Filmemacherin Christina Baumer bringt die Oberpfalz ins Kino [mit Video]

Waldsassen. Man kennt sie aus dem Münchener Tatort: Die Rolle als Pornodarstellerin in „Hardcore“ bringt Christina Baumer den Durchbruch als Schauspielerin. Die heute 36-jährige Triebendorferin mit den leuchtend roten Haaren will aber mehr: ihre eigene bayerische Komödie und die erste Oberpfälzer Produktionsfirma.

Auf Drehortsuche mit der Produzentin: Architekt Markus Braun schließt eines der ältesten Wirtshäuser der Stadt auf. „Es steht seit langem leer“, sagt der zweite Vorsitzende des Kunsthauses Waldsassen. Wirtshaussterben eben. Genau der richtige Schauplatz für eine schwarze bayerische Komödie, die eben keine Bilderbuchklischees zeigen will.

Kommt nächstes Jahr das Spielfilmdebüt

Braun hat den Auftrag das historische Gebäude am Johannisplatz zu sanieren. Christina Baumer will den bayerischen Film modernisieren, eine Oberpfälzer Filmproduktion ins Leben rufen. Arbeitstitel Opfiwood. „Ich will nächstes Jahr mein Spielfilmdebüt drehen“, erklärt die Oberpfälzerin, „deshalb sind wir unterwegs auf Motivsuche.“ In Oberbayern würde schon genug gedreht. „Ich möchte, dass die Oberpfalz auch dabei ist.“

Schon jetzt mit dabei: Mutter Ulla Baumer, auf deren Geschichte der Plot des Films, der im fiktiven Hundsling spielen wird, beruht. „Meine Mama ist Produktionsassistentin und wird eine kleine Rolle spielen“, sagt sie vorm Eingang „Zum Untern Malzer“. „Und etz geh’ma mal rei und schau’n uns des aa.“

Christina (rechts) und Mutter Ulla Baumer vor dem Wirtshaus  in Waldsassen. Bild: Jürgen Herda
Christina (rechts) und Mutter Ulla Baumer vor dem Wirtshaus in Waldsassen. Bild: Jürgen Herda
Christina Baumer (vorne) ist begeistert von dem zünftigen Wirtshaus mit Oberpfälzer Patina. Bild: David Trott
Christina Baumer (vorne) ist begeistert von dem zünftigen Wirtshaus mit Oberpfälzer Patina. Bild: David Trott
Christina Baumer ist begeistert. Bild: David Trott
Christina Baumer ist begeistert. Bild: David Trott
Christina (rechts) und Mutter Ulla Baumer vor dem Wirtshaus  in Waldsassen. Bild: Jürgen Herda
Christina Baumer (vorne) ist begeistert von dem zünftigen Wirtshaus mit Oberpfälzer Patina. Bild: David Trott
Christina Baumer ist begeistert. Bild: David Trott

Wirtshauskrieg in Hundsling

„Des is cool, ey“, sagt sie strahlend mit Blick auf die antiquierte Holzvertäfelung. „Was mir tatsächlich gefällt ist, dass wir so ein typisches bayerisches Wirtshaus brauchen, das ein wenig heruntergekommen ist.“ Hundsling, ein Ort, zwei Wirtshäuser, rivalisierende Wirte, ein hinterfotziger Bürgermeister. „Die Tochter kommt heim und ist entsetzt vom Zustand des Wirtshauses ihres Vaters – von dem her finde ich das hier schon richtig cool“, fährt sie mit dem Finger über eine Tischplatte, „da würde ich den Staub einfach so lassen, wie’s is.“ Oberpfälzer Patina.

Sie holt ein schlieriges Glas aus einer Vitrine: „Für so was braucht man eigentlich einen Szenenbildner, der würde kommen und das einrichten – hier würde ich den Besitzer einfach sagen: Putzen müssen Sie nicht.“ Auch wenn die Produzentin noch mehrere Objekte besichtigt: „Ich kann mir’s hier herinnen gut vorstellen.“ Die Vorfreude steigt.

Bierdimpfel-Rolle zu besetzen

Mit Kennerblick in die gute Stube sieht sie vorm geistigen Auge die letzten Bierdimpfel, die noch nicht zur zuagroast’n Konkurrenz übergelaufen sind:. „Ich stell mir einen vor, der immer so im Eck hockt, in sein Norgerl Bier starrt, und nur immer wieder mal ruft, ,wos is’?“ Die anspruchsvolle Laienrolle ist übrigens noch zu haben. „Da machen wir ein Casting.“

Zu besetzen sind auch Actionszenen für zünftige Wirtshausraufereien zur Filmmusik von Martin Gerke. „Der ist bisher vor allem im Dokumentarbereich unterwegs“, erklärt Baumer, „deshalb macht er uns die Musik kostenlos.“ Solche Kontakte seien Gold wert. „Ich kann’s mir nicht leisten, einen Filmkomponisten zu zahlen.“ Win-win-Situation. „Solche Leute brauche ich, die etwas können, und auf eine Chance hoffen, das zu zeigen – dann bitte gerne melden.“

In der ehemaligen Metzgerei geht die Horror-Fantasie mit Christina Baumer durch. Bild: Jürgen Herda

Metzgerei beflügelt Horror-Fantasie

Vorsichtig schleicht die Filmemacherin durch den verwinkelten Korridor, der zu einem grellen, gekachelten Raum führt. „Das ist die alte Metzgerei“, zeigt sie Ortskenntnis, „wenn ich so was als Drehbuchautorin sehe, da spinnt mein Kopf rum, ob wir da nicht noch eine Szene einbauen.“ Könnte aber auch Schauplatz eines späteren Thrillers werden, denkt die Horror-Fanin laut (lachend) nach.

