Generationswechsel im SPD-Unterbezirk: Simon Grajer ist Nachfolger von Uli Grötsch

Tirschenreuth. Kämpferisch und stark verjüngt geht der SPD-Unterbezirk in die nächsten Jahre. Beim Parteitag am Samstag wählten die Delegierten den erst 26 Jahre alten Weidener Simon Grajer als Nachfolger von Uli Grötsch zu ihrem neuen Vorsitzenden.

Der 26-jährige Simon Grajer ist neuer SPD-Unterbezirksvorsitzender. Foto: Udo Fürst

Es war eine echte Überraschung für viele Delegierte bei der Unterbezirkskonferenz am Samstag im Restaurant Seenario in Tirschenreuth. Mit Simon Grajer vom Ortsverein Weiden-Neunkirchen zauberten die Verantwortlichen einen Politiker aus dem Hut, der aber schon reichlich Erfahrung auf dem Polit-Sektor gesammelt hat: Der Rechtsreferendar am Oberlandesgericht Nürnberg war drei Jahre JuSo-Bezirksvorsitzender und tritt als “Huckepack-Kandidat” gemeinsam mit dem Oberpfälzer SPD-Spitzenkandidaten Thomas Rudner bei der Europawahl im Juni an. Grajer ist damit Nachfolger von Uli Grötsch, der seit März Bundes-Polizeibeauftragter ist.

Grötsch dankt für großes Vertrauen

Bei seiner Abschiedsrede warb der scheidende UB-Vorsitzende Uli Grötsch für Grajer: “Simon wird als Politiker gemocht und respektiert. Das ist eine seltene Konstellation in der Politik.” Nach seiner Überzeugung gehe es dem Weidener um die Sache und um die Zukunft der SPD und nicht um persönliche Interessen. Grajer bringe die besten Voraussetzungen für dieses Amt mit, sei politisch hervorragend ausgebildet und habe als JuSo-Bezirksvorsitzender, JuSo-Landesvorstandsmitglied, Schriftführer im Unterbezirk und Europa-Kandidat schon reichlich Erfahrungen gesammelt. Grötsch: “Ich bin überzeugt, Simon kann das.”

Zuvor hatte sich Uli Grötsch bei den Genossinnen und Genossen für das Vertrauen bedankt, das ihm in den mehr als zehn Jahren seiner Arbeit im Unterbezirk und im Bundestag entgegengebracht worden sei. “Als ich 2013 in dieses Amt gewählt wurde, war das Land noch ein anderes.” Themen wie Flüchtlingssituation, Corona, Ukraine-Krieg und Energiekrise hätten Deutschland enorm herausgefordert. “Unsere Regierung hat all das sehr gut gemeistert und niemand im Regen stehen lassen. Ich bin froh, dass wir einen solch umsichtigen Kanzler haben und ich will mir gar nicht vorstellen, wie all das unter einer CDU/CSU-Regierung gelaufen wäre.”

Zweitgrößter SPD-Unterbezirk in Bayern

Derzeit werde die SPD wieder einmal totgesagt, doch man habe wiederholt bewiesen, dass dies nicht so sei. “Wir sind wer als SPD, auch in der Nordoberpfalz.” Der Unterbezirk Weiden-Neustadt-Tirschenreuth sei hinter München nach wie vor der zweitgrößte in Bayern. Und Sozialdemokraten seien vor allem in der Lokalpolitik mit ihren Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten stark verwurzelt in der Region. “Wir sind wie eine große Familie und nicht wie andere eine reine Zweckgemeinschaft.” Die Delegierten dankten Uli Grötsch mit langanhaltendem Beifall für seine Abschiedsworte.

Engagiert, fundiert, kritisch

Sollten manch ältere Delegierte über den Kandidaten Simon Grajer anfänglich noch etwas überrascht und vielleicht sogar skeptisch gewesen sein, änderte sich das spätestens mit der Bewerbungsrede des Weidener Jung-Politikers. Fundiert, engagiert und durchaus selbstkritisch sprach Grajer über die Situation seiner Partei und des Landes. “Auch die SPD ist nicht mehr die von vor zehn Jahren. Wir haben in dieser Zeit ein Drittel unserer Mitglieder verloren, auch weil sich junge Menschen zwar mehr denn für Politik, nicht aber für Parteien interessieren.” Viele Menschen sorgten sich vor allem um ihre Sicherheit, doch sei diese nicht durch “Law&Order” zu erreichen, sondern nur durch bessere Bildung, Gesundheitsvorsorge und Lebensqualität zu erreichen.

