Unsere Bürgermeister (8): Der Polizeiausbilder im Rathaus will Eschenbach ertüchtigen

Eschenbach. Das Städtchen am Eschenbach (und an der Waldnaab) mit dem Fisch im Wappen ist zwar trotz Namensgleichheit nicht die Geburtsstadt Wolframs von Eschenbach, Dichter des Parzivals. Immerhin aber die der deutschen Nationalspielerin Michaela Specht und natürlich von Bürgermeister Marcus Gradl.

Bürgermeister Marcus Gradl im Redaktionsgespräch. Foto: Jürgen Herda

Als Marcus Gradl, Jahrgang 1975, vor drei Jahren als Bürgermeister kandidiert, präsentiert sich der Polizist als Ureinwohner: „Ich bin Eschenbacher mit Leib und Seele, hier aufgewachsen, als kleiner Junge glücklich durch unsere schöne Stadt geflitzt.“

Als Vorsitzender des Siedlervereins, Elternbeirat des Kindergartens und Jugend-Fußballtrainer sei der Familienvater nah dran am Eschenbacher Puls: „Ich weiß um die Sorgen und Nöte, Wünsche und Anliegen der Menschen vor Ort.“ Seine Stadt wolle er fit für die Zukunft machen.

Kandidat als Edeka-Verkäufer

Dass sein Vorgänger Peter Lehr, der die vergangenen 12 Jahre den Bürgermeistersessel für die SPD besetzte, vergeblich als Landratskandidat antritt, spielt dem CSU-Fraktionschef in die Karten. Die 56,7 Prozent gegen Lehr-Nachfolger Thomas Ott (33,4 Prozent), mit denen es bei der Kommunalwahl 2020 auf Anhieb und ohne Stichwahl klappt, macht den ambitionierten CSU-Fraktionschef fast sprachlos: „Ich bin überwältigt.“ Der Aufwand hat sich gelohnt.

Gradl ist sich in diesem Wahlkampf, der ihn vom polizeilichen Einsatztraining an der Hochschule der Polizei in Sulzbach-Rosenberg ins Eschenbacher Rathaus führt, aber auch für nichts zu schade. Sogar hinter der Kasse von Edeka Peukert sammelt er Stimmen, wie er in seinem Blog erzählt. „Es ging sofort richtig rund. Ich war gerade eingewiesen und versuchte mich mit dem Scanner und dem Kassensystem, da bildete sich gleich eine Schlange an meiner Kasse.“

Marcus Gradl im Wahlkampf an der EDEKA-Kasse. Foto: Gradls Blog

Am Marderparcours fit für Eschenbachs Zukunft

Drei Jahre sind seitdem vergangen, davon zwei anstrengende Corona-Runden, die die Tatkraft des Kandidaten, der am liebsten zeitgleich ein neues Stadtviertel gebaut, die Wirtschaft belebt und den Rußweiher zu einem Starnberger See der Oberpfalz aufgewertet hätte, schon etwas einbremsen. Dafür kann er heuer eine zwar eher kleinere, aber dafür umso symbolträchtigere Maßnahme einweihen.

Am Walderlebnispfad lässt der Bürgermeister auf Empfehlung von Revierförster Martin Gottsche keinen herkömmlichen Trimm-dich-Pfad installieren. Der neue Outdoor-Parcours – mit dem Schützenpanzer-Namen „Marder“ – erinnert schon eher an ein Ausbildungsgelände der Bundeswehr oder ein Sondereinsatzkommando der Polizei. Genau das Richtige also für den Polizeiausbilder, um seine Eschenbacher für die großen Ziele, die er verfolgt, zu ertüchtigen.

Aufwertung der Innenstadt

Da die gestählten Bürgerinnen und Bürger nach diesem Wald-Training fit für die Zukunft sein dürften, nimmt der Bürgermeister gleich die nächste Hürde: Fördermittel vorausgesetzt, die 80 Prozent der veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 370.000 Euro abdecken sollen, will er Eschenbachs Innenstadt aufwerten, den Karlsplatz barrierefrei machen und mobile Terrassen für den Innenstadtbereich anschaffen.

Einstimmig stimmt der Stadtrat einem Maßnahmenbündel zu, das unter anderem einen barrierefreien Eingang der Rathausnebenstelle, eine Querung auf der Durchgangsstraße mit Zebrastreifen auf Höhe der Metzgerei Hubmann, eine Erweiterung der Parkplätze beim Rotary-Brunnen und neue Fahrradständer vorsieht.

