Unsere Bürgermeister (11): Bernd Sommer, Erneuerer des Welterbe-Standorts Waldsassen

Waldsassen. Kleinstadt ganz groß: Mit der Glashütte Lamberts hat Waldsassen bereits ein UNESCO-Welterbe. Als Klosterstandort könnte das Stiftland-Zentrum erneut geadelt werden. Bürgermeister Bernd Sommer betrachtet die Siedlungsgeschichte der Zisterzienser sogar als Keimzelle Europas.

Bürgermeister Bernd Sommers Lieblingsplatz in Waldsassen: Zwischen Rathaus und Basilika. Foto: David Trott

Der Lieblingsplatz von Bürgermeister Bernd Sommer ist kein konkreter Ort. Was Waldsassen in seinem Innersten zusammenhält, ist vielmehr das Areal rund um Kirche, Kloster und Rathaus: „Ich habe ja einen Blick vom Rathaus direkt zur Basilika“, sagt der 55-Jährige.

„Ab und an, wenn mal eine Sekunde Zeit ist, genieße ich den Blick auch – hier am Platz oder auch in der Basilika, zu jeder Tageszeit kann man ja rein. Diese Ruhe, diese Pracht!“  Oder auch im oder rund ums Kloster: „Was mich ganz besonders freut ist das Areal um das Kloster herum, diese Landschaft, da tanke ich auf.“

Für Sommer ist die Stiftsbasilika mit Deutschlands größter Kirchen- und Klostergruft und dem umfangreichsten barocken Reliquienschatz nördlich der Alpen mehr als eine kulturhistorische Zierde der Klosterstadt. „Wir sind 17 Klosterstandorte in fünf Ländern“, erklärt der Bürgermeister eine transnationale Initiative, „gemeinsam wollen wir die Siedlungsgeschichte der Zisterzienser als gemeinsames europäisches Kulturerbe anerkennen lassen.“

„Daumen drücken“

In den nächsten Wochen könnte bereits weißer Rauch für die Anerkennung aufsteigen: „Bitte Daumen drücken.“ Verdient hätten Waldsassen und die anderen Klosterstädte wie Cîteaux (Frankreich), Plasy (Tschechien), Wągrowiec (Polen) oder Stična (Slowenien) das Siegel allemal – denn die Orden haben nicht nur ihre jeweiligen Standorte geprägt: „Die Mönche haben damals Europa mitentwickelt, haben die Wertewelt gelegt, in der wir heute leben.“

Sie hätten in verschiedenen Sprachen gesprochen, sich den Gegebenheiten der jeweiligen Region angepasst: „Der eine hat Weinbau betrieben, andere haben Korn angebaut, bei uns haben sie Fischzucht betrieben – und dann sind sie immer zusammengekommen zum Generalkapitel und haben nach gemeinsamer christlicher Wertewelt gelebt.“ Mit anderen Worten: die Keimzelle des heutigen Europas.

Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott

Viele Sprachen, gemeinsame Werte

„Wir haben unterschiedliche Sprachen, wir leben unterschiedlich, aber uns eint diese christlich geprägte Wertewelt, die Sehnsucht nach Frieden, nach Verteidigung der Außengrenzen – wir leben anders, trotzdem sind wir eins.“ Dieses gemeinsame Fundament wolle man anerkennen lassen: „Ohne diese Siedlungsgeschichte wären wir in der Welt ärmer.“ Sommer ist überzeugt: „Gäbe es diese Siedlungsgeschichte nicht, gäbe es Europa in der Form heute nicht.“

Diese historische Weltoffenheit der Orden wirkt bis heute nach: „Das Kloster hat enge Beziehungen nach Italien, nach Verona.“ Dort gebe es sogar einen Freundeskreis des Klosters Waldsassen. „Die haben damals der Äbtissin diesen Brunnen geschenkt“, zeigt er auf das marmorne Bauwerk mit der Taube obendrauf: „Auch die kommt aus Verona.“ Waldsassen sei europäisch stark verzahnt: Die Stadt hat Partnerschaften mit Marcoussis in Frankreich, Chodov in Tschechien und Pencoed in Wales: „Der Brexit hat der Freundschaft keinen Abbruch getan, die Gäste und die Freunde kommen auch dieses Jahr wieder zu uns.“

Neues Weltzentrum der Glaskunst

Einen internationalen Gästestrom erwartet Sommer auch nach der UNESCO-Welterbe-Auszeichnung der Glashütte Lamberts und den ambitionierten Sanierungsplänen unter Leitung des Tirschenreuther Stararchitekten Peter Brückner: „Da sollen ja die weltweit lebenden Glaskünstler an einem Ort ein Kunstwerk als Fenster einbauen“, freut sich der Bürgermeister. „Soweit ich weiß, arbeitet normalerweise immer nur ein Künstler an einem Gebäude.“

Die Größen der zeitgenössischen Kunst haben laut Eigentümer Rainer Schmitt bereits zugesagt: „Markus Lüpertz, Imi Knoebel, Bryan Clarke, Guy Kemper oder Ursula Jüngst.“ Man wolle die Glashütte für den Tourismus öffnen, die traditionelle Glasfabrikation den Menschen näherbringen. „Dass sich alle an einem Ort verewigen, ist einzigartig“, schwärmt Sommer. „Da entsteht wirklich etwas ganz was Tolles.“

Besser als die Nürnberger Lebkuchen

Keinen Welterbetitel kann bisher die Bäckerei Rosner vorweisen. Dafür wurden die Waldsassener Lebkuchen nicht nur von Gloria von Thurn und Taxis geadelt: „Die Lebkuchen sind einfach besser als die Nürnberger“, bestätigt Sommer das Geschmacksurteil der Fürstin. „Und der Wolfgang und die Karin Neumann, das sind einfach Unikate, die das Produkt auch leben.“

