Unsere Bürgermeister (9): Franz Stahl hat noch viel vor in Tirschenreuth

Tirschenreuth. „Tirschenreuth ist ein Erfolgsmodell“, sagt Bürgermeister Franz Stahl. Dass das auch die Bürger so sehen, haben sie bei der Wahl 2020 eindrucksvoll unterstrichen. Mit 92,4 Prozent holte er ein fast schon unanständig gutes Ergebnis. Vor einer möglichen fünften Amtszeit trafen wir ihn an einem seiner Lieblingsplätze: im frisch sanierten Rathaussaal.

Tirschenreuths Bürgermeister Franz Stahl an einem seiner Lieblingsorte: dem historischen Rathaussaal. Foto: David Trott

„Der historische Rathaussaal zeigt das Selbstbewusstsein der Stadt“, sagt das stolze Stadtoberhaupt Franz Stahl vor dem pittoresken Kaminofen der Ofenbauer Wallner und Zech aus dem 19. Jahrhundert. Auch der schlichte Fußboden begeistert den Bürgermeister: „Man geht hier auf historischem Boden.“ Die Dielenbretter habe man sehr aufwendig ausgebaut, saniert und wieder eingebaut. „Herr Karl vom Denkmalschutz war ganz angetan, das macht ja heute keiner mehr.“  

„Auch die Innenbeleuchtung, die sehr zurückhaltend ist, wurde von Fachleuten auf die Deckenbemalung von der Jahrhundertwende abgestimmt – sie hat einen modernen Charakter, aber unterstreicht das Deckenfresko.“ Dabei ist der „Regierungssitz“ des Amtsinhabers, der am Ende der Legislaturperiode schon seit 24 Jahren das einst eher verschlafene Stiftland-Städtchen zu einem pulsierenden Mittelzentrum entwickelt haben wird, nur das Tüpfelchen auf dem i.

Besucherzahlen schnellen nach oben

„Touristisch haben wir in den letzten Jahren wahnsinnig an Qualität gewonnen“, sagt Stahl. Die Initialzündung: die Gartenschau „Natur in der Stadt“ 2013. „Hier wurde das Denken in Tirschenreuth neu programmiert.“ Auf der Basis der Baumaßnahmen für die Gartenschau hat Tirschenreuth von 2004 bis 2006 ein Stadtentwicklungskonzept umgesetzt. Und das werde ständig evaluiert und aktualisiert. „Wir haben tolle Besucher- und Übernachtungszahlen, die nach oben schnellen.“

„Wir haben in den vergangenen Jahren den Marktplatz saniert, den Fischhofpark, die Fronfeste, die ehemalige Polizei, als Außenstandort der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut.“ Auf diesen Lorbeeren ruhe man sich aber nicht aus. „In der Nähe des Fischhofparks wird das Sudhaus der ehemaligen Brauerei Schels in eine Indoor-Kletterhalle umgebaut – noch eine Attraktivitätssteigerung, die der sehr rege Alpenverein betreut.“

Blick auf Tirschenreuth mit dem Fischhofpark. Luftbild: Tourismusgemeinschaft Oberpfälzer Wald

Lebensqualität statt überteuerter Metropole

Das MuseumsQuartier habe sich zu einer anerkannten Institution mit „tollen Ausstellungen“ gemausert. „Das ehemalige Luitpold-Filmtheater wird als multifunktionaler Raum in seiner historischen Funktion saniert – als Spielstätte des Modernen Theaters Tirschenreuth und der Braujuwaren.“ Das renommierte Architekturbüro Brückner & Brückner verspricht eine behutsame Modernisierung, die den Charakter des alten Kinos erhält. „Sie erleben hier urbanes Gefühl, das Tirschenreuth ausmacht.“

Fast könnte man meinen, man sei zu Besuch in einer Metropole. Da muss der Bürgermeister schelmisch grinsen: „Wir können uns mit den großen Metropolen nicht messen“, gibt er zu. „Aber die großen Metropolen können sich auch mit Tirschenreuth nicht messen.“ Lebensqualität sei hier das Schlagwort: „Man kann sich in Tirschenreuth sehr viel mehr leisten als in München oder Nürnberg.“ Gerade junge Familien könnten hier leichter Fuß fassen, die Arbeitsplatzsituation sei ausgezeichnet.

