Bürgermeister-Serie (4): Wiesaus Toni Dutz feiert heute seinen 65. Geburtstag

Wiesau. Fünfundsechzig, hoch die Tassen, für Toni Dutz! Seit 21 Jahren Bürgermeister, zuvor 18 Jahre Vize. Dazu CSU-Fraktionsvorsitzender im Bezirkstag. Ein politisches Leben für die Nordoberpfalz. Das Geburtstagskind ist nicht nur für Wiesau ein begnadeter Strippenzieher.

Viel Glück und viel Segen: Toni Dutz, gut behütet vom Echo-Redaktionsvogel. Foto: Jürgen Herda

A Hund is’ er scho, sagt man bei uns anerkennend, wenn einer weiß, wo der Barthel den Most holt. Dabei passt es ganz gut, dass Barthel auf Jiddisch Brechstange bedeutet, und Most für Geld steht. Toni Dutz sitzt nicht im Bezirkstag, um dort seinen Sitzplatz zu wärmen. Der gelernte Verwaltungswirt wusste stets, Nordoberpfälzer Interessen zu vertreten. 

Oberpfälzer Kulturfest in Wiesau

Etwa, als er den Oberpfälzer Nordgautag, seit 2018 Kulturfest der Oberpfälzer, nach Wiesau holte: „Wer hat schon einmal den Nordgautag mit so einer kleinen Mannschaft ausgerichtet?“, fragt Dutz angesichts der Herkulesaufgabe für den Markt Wiesau stolz. 

Fünf Tage die Oberpfalz zu Gast in Wiesau – Dutz fuhr zwischen katholischer Pfarrkirche St. Michael, evangelischer Auferstehungskirche und unter der Kreuzbergkirche mit Skulpturen des Waldsassener Bildhauers Karl Stilp alles auf, was der 4300-Einwohner-Markt kulturell zu bieten hat.

Kulturförderpreis für Weihergemeinschaft Kornthan

Dass der Dutz Toni bei der Entscheidung des Bezirks-Kulturausschusses über den diesjährigen Kulturförderpreis zugunsten der Weihergemeinschaft Kornthan vornehm den Sitzungssaal verließ, zeigt aber auch: Der Bürgermeister spielt Fairplay, auch wenn er sich hinter den Kulissen mit Sicherheit für diese bedrohte, Jahrhunderte lang von Fischbauern gepflegte Kulturlandschaft eingesetzt hat. 

Der Kornthaner Weiher ist mit 16 Hektar einer der größten Teiche der Tirschenreuther Teichpfanne im südwestlichen Ortsteil Kornthan. Zwischen 1320 und 1380 wurde er vom Kloster Waldsassen auf den Wiesen der Kornthaner Bauern mit Dämmen aufgeschüttet. Nach der Reformation kam er in den Besitz des Pfälzischen Kurfürsten Friedrich III. Als sich Friedrich V. von der Pfalz, der Amberger Winterkönig, 1618 um die böhmische Königskrone bewarb und dafür jede Menge Zaster benötigte, verkaufte er den Weiher für 1100 Gulden an sechs Kornthaner Bauern.

Gefährdete Kulturlandschaft. Toni Dutz ist kein Freund der Otter und Reiher. Foto: Weihergemeinschaft Kornthan/Mathias Kunz

Interkommunal gegen den Flächenfraß

Seit fast 40 Jahren ist Dutz Motor der Wiesauer Marktpolitik und hat auch dort viel bewegt. Dabei blickt der Wiesauer mit böhmischen Wurzeln – ehrenamtlich ist er Bundesschatzmeister der Sudetendeutschen Landsmannschaft – gerne über den Tellerrand hinaus: „Ich bin kein typischer Kirchturmbürgermeister, sondern Pionier der interkommunalen Linie und habe die Steinwald-Allianz mit inzwischen 16 Gemeinden initiiert.“  

Dutz ist Vorreiter des interkommunalen Industrie- und Gewerbegebiets, auf dem acht Kommunen zusammen ein Logistik-Cluster entwickeln: „Einen Teil übernimmt Stefan Ziegler, den anderen Teil vermarktet die Accolade Holding.“ Der Zusammenschluss mehrerer Kommunen, um Flächen gemeinsam zu erwerben, zu erschließen und bereitzustellen, sei sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll. Um Ausgleichsflächen zu schaffen, unterzeichnete er einen Vertrag mit Augsburg, seit den 1930er Jahren Eigentümer des Fuchsmühler Forstreviers. „Das wertet den Naturpark Steinwald ökologisch auf. Wir vernichten Flächen nicht, wir schaffen welche.“

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Ehrengäste und Firmenvertreter beim Spatenstich für die Lagerhalle der Ziegler Group im interkommunalen Wiesauer Gewerbegebiet. Foto: Udo Fürst

Kulturbahnhof mit überregionaler Bedeutung

Zusammen mit dem geschätzten Bürgermeisterkollegen Stefan Grillmeier in Mitterteich will Dutz die Chancen des gemeinsamen Mittelzentrums nutzen: „Wir wollen die Partnerschaft beleben, die Markträte gemeinsam tagen lassen, und unter Nutzung der elektrifizierten Eisenbahnstrecke und der Lage an der Autobahn neue Potenziale fördern.” Dazu gehöre auch ein gemeinsames Konzept für die fachärztliche Versorgung.