Luftbild von Eschenbach. Foto: Stadtarchiv Eschenbach

Wahnsinn, was wir angestoßen haben“

„Es ist Wahnsinn, was wir gemeinsam angestoßen und erreicht haben“, ist Gradl selbst beeindruckt von den bisherigen Ergebnissen seiner halben Legislaturperiode, welche die Lebensqualität deutlich verbessert hätten. Wie etwa die Fertigstellung der 18-Bahn-Adventure Golfanlage nach US-Vorbild beim Hotel-Restaurant Rußweiher (mit saniertem Dach) oder die Restaurierung des Alten Vermessungsamts, ein kunsthandwerkliches Schmuckstück, in dem auf 900 Quadratmetern Stadtbibliothek, Musikschule, Stadtarchiv, Liedertafel, Mutter-Kind-Gruppe und der „Generation Hand in Hand e.V.“ untergebracht sind.

Klar, dass sich der neue Spielplatz in der Esperngasse auch noch durch eine Boulderwand für alpines Training hervortut und der Urnen-Waldfriedhof mit 100 Bäumen und 1000 Plätzen sogar Interessenten aus Weiden anzieht. Die Campinggäste bekommen im neuen Hexenhäusl eine überdachte Terrasse spendiert. Und die städtische Kindertagesstätte bietet künftig Platz für sechs Kindergarten- und vier Krippengruppen – die Außenanlagen sollen die kleinen Racker mit Weidenhütten, Gabionenmauer und Amphitheater ins Dschungelbuch versetzen.

Historische Aufnahme des Stadtbergs von Eschenbach. Foto: Stadtarchiv Eschenbach

Große Pläne für den Rußweiher

Große Pläne hat der Bürgermeister auch für den größten See der Eschenbacher Weiherplatte: „Wir haben mit unserem Rußweiher eine einzigartige Perle der Natur, um die uns viele in der Region beneiden.“ Es sei höchste Zeit, diese Naturschönheit professionell und nachhaltig zu vermarkten. „Dazu ist jedoch mehr notwendig, als die Unsicherheit rund um die Öffnungszeiten endgültig zu beenden.“

Gradls Ideen für einen naturnahen Freizeitpark Rußweiher: „Ein kleiner Wasserpark, dazu ein Fitnessparcours.“ Ein regelmäßig stattfindendes Rußweiherfest soll eine etablierte Größe im Veranstaltungskalender der gesamten Region werden – beleuchtete Bootshäuser inklusive. Die erste Badeanstalt am Rußweiher hatte laut Heimatverein 1895 der „Verschönerungsverein“ ins Leben gerufen. Mit einer abgegrenzten Badezone samt Holzzaun rundherum.

Eschenbach im Porträt

Geschichte: Eschenbach in der Oberpfalz (4113 Einwohner, Tendenz wachsend) im Landkreis Neustadt/WN wurde 1150 erstmals als Markt erwähnt. Der Wittelsbacher Stadtherrschaft folgte im 14. Jahrhundert die Zugehörigkeit zu Neuböhmen Kaiser Karls IV., der Eschenbach 1358 die Stadtrechte verlieh. Im 15. Jahrhundert kam Eschenbach in pfälzischen Besitz und später zum Kurfürstentum Bayern.

Landkreis-Los: Bis zur Kreisgebietsreform vom 1. Juli 1972 war die Stadt Sitz des Landkreises Eschenbach in der Oberpfalz – mit dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Teile des Landkreises gehören heute zu Mittelfranken (Neuhaus an der Pegnitz), zum Landkreis Nürnberger Land und, wie die Stadt Auerbach, zum Landkreis Amberg-Sulzbach. Der Großteil wurde in den Landkreis Neustadt/WN eingegliedert.

Krankenhaus a.D.: Am 30. Juni 2012 wurde das Krankenhaus nach über 100 Jahren geschlossen. „Das ist nach wie vor ein Stachel im Herzen“, sagt Bürgermeister Marcus Gradl. „Es ist wieder eine Nachbelegung da, aber es tut uns weh, kein Krankenhaus mehr zu haben.“ Jetzt sei nur noch eine Podologin, der Hausmeisterdienst, Regenz Wagner und übergangsweise das HPZ Irchenrieth sowie eine Senioreneinrichtung drinnen.