Spatenstich für das Projekt „Zukunft StadtGrün“. Foto: Mirko Streich

Kleine Boomtown

Auch wirtschaftlich habe sich seine Stadt prächtig entwickelt. „Als ich 2002 anfing, hatten wir zweistellige Arbeitslosenzahlen“, erinnert Stahl an die Zeit vor Schröders Agenda 21. „Heute haben wir trotz der Krisen fast Vollbeschäftigung.“ Dafür sorgten sehr viele, gut aufgestellte Unternehmen, wie die Firmen Hamm, Mehler oder auch das Möbelhaus Gleißner, die in den vergangenen Jahren „einen wahnsinnigen Schub“ erlebt hätten. „Und ich bin auch unserem Einzelhandel dankbar“, freut sich Stahl über die Qualität des Angebots. „Wir haben auf dem Marktplatz noch richtig gute Metzgereien, Bäckereien und Cafés.“

Die Behördenverlagerung trage das Ihrige dazu bei. „Das Amt für Ländliche Entwicklung war eine Initialzündung für den Freistaat Bayern“, bezeichnet er den Umzug des „ALE“ von Regensburg nach Tirschenreuth als Role-Model für die folgenden Verlagerungen. „Seit 2013 sind die Beschäftigten bei uns ortsansässig.“ Mittlerweile arbeiteten auch viele Einheimische in diesem Amt. „Es sind junge Menschen, das ALE hat Zukunft.“ Demnächst werde auch noch der Verband für Ländliche Entwicklung mit einem Neubau in Tirschenreuth aufschlagen.

So wird das Verwaltungsgebäude des Verbands für Ländliche Entwicklung in Tirschenreuth aussehen. Geplant hat es das Architekturbüro Brückner und Brückner Tirschenreuth. Der quadratische Bau soll nach der Fertigstellung komplett energieautark betrieben werden. Visualisierung: Brückner & Brückner Architekten

Stahl glaubt an Zieglers Großbaustelle

Und dann ist da natürlich noch das große Fragezeichen hinter der Ansiedlung des Betriebs, in dem mit rund 1000 Arbeitskräften bis zu 3000 Holz-Fertighäuser im Jahr gefertigt werden sollen. Allen Unkenrufen zum Trotz glaubt Stahl an die Realisierung des Projekts durch die angeschlagene Ziegler Group. „Ich sage ganz offen, ich bin dankbar, dass wir einen regionalen Unternehmer haben, der sich traut, was zu investieren“, verteidigt der Bürgermeister den Mut Stefan Zieglers, der mit seinen Plänen einer nachhaltigen Holz-Bauwende keinen schlechteren Zeitpunkt erwischen hätte können: zwischen zwei Krisen mit Materialengpässen und steigenden Zinsen.

„Er hat sich getraut, was anzupacken“, sagt Stahl, „indem er in eine nachhaltige Produktion einsteigt.“ Module in Holzständerbauweise, die im großen Stil in Tirschenreuth produziert werden sollen, würden dazu beitragen, den CO₂-Ausstoß des Bausektors nachhaltig zu verringern. Deshalb stehe er auch trotz der Kritik von Umweltschützern zum Bau des Werks. „Wir sind im Augenblick dabei, die verschiedenen plantechnischen Dinge vorzubereiten – Flächennutzungsplan, Bebauungsplan, die erste Auslegung wird im Augenblick abgearbeitet.“

Andreas Sandner (rechts) mit Tirschenreuths Bürgermeister Franz Stahl bei der Unterzeichnung des Vertrags zum Bau des geplanten „Holzbau-Kompetenz-Zentrums“. Bild: Jürgen Herda