“Heute rüttelt eine neofaschistische Partei an den Grundfesten der Demokratie und verschiebt Grenzen. Die SPD ist der Gegenpol dazu, wir sind das Bollwerk gegen Rechts. Wir kämpfen für die soziale Sicherheit und gegen eine Umverteilung von Unten nach Oben.” Der FDP warf er vor, die Leistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land mit ihrer Politik zu verhöhnen. “Die stehen auf der Zukunftsbremse.” Um die Zukunftschancen für alle zu gewährleisten, müsse die Schuldengrenze europaweit reformiert werden. “In der Krise muss investiert werden.” Simon Grajer scheute auch vor Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz nicht zurück: “Bei allem Respekt vor seiner Arbeit. Da ist noch Luft nach oben.”

“Hervorragende SPD-Abgeordnete”

Er sei 2014 online in die Partei eingetreten und wolle als Vorsitzender alles dafür tun, im Unterbezirk mit einem noch zu findenden Kandidaten an die Tradition der hervorragenden SPD-Bundestagsabgeordneten Franz Zebisch, Ludwig Stiegler, Werner Schieder und Uli Grötsch anknüpfen zu können. Für die Europawahl warb Grajer: Jede Stimme für die SPD ist eine Stimme gegen Rechts.” Kein gutes Haar ließ Grajer am CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber. “Der Mann schert sich einen Dreck um die Brandmauer und ist bereit, mit den Rechten in Europa fast jeden Pakt zu schnüren.”

Vorgänger und Nachfolger: Uli Grötsch (links) und Simon Grajer. Foto: Udo Fürst
Vorgänger und Nachfolger: Uli Grötsch (links) und Simon Grajer. Foto: Udo Fürst
Der neue SPD-Unterbzirksvorstand (von links): Kassierer Dominik Brütting, Schriftführerin Monika Waldeck, Bezirksvorsitzende Carolin Wagner, UB-Vorsitzender Simon Grajer, die Stellvertreter Nicole Bäumler und Uli Roth, Uli Grötsch. Foto: Udo Fürst
Der neue SPD-Unterbzirksvorstand (von links): Kassierer Dominik Brütting, Schriftführerin Monika Waldeck, Bezirksvorsitzende Carolin Wagner, UB-Vorsitzender Simon Grajer, die Stellvertreter Nicole Bäumler und Uli Roth, Uli Grötsch. Foto: Udo Fürst
Vorgänger und Nachfolger: Uli Grötsch (links) und Simon Grajer. Foto: Udo Fürst
Der neue SPD-Unterbzirksvorstand (von links): Kassierer Dominik Brütting, Schriftführerin Monika Waldeck, Bezirksvorsitzende Carolin Wagner, UB-Vorsitzender Simon Grajer, die Stellvertreter Nicole Bäumler und Uli Roth, Uli Grötsch. Foto: Udo Fürst

Traumergebnis für Simon Grajer

Die von Grajers Rede sichtlich beeindruckten 47 Delegierten belohnten den Weidener mit einem Traumergebnis bei der von Nicole Bäumler geleiteten Neuwahl: 100 Prozent Jastimmen waren so etwas wie ein Rekord im Unterbezirk. “Ich bedanke mich in aller Demut für dieses großartige Ergebnis”, sagte der neue Vorsitzende sichtlich beeindruckt. Als Stellvertreter wurden die Landtagsabgeordnete Nicole Bäumler (46 Stimmen), Uli Roth (46) und Christopher Birner (43) gewählt. Jeweils einstimmige Voten bekamen Kassierer Dominik Brütting, Schriftführerin Monika Waldeck, die Organisationsbeauftragten Gustav Sperber, Heinrich Rewitzer, Edwin Ulrich und Hildegard Ziegler, die Internetbeauftragten Michael Das und Sarah Lehner, 60+-Vertreter Helmut Fastner, SPD-Frauenvertreterin Petra Thomas und JuSo-Vertreter Benjamin Meister. Revisoren sind Johanna Krauß, Sonja Schreglmann und Alfred Schuster.

Ferner wurden 18 Beisitzer/innen für den UB-Vorstand, 42 Delegierte für den Bezirks- und 14 Delegierte für den Landesparteitag gewählt. In seinem Grußwort ging Gunar Prauscke vom gastgebenden Ortsverein Tirschenreuth auch auf die Krankenhaus-Problematik in der Region ein und kritisierte das Vorgehen einiger Verantwortlicher: “Wenn ein Mandatsträger die Wahrheit sagt, wird er wie im Mittelalter vor ein Tribunal gestellt.” Bezirksvorsitzende Carolin Wagner gab einen kurzen Bericht über die Regierungsarbeit in Berlin (“unglaublich herausfordernd in Krisenzeiten”) und kritisierte den Koalitionspartner FDP und die CDU-Opposition, die sich gegen die “unerlässliche Reform der Schuldenbremse” sträubten. “Die SPD will das Beste für unser Land in der schwierigsten Koalition, die man sich nur vorstellen kann.”

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