Ebenfalls als überregionalen Beitrag wertet Dutz die Sanierung des Kulturbahnhofs mit Mitteln der Städtebauförderung und einem Zuschuss des Landkreises: „Es ist der einzige Bahnhof im Landkreis mit überregionaler Bedeutung – mit Café, Restaurant und Biergarten, darüber einem Jugendtreff, einer Bücherei und ganz oben einem Lesesaal mit Rundblick.“ Als Reminiszenz an die Epoche des Kaolinabbaus gibt es außerdem eine Kinder-Eisenbahn mit Loren.

Ein Kraftakt, der sich aber lohnen wird, ist der Umbau des Bahnhofsgebäudes zum “Kulturbahnhof”, ist Bürgermeister Toni Dutz überzeugt. Foto: Udo Fürst

Vertane Birkenstock-Chance

Apropos Bergbau: Der Niedergang der Glas- und Porzellanindustrie hatte Wiesau schwer getroffen, der Markt schrumpfte. Inzwischen ist der Strukturwandel aber auf einem guten Weg. „Die Talsohle ist durchschritten“, sagt Dutz, „Wiesau wächst wieder – die Leute merken, am Land lässt es sich besser leben.“ Mit Wiesau-Plast hat der Markt zudem einen großen Arbeitgeber mit Potenzial. 

„Schade nur, dass Birkenstock nicht gekommen ist“, trauert der Bürgermeister einer verpassten Chance hinterher. „Wir haben alles aufgefahren und waren in der Endausscheidung unter den letzten Drei. Dann hören wir plötzlich, die gehen nach Pasewalk, kurz vor Stettin.“ Auf Nachfrage erfährt er: „Als sich das Management nach der Arbeitsmarktlage erkundigte, hat man in Tirschenreuth signalisiert, wir hätten praktisch Vollbeschäftigung – deshalb sind 400 Arbeitsplätze futsch.“

Toni Dutz im Redaktionsgespräch. Foto: Jürgen Herda

Was nun, Herr Dutz?

Nach dieser Wahlperiode geht eine Ära zu Ende: Toni Dutz, dann seit über 40 Jahren Fels in der Wiesauer Brandung, verlässt das Rathaus. Der Name Dutz könnte der Marktgemeinde aber dennoch erhalten bleiben: Sohn Michael Dutz bereitet sich als Zweiter Bürgermeister bereits auf die Nachfolge seines Vaters vor. Entsteht da eine neue Wiesauer Dynastie?

„Ich bin unschuldig“, sagt Toni Dutz lachend. „Wir haben eine ungeschriebene Regel im Gemeinderat, dass zweiter Bürgermeister wird, wer die zweitmeisten Stimmen hat.“ Und das sei nun mal der Sohnemann. Die Wiesauer haben gesprochen. Ohne sein Zutun sei der 34-Jährige als Vorsitzender der JU, erfolgreicher Fußballer und Initiator der Ukraine-Hilfe kraft eigener Ausstrahlung im Rennen. „Noch ist aber einige Zeit hin“, sieht Dutz noch keine Vorentscheidung, „der dritte Bürgermeister André Putzlocher wäre auch ein attraktiver Kandidat, die Entscheidung trifft der Wähler.“ 

Der Senior selbst aber will in Wiesau noch die begonnenen Projekte zu Ende bringen – und hat auch schon einige Ideen für die künftige Freizeitgestaltung: „Ich bin begeisterter Sänger“, sagt der Toni, „zurzeit zwar nur in der Badewanne, aber künftig traue ich mir durchaus eine aktive Rolle im Männergesangsverein zu – danach geht’s dann zum Schafkopfen.“ Die beiden Fußballvereine, Schönhaid und Wiesau, lägen ihm ebenfalls am Herzen, was der Autor dieser Zeilen bestätigen kann, seit der Bürgermeister vor Jahren mit einer Delegation gekränkter Fußballer in die Redaktion einmarschierte. Man habe dem Verein damals Unrecht getan. 

Auch Reisen sei eine Option, wo er doch kürzlich erst von einem chinesischen Amtskollegen eingeladen wurde. „Er hat mir gesagt, er sei auch Bürgermeister einer kleinen chinesischen Stadt mit 3,5 Millionen Einwohner.“ Ob Dubai oder Kreuzfahrt, es muss für Dutz nicht immer der ganz große CO₂-Abdruck sein: „Meine Freude ist auch in Südtirol groß“, sagt der Toni, „wir waren mit den Enkeln in Meran, wo die Tiroler Minderheit selbstbewusst drei Sprachen – deutsch, latinisch und italienisch – und zweisprachige Ortsschilder durchgesetzt hat.“

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