Kloster und Stadt: Zwei Seiten der Stiftland-Medaille

Tirschenreuth und das Kloster Waldsassen, das sind zwei Seiten der Stiftland-Medaille: „Wir waren immer die Stadt im Stiftland, dort, wo das Leben pulsiert“, beschreibt Stahl die regionale Funktion Tirschenreuths. „Das spirituelle Leben war durch das Kloster Waldsassen geprägt.“ Und dieses stolze Erbe wolle man weiterentwickeln: „Wir sind im Augenblick dabei, eine Destination für das Stiftland neu zu strukturieren.“ Schließlich seien die Zisterzienser weltweit unterwegs: „Hier gibt es Bemühungen, das europaweit zu organisieren.“

Am Karpfen kommt man in Tirschenreuth nicht vorbei. Überlebensgroß prangt das Markenzeichen der Teichpfanne nicht nur vor dem Museumsquartier. „Ich bin kein Spezialist, was die Karpfenzucht betrifft“, gibt der Verwaltungschef offen zu. „Aber ich bin Spezialist beim Karpfenessen“, ergänzt er listig. „Ich genieße ihn wahnsinnig gerne – mit einem guten Wein.“ Den Züchtern sei er dankbar, dass sie über die Jahrhunderte eine einzigartige Kulturlandschaft in den Waldnaabauen geschaffen hätten. In puncto Fressfeinde des Karpfens fordert er deshalb mehr Unterstützung vom Gesetzgeber. Nur so könne man die Symbiose aus wirtschaftlicher Nutzung der Teichpfanne und touristischer Attraktion erhalten, die auf dem Vizinalbahn-Radweg über die Waldnaabbrücke und vorbei an der Himmelsleiter mit allen Sinnen erlebt werden kann.

Die museumspädagogischen Ausstellungen im Tirschenreuther MQ begeistern auch Kinder. Foto: Stadt Tirschenreuth
Die museumspädagogischen Ausstellungen im Tirschenreuther MQ begeistern auch Kinder. Foto: Stadt Tirschenreuth
Das MuseumsQuartier, Foto: Stadt Tirschenreuth
Das MuseumsQuartier, Foto: Stadt Tirschenreuth
Der Karpfen darf vorm MuseumsQuartier nicht fehlen. Foto: Stadt Tirschenreuth
Der Karpfen darf vorm MuseumsQuartier nicht fehlen. Foto: Stadt Tirschenreuth
Detail auf dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Detail auf dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Karpfen vor dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Karpfen vor dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Traumhafte Kulisse: Himmelsleiter bei Sonnenuntergang. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Traumhafte Kulisse: Himmelsleiter bei Sonnenuntergang. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Panorama Tirschenreuth am See. Foto: Jürgen Herda
Panorama Tirschenreuth am See. Foto: Jürgen Herda
Blick vom Amtsgericht auf das Landratsamt am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Blick vom Amtsgericht auf das Landratsamt am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Tirschenreuth statt Syrien. Das Landesamt für Asyl und Rückführungen hat einen abgeurteilten IS-Anhänger in die Oberpfalz
Tirschenreuth statt Syrien. Das Landesamt für Asyl und Rückführungen hat einen abgeurteilten IS-Anhänger in die Oberpfalz „abgeschoben“. Foto: Jürgen Herda
Blick vom Landratsamt auf das Amtsgericht am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Blick vom Landratsamt auf das Amtsgericht am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Franz Stahls heimliche Passion: Eine Modell-Eisenbahn-Ausstellung  erinnert den Bürgermeister an glückliche Zeiten im Spielzeuggeschäft seiner Eltern. Foto: Christoph Eckert
Franz Stahls heimliche Passion: Eine Modell-Eisenbahn-Ausstellung erinnert den Bürgermeister an glückliche Zeiten im Spielzeuggeschäft seiner Eltern. Foto: Christoph Eckert
Bürgermeister Franz Stahl in seinem bescheidenen Amtszimmer. Foto: Jürgen Herda
Bürgermeister Franz Stahl in seinem bescheidenen Amtszimmer. Foto: Jürgen Herda
Der sanierte Marktplatz von Tirschenreuth. Foto: Jürgen Herda
Der sanierte Marktplatz von Tirschenreuth. Foto: Jürgen Herda
Ein Genuss für Bürgermeister Franz Stahl: Tirschenreuths Spezialität, ein Karpfen mit Butterkuss. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Ein Genuss für Bürgermeister Franz Stahl: Tirschenreuths Spezialität, ein Karpfen mit Butterkuss. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Die museumspädagogischen Ausstellungen im Tirschenreuther MQ begeistern auch Kinder. Foto: Stadt Tirschenreuth
Das MuseumsQuartier, Foto: Stadt Tirschenreuth
Der Karpfen darf vorm MuseumsQuartier nicht fehlen. Foto: Stadt Tirschenreuth
Detail auf dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Karpfen vor dem Museumsgebäude. Foto: Jürgen Herda
Traumhafte Kulisse: Himmelsleiter bei Sonnenuntergang. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Panorama Tirschenreuth am See. Foto: Jürgen Herda
Blick vom Amtsgericht auf das Landratsamt am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Foto: Jürgen Herda
Blick vom Landratsamt auf das Amtsgericht am anderen Ufer. Foto: Jürgen Herda
Franz Stahls heimliche Passion: Eine Modell-Eisenbahn-Ausstellung  erinnert den Bürgermeister an glückliche Zeiten im Spielzeuggeschäft seiner Eltern. Foto: Christoph Eckert
Der sanierte Marktplatz von Tirschenreuth. Foto: Jürgen Herda
Ein Genuss für Bürgermeister Franz Stahl: Tirschenreuths Spezialität, ein Karpfen mit Butterkuss. Foto: Tourismus Oberpfälzer Wald
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott
Bürgermeister Franz Stahl beim Interview mit OberpfalzECHO. Foto: David Trott

