Ein Silvester-Kracher zu viel: Pannenministerin Christine Lambrecht vor dem Abflug

Weiden/Berlin. Von wegen: „Die Verteidigungsministerin klebt noch stärker am Amt als so mancher auf der Straße“, wie Markus Söder noch beim Neujahrsempfang der CSU in Weiden kalauerte. Christine Lambrecht steht offenbar vor dem Rücktritt – zur Erleichterung von MdB Albert Rupprecht.

Am Silvesterabend verkündete Verteidigungsministerin Christine Lambrecht mitten im Berliner Feuerwerkslärm, dass sie im Ukraine-Krieg tolle Begegnungen hatte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (links) und Weidens Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht (beide CSU) forderten ihren Rücktritt. Screenshot/Bilder: Original-Video/Jürgen Herda

„Es ist gut, wenn Frau Lambrecht einsieht, dass sie der Aufgabe als Verteidigungsministerin nicht gewachsen ist und zurücktritt“, sagt der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht (CSU) am Samstag zu OberpfalzECHO. „Kritisch ist, dass Bundeskanzler Scholz dem wochenlang zugeschaut hat und nichts unternommen hat.“

Nach einem Jahr Ampel-Regierung sei Rupprechts Zwischenfazit: „Eine wirre Ministerriege und ein Kanzler, der nicht führt. Wenn die so weitermachen, besteht die Gefahr, dass Deutschland absteigt.“

Rücktritt kommende Woche?

Als erstes Medium verkündete „BILD“ am Freitag: Christine Lambrecht (57, SPD) habe sich entschlossen, als Verteidigungsministerin zurückzutreten, wie das Blatt aus mehreren Quellen erfahren haben will. Die „SZ“ bestätigte am Freitagabend den „BILD“-Bericht unter Berufung auf das Umfeld der Ministerin. Demzufolge wolle Lambrecht ihr Amt bereits kommende Woche niederlegen.

Die Initiative, das Amt abzugeben, komme von ihr selbst. Kanzler Olaf Scholz habe keinen Druck ausgeübt. Über ihre Nachfolge werde bereits intern beraten. Letzter Tropfen, der das Fass offensichtlich zum Überlaufen brachte, war Lambrechts von allen Seiten kritisierte Ansprache vor einem Silvesterfeuerwerk. Die Folge: Bei der aktuellen INSA-Umfrage landet die Ministerin auf dem letzten Platz von 20 Politikern – unbeliebter als die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla.

Wehrbeauftragte als Nachfolgerin im Gespräch

Als mögliche Nachfolgerin wird Eva Högl gehandelt, die allerdings Kanzler Scholz bisher nicht für ministrabel gehalten haben soll. Die Wehrbeauftragte der Bundesregierung saß von 2009 bis 2020 für die SPD im Bundestag, teilweise als Fraktionsvize. Sie würde mit einer Hypothek in das neue Amt starten: Schon ihre Nominierung als Wehrbeauftragte wurde kritisiert, weil sie sich in ihrer politischen Laufbahn kaum mit der Bundeswehr befasst hatte.

Im Zuge von Enthüllungen über Rechtsextremisten im Kommando Spezialkräfte schlug Högl vor, zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Truppe die Wehrpflicht wieder einzuführen. Sie nannte in diesem Zusammenhang die Aussetzung der Wehrpflicht einen „Riesenfehler“. Ihr Vorschlag stieß auf breite Kritik, auch aus ihrer eigenen Partei.

Außenseiterchancen

Högls Vorteil: Man sagt ihr nach, die Strukturen der Bundeswehr inzwischen zu kennen und mit dem kaputt gesparten Militär umgehen zu können. Im Ukraine-Krieg bezog sie klarer Position für Waffenlieferungen als Lambrecht. In der Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine unterstützt sie den Wunsch Kiews nach Leopard-Panzer, die der Ukraine „entscheidend helfen“ könnten.

Der Parlamentarischen Staatssekretärin im Verteidigungsressort, Siemtje Möller, werden lediglich Außenseiterchancen auf die Lambrecht-Nachfolge eingeräumt. Sie kenne das Ressort und habe zuvor Erfahrungen im Verteidigungsausschuss gesammelt. Das Management der Zeitenwende trauen ihr aber nur wenige zu.

Noch geringer seien die Chancen von Rebecca Schamber und Marja-Liisa Völlers, beide Mitglieder im Verteidigungsausschuss. Scholzens Dilemma: Er hat vor Amtsantritt eine paritätische Besetzung seines Kabinetts versprochen. Ernennt er nicht abermals eine Frau, müsste er – mitten im ukrainisch-russischen Krieg – eine komplizierte Kabinettsumbildung in Angriff nehmen.

Chronologie des Scheiterns

  • Dezember 2021: Christine Lambrecht räumt ein, sie kenne die Bundeswehr-Dienstgrade nicht – darin hat sich auch fünf Monate später nichts geändert.
  • Januar 2022: Lambrecht verkündet angesichts der rund 200.000 russischen Soldaten vor den Grenzen der Ukraine die Lieferung von 5000 Helmen – eine internationale Lachnummer.
  • Mitten im Krieg ist sie sich nicht zu schade, sich gegen Medienberichte zur Wehr zu setzen, sie habe das Foto ihres Sohnes im Bundeswehr-Helikopter selbst geknipst – bis ein Gericht sie dazu zwang.

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