Uli Grötsch ist der neue Polizeibeauftragte des Bundes

Weiden/Berlin. Der Weidener SPD-Abgeordnete Uli Grötsch ist der erste Bundespolizeibeauftragte. Wer wird sein Nachfolger im Bundeswahlkreis Weiden?

Der neue Polizeibeauftragte des Bundestags: Uli Grötsch. Foto: Henning Schacht

Uli Grötsch ist der erste Bundespolizeibeauftragte Deutschlands. Am Donnerstag wählte der Bundestag mit der Mehrheit der Koalition den gebürtigen Waidhauser an die Spitze des neu geschaffenen Amtes. Auch die Aufgaben des bisherigen SPD-Bundestagsabgeordneten stehen fest. Der unabhängige Polizeibeauftragte auf Bundesebene soll zum Beispiel Vorwürfe von Racial Profiling und übermäßiger Polizeigewalt untersuchen.

Uli Grötsch kennt beide Seiten – das Leben als Polizist und das als Bundestagsabgeordneter. Es ist einer der Gründe, weshalb die Ampelfraktionen den SPD-Politiker am Donnerstag zum Polizeibeauftragten des Bundes gewählt hat. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vor- und für die neue Behörde einen Etat von circa 1,6 Millionen Euro jährlich festgelegt.

SPD-Unterbezirk sucht Nachfolger

So sehr die neue Aufgabe dem ehemaligen Polizisten Grötsch auf den Leib geschneidert sein mag, so problematisch ist sie für den SPD-Unterbezirk Weiden-Neustadt-Tirschenreuth. Die Genossen müssen nämlich einen Nachfolger für Grötsch finden, der dem Bundestag wegen seiner neuen Funktion ab sofort nicht mehr angehören wird. Für die Entscheidungsfindung haben die Kreise mittlerweile drei Konferenzen anberaumt. Ob diese aber tatsächlich stattfinden, ist ungewiss, weil sich bisher noch niemand offiziell für die Nachfolge Grötschs beworben hat. Gleichzeitig müssen die Sozialdemokraten auch einen neuen Unterbezirksvorsitzenden suchen.

In einem Brief an alle Mitglieder im Unterbezirk erklärt der Waidhauser seinen Schritt. Unter anderem schreibt er: “So sehr es mir eine große Ehre ist, in den kommenden Jahren als Polizeibeauftragter in herausgehobener Position in einem Kernbereich unseres Landes zu arbeiten, so sehr war es mir jeden Tag eine Ehre, in den letzten zehn Jahren Euer Bundestagsabgeordneter zu sein.” Aus seiner Aufgabe ergebe sich auch der Verzicht auf eine weitere Kandidatur bei der Bundestagswahl im Herbst 2025 sowie ein Rückzug vom Amt des Unterbezirksvorsitzenden beim im April stattfindenden UB-Parteitag mit Neuwahlen. “Damit verbunden ist automatisch die Frage nach meinem Nachfolger als UB-Vorsitzender und Bundestagskandidat für 2025.” Aufgrund der personellen Konstellation in der Oberpfalz-SPD mit zwei amtierenden Frauen als Bundestagsabgeordnete (Carolin Wagner und Marianne Schieder) müsse man zwingend mit einem männlichen Kandidaten antreten, wenn man eine Chance haben wolle.

Für Grötsch rückt die SPD-Abgeordnete Heike Heubach aus Stadtbergen bei Augsburg in den Bundestag nach. Sie wird die erste gehörlose Abgeordnete im Parlament sein.

“Zunächst Vertrauen gewinnen”

Uli Grötsch wird sein neues Amt schon am Freitag antreten. Damit sei zwingend ein Umzug nach Berlin verbunden. Seine Wohnung in Weiden hat der Polizeibeauftragte deshalb bereits abgemeldet. Was sieht der ehemalige bayerische Polizeibeamte (19 Jahre lang) als seine erste Aufgabe? “Ich will zunächst mal Vertrauen gewinnen – bei Polizei, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und allen Bürgerinnen und Bürgern.” Polizeibeamte setzten sich jeden Tag mit ganzer Kraft für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein und schützten die Verfassung. Leider gebe es aber auch Beamte, die das nicht so sähen und die Demokratie beschädigten. “Dieser Fehlentwicklung werde ich mit ganzer Kraft entgegenwirken.”

Was bleibt ihm rückblickend auf seine Arbeit als Bundestagsabgeordneter am positivsten in Erinnerung? “Dass ich vielen Bürgerinnen und Bürgern bei ihren Anliegen helfen konnte. Außerdem mitzuhelfen, dass wir in unserer Region die Coronazeit und die Energiekrise gut überwunden haben.” Außerdem sei ihm stets die Förderung wichtiger Projekte ein Anliegen gewesen. Hier nennt Grötsch als Beispiel das Kloster Speinshart, wo der Bund mit vielen Millionen Euro mithelfe, einen internationalen Wissenschaftsstandort aufzubauen.

Wahl auf fünf Jahre geplant

Der Polizeibeauftragte wurde auf fünf Jahre gewählt und soll vollkommen unabhängig sein. Er wird Beschwerden über das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und die Polizei des Bundestags prüfen. Beschwerden können nicht nur betroffene Bürger/innen erheben, sondern auch Polizist/innen, die sich von ihren Vorgesetzten schlecht behandelt fühlen. Der Beauftragte soll zudem ein „Selbstbefassungsrecht“ haben und damit auch auf Medienberichte reagieren können. Prüfen soll er jeweils, ob der Einzelfall auch auf strukturelle Probleme hinweist.

Alle Behörden müssen dem Beauftragten Auskunft geben, so die Vorgabe. Der Beauftragte wird auch ein Akteneinsichtsrecht erhalten. Zudem kann er parallel zu straf- oder disziplinarrechtlichen Verfahren ermitteln. 

Uli Grötsch war von 2017 bis 2021 Generalsekretär der Bayern-SPD, sitzt seit elf Jahren im Bundestag und gilt als erfahrener Innenpolitiker. Der Waidhauser beschäftigt sich schon lange mit der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste. Kollegen loben den Oberpfälzer parteiübergreifend als ausgleichend und kollegial. Und: Der 48-Jährige ist selbst Polizist. Jahrelang fahndete er an der Grenze zu Tschechien nach Schleusern und Kriminellen. Grötsch ist Mitglied in Vereinen zur Stärkung der Demokratie und zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus.

„Aus der Mitte des Bundestags“

Der geplante Gesetzentwurf kommt „aus der Mitte des Bundestags“, also von den Ampel-Abgeordneten. Das ist bei Gesetzen üblich, die Einrichtungen des Bundestags betreffen. Der Polizeibeauftragte wird im Eckpunktepapier als “Hilfsorgan des Bundestags” bezeichnet.

Unabhängige Polizeibeauftragte gab es zuerst in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien. Inzwischen haben außer dem Saarland und Bayern auch alle Bundesländer eigene Polizeibeauftragte.

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