleger Albert C. Eibl hat es sich zur Aufgabe gemacht, bemerkenswerte literarische Schätze zu heben. Inzwischen ist der Verlag für Literaturfreunde selbst ein Schatz, den es zu bewahren gilt.

Die Wiederentdeckung vergessener Meisterwerke

Der im Jahr 2014 gegründete Einmannbetrieb hat sich zum erfolgreichen Nischenverlag entwickelt, der sich auf die Wiederbelebung vergessener deutschsprachiger Literatur spezialisiert hat. Eibl und sein Verlag haben es sich zur Aufgabe gemacht, Werke, die häufig aus politischen Gründen in Vergessenheit geraten sind, erneut ins Rampenlicht zu rücken.

Dazu gehören der autobiografische Debütroman “Die Vergiftung” von Maria Lazar, der Exilroman “Die Eingeborenen von Maria Blut” und der Epochenroman “Ein österreichischer Don Juan” von Marta Karlweis. Ein besonderes Medienecho riefen auch die Wiederentdeckung des Skandalromans “Der heilige Skarabäus” von Else Jerusalem und die Neuauflage von Maria Lazars Hauptwerk “Leben verboten!” hervor.

Der Verleger meines Vertrauens

Wer so fleißig seine Mission verfolgt, der wird auch gesehen. So wurde Albert C. Eibl 2023 mit dem Bruno-Kreisky-Preis für besondere verlegerische Leistungen ausgezeichnet. Ein junger Literaturwissenschaftler (Jahrgang 1990) mit viel Leidenschaft – da ist es eigentlich kein Wunder, dass man hier nicht nur Fan der Autorinnen, sondern gleich des ganzen Verlags wird.

Und auf Eibl kann man sich verlassen, mit Spannung warten Literaturfreunde, welches spannende Werk er als Nächstes aus dem Hut zaubert. Diesen Vertrauensvorschuss hat sich der Verlag erarbeitet, sodass man getrost jederzeit wieder “zugreifen” kann.

Das vergessene Buch – DVB Verlag

Hier geht es zum Verlag.

Hereinspaziert und herzlich willkommen in der “Abteilung Herrenmode”

Als eines der besonderen Kleinode Eibls sei “Abteilung Herrenmode” herausgepickt. Mit erst 23 Jahren hat Maria Gleit dieses Buch 1933 geschrieben, es ist zusätzlich mit einem interessanten Nachwort ihres Sohnes versehen. “Man frag sich, warum und wie das Werk ein Jahrhundert lang der Aufmerksamkeit entgehen konnte”, fragt Sandra Kerschbaumer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Gleits dialogreicher und amüsant geschriebener Debütroman spielt in einem Berliner Luxuskaufhaus und porträtiert den Aufstieg der 22-jährigen Angestellten Lotte Stein. Die Geschichte hat alles, was diese Epoche geprägt hat: Emanzipationsversuche, Karriere, Lust und Liebe im Berlin der 1930er Jahre …

Ein ereignisreiches Leben

Foto: OberpfalzECO/Andrea Schreiber

Auch die “Story um die Story”, sprich der Lebensweg der Autorin, ist hochspannend. Maria Gleit floh rechtzeitig aus Deutschland und ließ sich mit ihrem ersten Ehemann, dem Literaten Walther Victor, zunächst in der Schweiz nieder, wo ihr Sohn Vito zur Welt kam. Nach einigen Zwischenstationen erreichte sie 1940 die Vereinigten Staaten und schlug sich in New York City durch, bis sie einige erfolgreiche Kinder- und Jugendbücher in englischer Sprache publizieren konnte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Trennung von Victor folgte Gleit ihrem zweiten Ehemann in die Schweiz. Sie verfasste dann keine größeren Arbeiten mehr, nahm sich 1981 das Leben und geriet wie viele andere exilierte Schriftstellerinnen in Vergessenheit.

Ein kleiner, aber überzeugter Appell

Dem Lob solcher Verlage muss auch eine “Abstimmung mit den Füßen folgen”, indem wir die Bücher der kleinen Verlage nicht vergessen und auch entsprechend konsumieren. Es lohnt sich.

Lieber Albert C. Eibl, bitte weitermachen, weiterwühlen – die treue Leserschaft brennt darauf!

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