Das WSW-Urteil ist gefallen: Alle Angeklagten zu Haftstrafen verurteilt

Weiden. Das Urteil in einem der größten Prozesse am Landgericht Weiden ist gefallen. Die Vorständin der WohnSachWerte eG wurde zu einer empfindlichen Haftstrafe verurteilt.

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Urteile im WSW-Prozess gesprochen. Foto: Martin Stangl

Zu Beginn des letzten Prozesstages baten die Verteidiger überraschend erneut um ein Rechtsgespräch. Sie versuchten die Taten ihrer Mandanten als “Vergehen” und nicht als “Verbrechen” einzustufen, um mildere Strafen zu erreichen.

Staatsanwalt Wolfgang Voit und die 1. Strafkammer des Landgerichts Weiden konnten sich damit nicht anfreunden und beharrten auf der vor Monaten ausgehandelten Verständigung und deren Rahmenbedingungen. Nach einer kurzen Unterbrechung folgte dann die Urteilsverkündung durch den Vorsitzenden Richter Peter Werner.

Kopf und Mastermind bleibt hinter Gittern

Demnach sieht es das Gericht als erwiesen an, dass das betrügerische Trio bei 16.326 Betrogenen einen nachweisbaren Schaden von 6,8 Millionen Euro angerichtet hat. Der Angeklagten Tina K. kam nach Ansicht des Gerichtes der größte Anteil am Zustandekommen des Betrugssystems zu. “Sie war Organisatorin und Sprachrohr der Genossenschaft.” Aus diesem Grund erhielt sie eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten. Da der Haftgrund fortbesteht, bleibt sie weiter in Haft.

Ihrem Mann erkannte das Gericht die Spezialistenrolle des Immobilienfachmanns zu. Er erhielt wegen seiner Beteiligung am gewerbsmäßigen Betrug eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten. Aufgrund seiner Zeit in U-Haft muss er nicht mehr hinter Gitter.
Zusätzlich zu den Haftstrafen wurde das Paar zu einem gesamtschuldnerischen Einzug des Wertersatzes von 5.124.044 Euro verurteilt.

Der Sohn der Angeklagten wurde aufgrund seiner Rolle als IT-Fachmann zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und Wertersatz von 321.655 Euro verurteilt. “Ohne seine Kenntnisse, hätte das System gar nicht funktionieren können”, so Richter Werner in der Begründung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten können beim Landgericht Weiden innerhalb einer Woche einen Antrag auf Revision einreichen.

Rückblick auf das Verfahren

Obwohl die drei Angeklagten zum Auftakt des Verhandlungsmarathons im Herbst zunächst wenig Schuldbewusstsein geäußert hatten, wurde die Taktik während des Prozesses geändert. Der Aufsichtsratsvorsitzende und seine Frau räumten ab Dezember ein gewisses Fehlverhalten ein. Das war der entscheidende Weg zu einer Verständigung zwischen Verteidigung, Staatsanwalt und Gericht, die sich bei der Bemessung der nun verhängten Freiheitsstrafen niederschlug.

Lediglich der Sohn der Aufsichtsrätin, der als IT-Fachmann für die technische Seite der Genossenschaft verantwortlich war, sperrte sich zunächst gegen das Eingeständnis der Mitschuld. Gegen Ende der Beweisaufnahme änderte auch er seine Taktik und zeigte bei seinem Schlusswort eine gewisse Reue.

Worum ging es in diesem Prozess?

Das Trio hatte eine Genossenschaft gegründet, die den Mitgliedern eine satte Rendite über ihre Beteiligung an Immobilien versprach. Die Beträge, die von den Genossenschaftsmitgliedern bezahlt wurden, sollten in Immobilien investiert werden. Es wurde versprochen, dass die Erträge dieser Immobiliengeschäfte ausgeschüttet werden sollten. Doch es kam anders. Die WSW eG erwarb in der fraglichen Zeit nur überschaubaren Immobilienbesitz. Dagegen zahlten sich die Aufsichtsräte üppige Aufwandsentschädigungen.

Gegen das Trio wurde im März 2022 Haftbefehl erlassen. Nach kurzer Untersuchungshaft wurde der Jüngste der Prozessbeteiligten auf freien Fuß gesetzt, Ende 2023 der Aufsichtsratsvorsitzende. Die Aufsichtsrätin, die als treibende Kraft angesehen wurde, blieb bis zum Prozessende in U-Haft.

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