Unsere Bürgermeister (10): Vohenstrauß‘ Andreas Wutzlhofer und sein zweites Leben

Vohenstrauß. Schlussspurt für Andreas Wutzlhofer: In seiner letzten Amtszeit darf Vohenstrauß‘ Bürgermeister ein rauschendes Fest mit seinen Bürgern feiern: Die 900-Jahrfeier mit fulminantem Musik-Feuerwerk. Für den Ruhestand in zwei Jahren hat der 65-Jährige auch schön zünftige Pläne.

Bürgermeister Andreas Wutzlhofer vor einem seiner Lieblingsorte in Vohenstrauß: Hans Brühls Neo-Renaissance-Rathaus als Hommage an die Friedrichsburg. Foto: David Trott

Auch wenn noch zwei Jahre hin sind bis zum 26. April 2026: Einen sang- und klanglosen Abschied wird es für den Vohenstraußer Bürgermeister nicht geben. Andreas Wutzlhofer hat das verdiente Glück, dass die 900-Jahrfeier der Stadt in seine letzte Amtszeit fällt.

„Im Jahr 1124 weihte Bischof Otto von Bamberg auf dem Weg nach Prag die Wehrkirche zu Vohentretze“, verkündet der Rathauschef, der im Juni seinen 66. Geburtstag feiert. Kleiner Trick: Die romanische Simultankirche steht eigentlich im Ortsteil Altenstadt. Aber wer will schon päpstlicher sein als der Papst?

Man kann es nicht allen recht machen

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, behauptete Udo Jürgens in seinem gleichnamigen Song. „Mit 66, da ist noch lange nicht Schluss.“ Für Andreas Wutzlhofer sind diese humorvoll gemeinten Zeilen keine Selbstverständlichkeit. Seit 16 Jahren ist er bereits erster, zuvor 12 Jahre zweiter Bürgermeister – insgesamt 40 Jahre in der Kommunalpolitik.

40 Jahre Interessenausgleich von Böhmischbruck über das Luhe-Tal bis Waldau: die Erwartung, dass der Bürgermeister in allen Vereinen Präsenz zeigt, Diskussionen über Baugebiete und Wassergebühren, Einsatz für Handel und Gewerbe. Das Höchste an Anerkennung: ein Schulterklopfen. Und weil man es nie allen recht machen kann, braucht man auch noch ein Gemüt wie die alles andere als artgerecht gehaltenen Dickhäuter des „Cirkus Afrika“, dessen Direktor am Rad drehte, weil ihm Wutzlhofer keine Plakate aufhängen ließ.

Bürgermeister Andreas Wutzlhofer im Echo-Interview im Vohenstraußer Rathaus. Foto: David Trott

Zweimal bleibt das Herz stehen

Und dann das: Vor 11 Jahren wäre beinahe alles mit einem Schlag vorbei gewesen: „2013 hatte ich zweimal einen Herzstillstand“, erinnert der CSU-Politiker an das einschneidende Ereignis, das ihm die eigene Endlichkeit vor Augen führte. „Dann kam noch eine Lungenembolie dazu – es war fast ein Wunder, dass ich das schadlos überstanden habe.“ Um einfach aufzugeben, dazu ist Wutzlhofer zu sehr Stehaufmandl. Und mit den Vereinen seiner Großgemeinde verwachsen. In der darauffolgenden Wahl fuhr er mit 84,2 Prozent ein Rekordergebnis ein. Mehr als das übliche „passt scho“ der Oberpfälzer.

Was in Wutzlhofer aber vielleicht dennoch in dieser Phase gärte: Der Gedanke, „War das schon alles?“ Oder kann es noch ein zweites Leben nach der Politik geben? Und was liegt einem Oberpfälzer Genussmenschen näher als die Idee, ein eigenes Wirtshaus aufzumachen. Erst wollte er das Flosser Brauhaus ins ehemalige Lindner-Lagerhaus am stillgelegten Bahnhof locken. „Die Pläne waren schon sehr weit gediehen, weil die in Floß nicht erweitern können.“ Aber dann kam Corona, der Krieg, die Inflation. „Die Luftblase ist geplatzt, die Kalkulation geht jetzt nicht mehr auf.“

Vohenstrauß und die Friedrichsburg aus der Vogelperspektive. Luftbild: Michael Ascherl

Frau Barbara kocht zu gut

Ganz hat der Bürgermeister die Idee noch nicht abgeschrieben: „Und wenn’s nur ein Biergarten am Bocklradweg wird.“ Für sich selbst kann sich Wutzlhofer ein kleines Bistro vorstellen – mit Wein, Snacks und bayerischen Schmankerln. Oder eine Zoiglstum am verlängerten Wochenende, damit genug Zeit für die vielen Vereine bleibt, die um seine Mitarbeit buhlen. „Meine Frau Barbara ist eine hervorragende Köchin“, da liege ein gastronomisches Rentenprojekt nahe. „Das sieht man auch“, tätschelt er das dahin geschmolzene Bäuchlein, „in der Fastenzeit bringe ich 12 Kilo runter.“