Noch eine Amtszeit für Franz Stahl?

„Halb zog sie ihn, halb sank er hin“, dichtete Goethe in der Ballade vom Fischer und der Nixe. Franz Stahls Nixe ist die fünfte Amtszeit, mit der er rekordverdächtige 30 Jahre vollmachen könnte. Man merkt dem drahtigen Bürgermeister an, dass er noch brennt, auch wenn er sich durchaus mehr Freizeit mit der Familie vorstellen könnte: „Die Entscheidung wird in den kommenden Monaten fallen.“

Aber Hand aufs Herz: Stahl hat noch lange nicht fertig mit Tirschenreuth. „Mir macht die Arbeit wahnsinnig viel Freude“, wenn er allein an das Projekt „Zukunft StadtGrün“ denkt, für das die Stadt einen Bundespreis ergattert hat. „Ich war im vergangenen Mai in Berlin und durfte den Preis in Empfang nehmen – eine Bestätigung dafür, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.“ Das Vorhaben ist eines der größten städtebaulichen Vorhaben der kommenden Jahre, mit dem die Stadt in Ergänzung zum Fischhofpark einen grünen Ring um die Altstadt schließen will. „Mit einem Rundweg, attraktiven Freizeit- und Erholungsflächen, größeren Wasserbereichen, Fuß- und Radwegen sowie Abenteuerspielplätzen für Kinder und Jugendliche.“

Ein wenig ist ihm die Kommunalpolitik schon von Vater Franz in die Wiege gelegt worden, der sich ebenfalls für die Stadt politisch und in vielen Vereinen wie der Feuerwehr ehrenamtlich engagierte. Genauso aber hat den kleinen Franz die Modelleisenbahn fasziniert, die im Spielwarengeschäft der Eltern ihre Kreise zog. „Das wäre mein zweites Hobby neben der Politik“, schwärmt er von historischen Dioramen aus napoleonischer Zeit, die er in seiner Freizeit gerne entwerfen würde. Stattdessen muss ein „Waldlauf durch unsere schöne Tirschenreuther Landschaft“ reichen: „Das ist immer gut für Körper, Geist und Seele.“

