Finanzskandal um WohnSachWerte: Zigtausende Betroffene wollen ihr Geld zurück

Weiden. Der Finanzskandal um die WohnSachWerte eG aus Weiden hat enorme Dimensionen. Insgesamt gab es bundesweit geschätzt 27.000 Einzahler. Zigtausende wollen ihr Geld zurück. Am Dienstag war Gläubigerversammlung in Weiden.

WohnSachWerte Jens Reime Betrug Landgericht Weiden
Anwalt Jens Reime (hier auf dem Weg zur Gläubigerversammlung im Weidener Justizgebäude) vertritt rund 60 Geschädigte des WSW-Betrugs. Foto: Christine Ascherl

Die Geschädigten kommen aus ganz Deutschland, mindestens acht Anwaltskanzleien vertreten größere Gruppen. Anwalt Jens Reime ist der erste, der am Dienstag die Justizbehörden von Weiden betritt. Der Bautzener vertritt heute 60 Geschädigte. Sie haben eines gemeinsam: Sie haben nie eine Unterschrift unter einen Vertrag mit der Wohnungsbaugenossenschaft WSW gesetzt. Sie waren nach eigener Beteuerung völlig unfreiwillig in die Falle getappt.

Schwupps – und schon Genosse

So genügte es laut Reime, auf der WSW-Homepage foerderhelden.de seine Kontaktdaten zu hinterlassen: und schwupps – zog die WSW vom Arbeitgeber 50 Euro vermögenswirksame Leistungen ein. Viele merkten den mutmaßlichen Betrug erst Monate später bei genauem Studium ihres Lohnzettels.

Allein der Schaden der 60 Klienten von Reime beträgt pro Person 200 bis 2.000 Euro. Und diese 60 Gläubiger sind bei weitem nicht alle: Insgesamt haben 270 Betroffene Rat in der Bautzener Kanzlei gesucht. Bei vielen ist die Sache anders gelagert, hier wurden tatsächlich Unterschriften geleistet. Das Eintreiben geleisteter Zahlungen wird schwieriger.

Oder gar noch schlimmer. Insolvenzverwalter Dr. Hubert Ampferl nutzt die Minuten vor Beginn der nicht öffentlichen Gläubigerversammlung für soviel Transparenz wie möglich. Neben der Gruppe der Gläubiger (nie eine Unterschrift geleistet) gibt es auch die Gruppe der Genossen. Auch diese fühlen sich getäuscht; immerhin verfügte die WSW außer einer Ein-Zimmer-Wohnung in Weiden nie über eine Immobilie. Aber für diese Einzahler besteht tatsächlich die Gefahr, dass sie sogar noch etwas nachschießen müssen. Ganz egal, ob die Vorstände wegen Betrugsverdachts in Haft sitzen oder nicht. Ampferl: “Jeder Einzelfall muss geprüft werden.”

Ein Berg an Verbindlichkeiten

Die Gläubigerversammlung am Dienstag im Schwurgerichtssaal wird von Rechtspfleger Paul Dumler geleitet, vertretend Rechtspflegerin Sigrid Meiller. Sie haben es am Dienstag nicht nur mit den geschädigten Einzahlern zu tun. Ihnen gegenüber sitzen auch Vertreter der rund 20 Beschäftigten, die Lohnrückstände zu beklagen haben. Zudem verstreuen sich einzelne Gläubiger, wie ein privater Kreditgeber, der mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ralf Kiener jahrzehntelang privat gut konnte. Jetzt steht er mit einem Schaden von 70.000 Euro da, “meine Altersvorsorge”. Auch er meldet Ansprüche an. Die Verbindlichkeiten umfassen zudem Leasing, Miete etc.

Kripo: eigene Ermittlungsgruppe in Eschenbach

Parallel zum Insolvenzverfahren läuft das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Am 22. März 2022 war das Ehepaar Tina und Ralf K., die Vorständin und der Aufsichtsratsvorsitzende der WSW, im Privathaus im Landkreis Neustadt/WN festgenommen worden. Seither ermittelt die Kriminalpolizei wegen des Verdachts auf Betrugs. Angenommene Schadenssumme: aktuell 13 Millionen Euro, über 20.000 betrogene Arbeitnehmer.

In den Räumen der Polizeiinspektion Eschenbach hat sich eine Ermittlungsgruppe WSW einquartiert, die etwa ein Dutzend Kriminalbeamte und Schreibkräfte umfasst. Jede Kriminalpolizeiinspektion der Oberpfalz hat einen, wenn nicht mehr Kräfte abgestellt. Das Verfahren ist aufwändig, und es drängt die Zeit. Nächste Woche steht schon wieder ein Haftprüfungstermin an. Eine derart lange Untersuchungshaft muss gut begründet sein. Bisher wurden alle Entlassungsanträge des Ehepaars, das ein minderjähriges Kind hat, abgelehnt. Das Kind befindet sich in Obhut des Jugendamtes.

Staatsanwalt Wolfgang Voit leitet die Ermittlungen von Seiten der Staatsanwaltschaft Weiden. “Unsere Zielrichtung ist es, die Ermittlungen im ersten Halbjahr abzuschließen.”

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