Netzaberg (makes Eschenbach great again): Östlich vom Stadtkern am Netzaberg entstand bis 2008 die größte US-Garnison außerhalb des festländischen US-Staatsgebiets, die Netzaberg Housing Area mit 830 Doppel- und Dreifachhäusern für US-Soldaten der Strykerbrigade und deren Familien – samt Kindergarten, Jugendzentrum, Sportzentrum, Schule und Garnisonkirche Netzaberg-Chapel. Insgesamt wurden 700 Millionen US-Dollar in das Bauvorhaben investiert. Die US-Armee hat die Immobilien für zehn Jahre angemietet mit einer Option, den Mietvertrag auf weitere fünf Jahre zu verlängern. Die Einwohnerzahl Eschenbachs wird sich voraussichtlich um 3500 Soldaten (mit Familien ca. 10.500 US-Bürger) erhöhen. „Die Amerikaner denken oft, sie gehören zu Grafenwöhr“, sagt Gradl, „deshalb haben wir jetzt auch eine US-Beauftragte, um sie auf unsere Sehenswürdigkeiten und Gaststätten aufmerksam zu machen.“

Wirtschaft, Karriere, Nachwuchs: Mit dem Eschenbacher Symposium verfolgt der Bürgermeister zusammen mit Unternehmern, Vertretern von Schulen und der OTH das Ziel, junge Menschen in der Stadt zu halten. Die Global Player Eschenbachs sind bereits im Partner-Circle der Hochschule vertreten, darunter: Rogers (Chips in Windrädern, Autos), Mondi (dehnbares Papier als Plastikersatz,), Schug-Lippert (Logistik-Systeme) und Novem (Auto-Interieur u.a. für Porsche).

Sehenswürdigkeiten

  • Historisches Rathaus: Das um 1570 erbaute Rathaus thront mitten in der Stadt. Hier tagte der städtische Rat, der sich in vordemokratischer Zeit aus einflussreichen Familien zusammensetzte.
  • Gotische Pfarrkirche St. Laurentius: Die spätgotische Hallenkirche wurde 1440 an Stelle eines romanischen Vorgängerbaus begonnen und erst 1608 vollendet. Kunsthistorisch bedeutsam ist das Köferl-Epitaph, eine Tafel aus Solnhofener Kalk mit szenischen Darstellungen, umrahmt von zwei Säulen und einem Gebälk. Die Inschrift zwischen den Sockeln der Säulen mit den Wappen von Caspar Köferl und seiner Ehefrau besagt, dass der Verstorbene bei Kaiser Maximilian II. (1564-1576) und Rudolf II. (1576-1612) wichtige Hofämter innehatte.
  • Mariensäule: Die barocke Mariensäule am unteren Stadtplatz prägt seit 300 Jahren das Eschenbacher Stadtbild mit der Figur der Hl. Maria Immakulata, stehend auf einem Mond (mit Gesicht) und der Schlange, deren Schwanz als Pfeilspitze ausgeformt ist.
  • Mariahilfbergkirche: An der höchsten Stelle der Stadt wurde die Rokoko-Kirche 1771 bis 1774 vor dem oberen Tor der Stadt anstelle einer kleine Mariahilfkapelle errichtet.
  • Friedhofskirche Mater Dolorosa: Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Friedhof vom Kirchhof von St. Laurentius an den heutigen Standort verlegt. Der zeitgleich begonnene Bau der Friedhofskirche wurde erst 1627 nach der Rekatholisierung der Oberpfalz vollendet. Ursprünglich war die Kirche Johannes dem Täufer geweiht, später der schmerzhaften Mutter Gottes geweiht.
  • Großer Rußweiher: Er ist der größte See der Eschenbacher Weiherplatte im Naturschutzgebiet „Vogelfreistätte Großer Rußweiher“ im nordwestlichen Gemeindegebiet, zu der auch der fast vollständig verlandete Paulusweiher und die Rußlohe gehören. Der Weiher wird für die Fischzucht genutzt und jährlich abgefischt. Er ist Bestandteil einer bereits im 15. Jahrhundert angelegten Teichkette und Rückzugsgebiet für etwa 100 Vogelarten.

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