Seine Liebe zu Tirschenreuth ist kein Lippenbekenntnis. Der historischen Substanz Stück für Stück zu altem Glanz zu verhelfen, ist Teil seiner kommunalpolitischen Passion: „Ich wohne selbst in einem Haus, das nach dem Stadtbrand 1814 gebaut wurde“, schwärmt er vom Altbau, „ich würde da nie ausziehen, das ist einfach ein anderes Raumklima als bei einem Neubau.“ Auch sein jüngster Sohn, von Beruf Architekt, saniert ein Haus in der Altstadt. Am liebsten würde er auch noch das alte Hutschenreuther Verwaltungsgebäude aus der Jahrhundertwende, das derzeit noch im Besitz der Ziegler Group ist, aus seinem Dornröschenschlaf erwecken.

Das Dilemma, in dem sich das Krankenhaus Tirschenreuth derzeit befinde, beschreibt er mit einer persönlichen Anekdote: „2016 habe ich rechts eine neue Hüfte bekommen, 2021 links.“ Als bekannt geworden sei, dass er sich operieren lasse, habe man ihn gefragt: „Wo lasst du’s machen?“ Der Bürgermeister hat nicht gewackelt: „In Tirschenreuth natürlich!“ 90 Prozent der Fragesteller hätten bestürzt gerufen: „Wos, du gehst nach Tirschenreuth, bist du narrisch?“ Darunter auch einige, die kürzlich bei der Demo für den Erhalt des Hauses in seiner jetzigen Funktion mitgelaufen seien. „Das beschreibt die Lage“, erklärt Stahl, „die meisten wollen das Krankenhaus erhalten, aber die wenigsten hätten komplizierte Operationen dort machen lassen.“

Deshalb steht Stahl zu den Sanierungsmaßnahmen des Vorstandes. „Ich bin nicht begeistert davon.“ Aber die Krankenhausreform des Bundes und die Krankenhausbedarfsplanung des Landes ließen den beiden Landkreisen und der Stadt Weiden keine andere Wahl. „Bei der Diskussion erzähle ich die Wahrheit“, sagt der Bürgermeister. „Das wird von der Politik erwartet, auch wenn sie unbequem ist.“ Die Menschen würden das auch honorieren. „Wir müssen schauen, dass wir Teilbereiche halten und wichtige Ergänzungen, wie das ambulante Operieren und die geriatrische Medizin einbinden, und damit eine medizinische Grundversorgung sichern. Es geht nicht um Gewinne, es geht darum, einigermaßen kostendeckend zu arbeiten.“

Und welche Ziele verfolgt der Matador in einer möglichen fünften Amtszeit – die Stadt über die 10.000 Einwohner-Grenze zu bugsieren vielleicht? „Das steht nicht in meiner Macht“, sagt er bescheiden. „Tirschenreuth war immer eine Stadt so um die 9000 Einwohner.“ Nur einmal, Ende der 80er Jahre nach der Grenzöffnung und der Wiedervereinigung, habe man an den 10.000 gekratzt. „Aber, ich denke mal, wenn wir in der demografischen Situation, in der wir uns momentan befinden, diese Zahl um die 9000 Menschen halten können, ist das eine sehr gute Situation.“

Wichtiger ist dem CSU-Politiker, seine Bürger weiter mitzunehmen und von undemokratischen Irrwegen fernzuhalten. „Es gab auch bei uns kurz mal Montagsspaziergänge“, sagt Stahl, „aber das hat sich erledigt – im Sommer sind die zu fünft marschiert, gegen Krieg und Corona-Maßnahmen, alles keine Tirschenreuther Themen.“ Die Initiatoren der Krankenhaus-Demos hätten sich klar davon distanziert. Offensichtlich ist erfolgreiche Politik und ein funktionierendes Gemeinwesen das beste Rezept gegen Verschwörungstheorien.

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