Noch aber hat Wutzlhofer zwei Jahre vor der Brust, in denen er seine Heimatstadt aktiv gestalten will. Von seinem Lieblingsplatz aus, dem prächtigen Rathaus, dessen Bau Voraussetzung dafür war, dass Vohenstrauß 1912 wieder zur Stadt erhoben wurde. Zuvor habe es in Minga immer geheißen: „Baut’s erst einmal ein g‘scheites Rathaus.“ Bis dahin sei der Magistrat in einem „kleinen Häusl“ untergebracht gewesen. „Hier standen früher zwei Gebäude“, sagt der Bürgermeister, „das Eckhaus zur Rathausgasse stand lange nicht zum Verkauf.“ Als das klappte, habe man das heutige Rathaus auf beiden Bauplätzen hochgezogen.

Vohenstrauß im Jubiläumsjahr: Der Höhepunkt der 900-Jahrfeier steigt am ersten Juni-Wochenende. Foto: David Trott

Alte Schulden fürs Rathaus zahlen sich aus

Und dann sei endlich Innenminister Freiherr Maximilian von Soden-Fraunhofen mit der ersehnten Depesche des Prinzregenten Luitpold zur Stadterhebung in Vohenstrauß eingetroffen. Grund genug, um 2012 das Hundertjährige drei Tage lang zu feiern. Für den Bau des Rathauses hatte auch der renommierte Münchener Architekt Heinrich Hauberrisser einen Vorschlag eingereicht, der bereits den Neubau der katholischen Kirche verantwortete. „Sein Entwurf hängt heute noch am Gang“, sagt Wutzlhofer. „Sein Plan, den Giebel zum Marktplatz auszurichten, war aber das K.-o.-Kriterium, er kam leider nicht zum Zug.“

Schließlich ließ der Magistrat 1909 bis 1911 Hans Brühls Neo-Renaissance-Palast als Hommage an die Friedrichsburg mit einem Haufen Schulden finanzieren. „Die Leute haben damals gesagt, ,der Magistrat spinnt‘“, erzählt Wutzlhofer süffisant. „Ich kann nach 100 Jahren heute sagen, andere platzen aus allen Nähten, wir haben ein Prachtgebäude und immer noch genügend Räumlichkeiten.“ Wenn man die Kosten für die Umbaumaßnahmen anderer Kommunen gegenrechne, sei diese Investition sehr nachhaltig gewesen.

Das Renaissanceschloss Friedrichsburg in Vohenstrauß. Archivfoto: Jürgen Herda

Friedrichsburg: Mehr Segen als Fluch

Hätte nur die bayerische Staatsregierung bei der Friedrichsburg einen ähnlichen Weitblick bewiesen. So aber ist das Vohenstraußer Wahrzeichen, das Herzog Friedrich von Pfalz-Vohenstrauß-Parkstein zwischen 1586 und 1593 als Renaissanceschloss erbauen ließ, Fluch und Segen zugleich für die Stadt. „Für mich ist es zwar schon eher Segen“, sagt er als Pächter der Immobilie, die sich seit 2011 zum Veranstaltungsort des Landestheaters, für Hochzeiten, als Standort des Tourismusbüros und einer Dauerausstellung zum „Lindenzauber“ gemausert habe. „Wir hatten dort Gartenschauen, Oldtimer-Ausstellungen, Schlossfeste und Tagungen“, zählt der Hausherr auf, „früher auch einen Maibaum.“

Weil aber der Freistaat Eigentümer sei und es jederzeit verkaufen könne, sei es für die Kommune schwierig, etwa auch noch in eine Heizung zu investieren. „Ärgerlich ist, dass der Eigentümer keine sinnvolle Nutzung reinbekommen hat.“ Auch nicht in das staatliche Nebengebäude: „Ich wollte dort das Landesamt für Finanzen reinbekommen“, sagt Wutzlhofer. „Das ist jetzt im ehemaligen, mit Radon belasteten alten Rathaus.“ Man arbeite an der Einhaltung der Grenzwerte durch den Einbau einer Belüftung, teilt das Ministerium mit. „Wenn man das Geld in das alte Amtsgericht gesteckt hätte, wäre alles längst fertig.“

Das Renaissanceschloss Friedrichsburg in Vohenstrauß ist inzwischen ein beliebter Veranstaltungsort. Archivfoto: Jürgen Herda

Neugestaltung des Schlosshofs

Lob gibt’s dagegen für Andreas Meiers Landratsamt: „Der ehemalige Marstall war mein Geburtshaus“, freut sich Wutzlhofer über dessen Sanierung. „Mein Vater hat dort mit uns als Forstamtsleiter bis 1966 gewohnt – meine ersten 8 Jahre.“ Dass er das noch erleben darf: „Da kommt die Zulassungsstelle und die VHS rein.“ Im nächsten Schritt soll die Reaktivierung des gesamten Schlossensembles folgen: „Die Alte Apotheke wurde verkauft, da ist eine Anwaltskanzlei eingezogen.“

Jetzt verhandle man mit Landkreis und Freistaat über die Neugestaltung des Schlosshofs und dessen Auffahrtssituation im Rahmen der Städtebauförderung. „Wir tendieren zu einer extra Auf- und Abfahrt, damit wir nicht noch zusätzlich Verkehr auf die bereits viel befahrene Kreuzung bekommen.“ Ein Berliner Planungsbüro stelle sich dort einen „halben Botanischen Garten“ vor: „Das will ich so nicht, aber eine Neugestaltung mit viel Grün ist schon ok.“ Ein Dorn im Auge des Bürgermeisters bleibt: „Für das uralte Amtsgericht haben wir bisher keinen Interessenten gefunden.“ Hat da kein Oberpfälzer Star-Architekt eine zündende Idee, Peter Brückner?