Dabei seien die Lebkuchen nur eines von vielen Delikatessen aus der Manufaktur Rosner: „Sie haben auch Kirchturmspitzen, eines meiner Lieblingsgebäcke im Sommer.“ Auch die Neumanns seien wie Lamberts oder der Fahrrad-Hersteller Ghost Botschafter der Stadt: „Auf die Bäckerei sind wir einfach richtig stolz.“

Blick in Waldsassens Kloster-Café. Foto: Jürgen Herda

An die eigene Nase fassen

Trotz aller Superlative verhehlt Sommer nicht, dass der Einzelhandel auch in Waldsassen zu kämpfen hat. Das geht so weit, dass die Neumanns mit ihrer Lebkuchen-Manufaktur die angestammte Familien-Bäckerei querfinanzieren müssen. „Ich fasse mich da auch an die eigene Nase“, nimmt sich der Bürgermeister ein Beispiel an einer der weltberühmten Skulpturen des Holzbildhauers Karl Stilp in der Stiftsbibliothek. „Aus Bequemlichkeit kauft man gleich im Supermarkt das Brot und bedauert dann, wenn wieder irgendein Geschäft zumacht.“

Das betreffe die Bäckerei Rosner genauso wie die Metzgereien: „Den Friedl, den Thamanigl und wie sie alle heißen und den Malzer genauso wie das Obstgeschäft in der Innenstadt.“ Sommer appelliert an den inneren Schweinehund in uns allen: „Wir müssten dort einkaufen, damit die Geschäfte sich halten.“ Denn die Hersteller handwerklicher Qualität hätten nicht nur die besseren Produkte: „Der Preis, wenn man’s ehrlich vergleicht, ist nicht teurer, im Gegenteil – und ich bekomm’ noch das Gespräch kostenlos dazu, was ja das Leben auch ausmacht.“

Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Bürgermeister Bernd Sommers Lieblingsplatz in Waldsassen: Zwischen Rathaus und Basilika. Foto: David Trott
Bürgermeister Bernd Sommers Lieblingsplatz in Waldsassen: Zwischen Rathaus und Basilika. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Blick in Waldsassens Kloster-Café. Foto: Jürgen Herda
Blick in Waldsassens Kloster-Café. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Bürgermeister Bernd Sommers Lieblingsplatz in Waldsassen: Zwischen Rathaus und Basilika. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: Jürgen Herda
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Waldsassens Bürgermeister Bernd Sommer im Echo-Interview. Foto: David Trott
Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Blick auf die Basilika: Klosterstadt Waldsassen in der Mitte Europas. Foto: David Trott
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Souvenirs aus dem Klosterladen Waldsassen. Foto: Jürgen Herda
Blick in Waldsassens Kloster-Café. Foto: Jürgen Herda

Das muss man in Waldsassen gesehen haben

„Der Tourist muss viel Zeit mitbringen“, empfiehlt Bürgermeister Bernd Sommer, „weil’s in Waldsassen viel zu sehen gibt.“ Klar, das sind zunächst die Sehenswürdigkeiten, an denen kein Weg vorbeiführt. „Die Klosteranlage, die Basilika mit den Heiligen Leibern, die Kappl droben am Glasberg – das sind die Musts.“ In den vergangenen Jahren sind aber auch neue Kleinode entstanden wie das Kunsthaus oder das Kolumbarium des Baukünstlers Markus Braun.

Und für Sommer unbedingt mit dazu gehört ein Spaziergang am Wassererlebnispfad an der Wondreb: „Durch die Fischteiche, durch die Klosterlandschaft, um die benediktinischen Regeln für sich selber zu entdecken.“ Die Lieblingsregel des Bürgermeisters: die Sonntagsruhe-Verpflichtung. „Ich muss mich ausruhen, damit ich sechs Tage die Kraft habe.“ Er selbst arbeite noch daran. Das empfehle er den Gästen: „Geht’s mal raus, da gewinnt’s ihr unheimlich viel für euer Leben.“

Und wer nach dieser Anleitung zu seiner eigenen Mitte gefunden hat, kann schon in Versuchung geraten, gleich auch seinen Lebensmittelpunkt nach Waldsassen zu verlegen. Was spricht dafür? „Weil hier nichts fehlt, was man im Leben sucht, vieles aber auch da ist, was man vielleicht gerne hätte.“ Dazu zähle ein einzigartiges Preis-Leistungs-Verhältnis, Spezialitäten von Bäckern und Metzgern zu erschwinglichen Preisen: „Wir haben alles noch da, wo’s auch noch überall anders schmeckt.“

Dazu gebe es Wohnraum, den man sich noch leisten könne, und die herrliche Landschaft: „Ich bin gleich draußen, habe alle Freizeitmöglichkeiten.“ Und dabei liege man zentral in der Mitte Europas: „Zwei Stunden nach Prag, Dresden oder LeipzigRegensburg liegt dazwischen, München und Nürnberg mit dem gesamten kulturellen Angebot.“

Mit dem Ersparten könne man sich dann auch mal ein schönes Wochenende in einer Metropole gönnen: „Weil allein mit dem, was ich mir an Miete spare, kann ich mir in München noch jede Woche ein, zwei Hotelübernachtungen finanzieren.“ Für jeden Geschmack sei etwas dabei. „Ich habe vieles hier vor Ort oder in der Nähe, in Selb und Hof – also uns geht’s brutal gut.“

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