„Da hinten könnte man noch ein Schwein hinhängen.“ Das liebt sie an ihrer kreativen Arbeit: „Da rattert’s bei mir im Kopf.“ Auf einem Stapel Bierbänke hängt skurril ein neongrünes Kinderrad rum. Stephen Kings böser Clown lässt grüßen. Kuriose Skulpturen stehen verloren herum. Illegaler Kunsthandel steht gedanklich im Raum.

Geschichte aus dem Ärmel geschüttelt

Die Gastlichkeit hält sich in diesem herabgewirtschafteten Gasthaus wie im späteren Film in Grenzen. Es folgt ein Stammtisch-Gespräch über die Entstehungsgeschichte bei frostigen Temperaturen. „Vor fünf Jahren hat mich meine Tochter angerufen, ich soll ihr für die 500-Jahrfeier Braurecht für Baron von Gemmingen eine Wirtshausgeschichte schreiben, weil sie einen szenischen Vorleseabend gestalten soll“, erzählt Mutter Ulla amüsiert.

„Ich kann nicht einfach eine Geschichte aus dem Ärmel schütteln“, gab sie sich erst einmal widerspenstig. Und schüttelte dann doch eine Woche vor der Aufführung. Just in time. „Die ist irgendwie so Sonntagfrüh von 6 Uhr bis 9 Uhr in drei Stunden entstanden.“ Morgenstund’ hat eben nicht nur Gold im Mund. „Diese Geschichte will Christina jetzt verfilmen.“

Im düsteren Dachboden lauert Stoff für Christina Baumers ersten Thriller. Bild: Jürgen Herda

So macht man Film

  • Der Plot? „Ich darf natürlich nicht den ganzen Inhalt verraten“; sagt Produzentin Christina Baumer glucksend, „sonst geht hinterher keiner mehr ins Kino.“ Aber immerhin: Zwei Wirte, der alteingesessene und ein zugereister Ossi. Rivalität bis aufs Lackerl Blut.
  • Schauspieler? „Einige stehen fest“, sagt Baumer, „ich selbst werde die Hauptrolle spielen, die Magdalena, die Tochter des Oberpfälzer Wirts. Sie will das Erbe ihrer Mutter retten. Eine „Romeo und Julia auf dem Dorfe“-Story bahnt sich an. „Wie sollte es anders sein, es gibt natürlich auch noch eine Liebesgeschichte.“ Es würde halt schon ziehen, wenn zwei der Hauptdarsteller einen Namen hätten: „Ich denk’ an Andreas Giebel.“ Unser Wunsch: Josef Bierbichler … „Wäre auch sehr, sehr geil“, stimmt sie zu. „Für Luise Kinseher hätte ich eine Rolle als Bedienung im sächsischen Wirtshaus – eine treulose Tomate.“
  • Das Haar in der Suppe? „Ein bösartiger Bürgermeister, der den Ort intrigant weiterentwickeln will.“
  • Vorbilder?Rita Falks Eberhofer-Krimis.“ Und das tief schwarzhumorige Hindafing mit dem Crystal-schnupfenden Maximilian Brückner als korrupten Bürgermeister.
  • Der Regisseur? Noch offen, Quentin Tarantino und Sofia Coppola aufgehorcht! „Wenn sich jemand Bekanntes meldet, ob Regisseur oder Regisseurin, wär’s natürlich der Wahnsinn“, sagt Baumer, „ansonsten denke ich an eine Abschlussarbeit für die Filmhochschule – eine Studentin zu finden, die dann ihr Filmdebüt daraus macht.“
  • Die Finanzierung? „Ich hätte wahnsinnig gerne eine Million Euro für den Film“, malt sie eine Zahl in die staubige Luft. Aber für ein Debüt Geld zu sammeln sei halt nicht so leicht. „Im schlechtesten Fall drehe ich mit dem Geld, das ich habe.“ Richtig cool gehe es schon mit 60.000 Euro. Mit 150.000 Euro wäre alles safe.
  • Benefit für Sponsoren? Außer dem ideellen Wert, eine Oberpfälzer Produktion zu unterstützen, gibt es die Möglichkeit dezenter Produktplatzierungen. „Ich kann’s am Beispiel der Schlossbrauerei Friedenfels schildern, weil der Herr Baron unser Schirmherr ist – wenn der eine Wirt dem anderen die Bierlieferung klaut, werden das natürlich Friedenfelser Bierkisten sein.“ Charmant möchte sie die Werbung verpacken, „schön in den Film dramaturgisch einarbeiten, damit es nicht blöd rüberkommt“. Wenn jemand ein Produkt hat, das gut reinpasst: „Bitte melden!“
  • Noch mehr Mehrwert? „Corporate Placement ist groß im Kommen“, verrät die Produzentin. „Da würde ich mir als Drehbuchautorin was einfallen lassen.“
  • Zeitlicher Ablauf? „In der besten aller Welten werden wir bis Sommer das Drehbuch fertigstellen, Casting, Besetzung, im Oktober dann die Filmförderung in München einreichen, dann bis Herbst so viel Sponsoren, um sicher zu sein, ich hab’ genug Geld – und dann würden wir im Juni 2023 drehen.“
  • Was kommt als nächstes? Bei Erfolg, Fortsetzung: „Dann drehe ich mit dem Geld sofort den nächsten.“ Horrorthriller in der Metzgerei? „Lass dich überraschen!“

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