Freigelegtes Fresko im Renaissanceschloss Friedrichsburg in Vohenstrauß. Archivfoto: Jürgen Herda

Die Zeit, die ihm der Herrgott schenkt

Jenseits der alten Bausubstanz entwickle sich das moderne Vohenstrauß prächtig: „Wir sind der zentrale Punkt im Osten des Landkreises“, sagt Wutzlhofer, „wir haben Bevölkerungszuwachs.“ Die Grundversorgung mit Ärzten, Kindergärten und Schulen passe. „Wir haben in den vergangenen Jahren 130 Bauplätze verkauft und sind dabei, neue zu generieren. Und auch die Flächen im Gewerbegebiet habe man größtenteils an Unternehmer gebracht. „Vergangene Woche gab die Regierung grünes Licht für ein neues Gewerbegebiet, für das es auch schon wieder Anfragen gibt.“ Vor allem von Firmen, die sich vergrößern wollen.

Langweilig wird es dem Bürgermeister mit Sicherheit nicht in den verbleibenden zwei Jahren. Und dann wird man sehen, wohin es den geselligen Pensionär treibt. Ob Vereine oder Wirtshaus: „Auf alle Fälle will ich die Zeit, die mir vielleicht der Herrgott schenkt, noch für meine Hobbys nutzen.“ Das Radfahren gehört dazu. Verlängerte Wochenenden mit seiner Barbara auf dem E-Bike machen ihn glücklich. „Meine Frau ist Jahrgang 65, vielleicht geht sie ein wenig früher in Rente, damit uns noch etwas gemeinsame Zeit bleibt“, hofft Wutzlhofer. Gerne auch mal zum Faulenzen im Garten.

Bürgermeister Andreas Wutzlhofer im Renaissanceschloss Friedrichsburg in Vohenstrauß. Archivfoto: Jürgen Herda

Feste feiern, wie sie fallen: 900 Jahre Vohenstrauß

„900 Jahre Vohenstrauß ist natürlich ein historisch wichtiges Ereignis, das wir ein ganzes Jahr lang gebührend feiern“, freut sich Bürgermeister Andreas Wutzlhofer, dass dieser runde Stadtgeburtstag in seine letzte Amtsperiode fällt. „Vor allem mit einem Festwochenende vom 31. Mai bis zum 2. Juni, an dem wir es richtig krachen lassen.“

  • Im wahrsten Sinne des Wortes: Am Freitag, 31. Mai, 23 Uhr zelebrieren an der Stadthalle Vohenstrauß Pyrotechniker ein Musikfeuerwerk, das an Neujahr aus Witterungsgründen abgesagt werden musste. Ein bidirektionales Funk- und Kabel-Zündsystem erlaubt, das Feuerwerk aus sicherer Entfernung im Takt moderner Popmusik zu zünden. Eine knappe Viertelstunde explodieren Funken und Farben im Rhythmus der Musik.
  • Zum Auftakt des Festwochenendes wird die Giech‘sche Vorderladergruppe das Festwochenende anschießen. Nach dem Standkonzert am Rathausvorplatz folgt der Festakt im großen Sitzungssaal für geladene Gäste. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Ulrike Scharf hält eine Festansprache. In diesem Rahmen wird der Jubiläumsbildband vorgestellt.
  • Samstag, 1. Juni, steht im Zeichen der Kinder und Jugendlichen. Für die Allerkleinsten führt Hermann Papacek in der Stadthalle ein Kasperltheaterstück auf. Das Open-Air-Konzert im Schlossgarten eröffnet die Musikinitiative Vohenstrauß mit der Band Retake. Für ausgelassene Partystimmung sorgt am Abend die Band Highline.
  • Verkaufsoffener Sonntag, 2. Juni: Autofreie Spielstadt und Vohenstraußer Bauernmarkt. Die Vohenstraußer Innenstadt wird vom ehemaligen Bahnhof bis zum Schloss Friedrichsburg zur Erlebnismeile für Groß und Klein sowie Jung und Alt – mit Gewerbeschau und Schlossfest vor der Friedrichsburg.
  • 22. und 29. September: LTO-Stationentheater an vier historischen Stationen mit dem Ensemble des Landestheaters Oberpfalz. Eine Zeitreise von der Gründerzeit vor 900 Jahren bis zur Epoche der Industrialisierung.

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