IHK warnt: Konjunktur steht am Scheideweg

Nordoberpfalz. "Die konjunkturelle Erholung ist derzeit äußerst fragil“, urteilt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes. Preissteigerungen bremsen das Geschäft.

Vorprodukte wie hier Messingstangen bei der Firma Lüdecke in Amberg sind derzeit schwer zu bekommen. (Foto: Peter Burdack/IHK)

Die Geschäftslage der Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen entwickelte sich zuletzt positiv, meldet die Konjunkturumfrage der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim. Der IHK-Konjunkturklima-Index steigt seit Jahresmitte um fünf Punkte auf 127,9. Gleichzeitig treiben gleich mehrere Risiken den Experten Sorgenfalten auf die Stirn. „Die konjunkturelle Erholung ist derzeit äußerst fragil“, urteilt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes mit Blick auf die Umfrage der IHK bei 320 Unternehmen aller Größen und Branchen.

Die heimischen Unternehmen adressierten in der Konjunkturumfrage deutliche Forderungen an die neue Bundesregierung. „Unsere Unternehmen brauchen mehr Investitionen in Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die staatliche Belastung des Strompreises muss reduziert sowie eine Flexibilisierung am Arbeitsmarkt ermöglicht werden“, sagt Helmes.

Mangelwirtschaft in der Industrie

In der Industrie drücken die gestörten Lieferketten sowie steigende Energie-, Material- und Frachtkosten auf die Stimmung. Auch wenn die Umsatzzahlen der Industrie bis zum Sommer knapp das Vorkrisenniveau erreicht haben, bremsen in neun von zehn Unternehmen starke Preissteigerungen bei Rohstoffen und Waren das Geschäft. Die Folge seien Produktionseinbußen und Stillstände bei gleichzeitig hoher Nachfrage.

„Es ist eine absurde Situation, die Auftragsbücher sind voll, die Firmen können aber oft nicht produzieren, weil wichtige Teile fehlen“, so Helmes. Versorgungslücken bekommt auch die Lüdecke GmbH, ein Hersteller von Kupplungssystemen in Amberg, voll zu spüren. „Es herrscht ein Mangel für nahezu alle unsere Vormaterialien, vor allem im Metallbereich. Solche Nachfragesprünge habe ich in den letzten 30 Jahren nicht ansatzweise erlebt“, stellt Geschäftsführer Klaus Herdegen fest.

Außenhandel tritt auf der Stelle

Die regionalen Exportunternehmen melden zwar seit Frühjahr eine Erholung ihrer Auslandsgeschäfte. Im Gegensatz zum EU-Raum hat sich in den letzten Monaten jedoch das Auftragsvolumen mit China und den USA wieder reduziert. Insgesamt wird für die nächsten zwölf Monate ein stagnierendes Exportgeschäft erwartet. Die Befragten berichten über fehlende Transportkapazitäten und daraus resultierende Erhöhungen der Frachtkosten.

Als Ursachen nennen sie coronabedingte Grenz- und Terminalschließungen großer chinesischer Containerhäfen. Zudem sei keine Entschärfung des Konflikts zwischen China und den USA in Sicht. Die Störungen im asiatischen Raum führen aber auch zu Ausweichaufträgen und zusätzlichem Umsatz für die heimische Wirtschaft. „Nearshoring im europäischen Ausland wird für unsere Unternehmen lohnenswert, weil es kurze Lieferketten ermöglicht und vor politischen Risiken schützt“, beobachtet Helmes.

Corona und seine Folgen

Weiterhin hemmen Corona-Maßnahmen jedes vierte befragte Unternehmen bei seinen Tätigkeiten. Zwei Drittel der Tourismusbetriebe sogar melden erhebliche Einschränkungen. Quarantänebedingt ausfallende Mitarbeiter verschärfen bei 22 Prozent der Betriebe die Abläufe. Hotels, Gastronomie und Tourismusbetriebe verlassen das Corona-Tal, auch wenn die Umsätze noch nicht das Niveau vor der Corona-Pandemie erreichen. Jedoch steigt vor allem hier wieder der Fachkräftemangel. Während des Lockdowns ausgeschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich oft umorientiert. Neue Bewerber bleiben aus.

Der regionale Handel liegt insgesamt wieder auf Vor-Corona-Niveau. Sowohl Einzel- als auch Großhandel profitieren von Aufhol- und Nachholeffekten. Jetzt setzen die Händler in der Region wieder auf das eigentlich umsatzstärkste vierte Quartal. „Nachdem das Weihnachtsgeschäft 2020 den Pandemiemaßnahmen zum Opfer fiel, hoffen die Händler nach langer Durststrecke nun auf gute Geschäfte“, sagt Helmes.

Inflation und Investitionen

Die Finanzlage zeigt sich bei den Unternehmen in der Region robust: Nicht zuletzt durch weitere Erholungen im Liquiditätsstatus kommt es lediglich bei fünf Prozent der Betriebe zu Forderungsausfällen aufgrund von Insolvenzen bei Kunden oder Lieferanten. Sofern die höhere Inflationsrate und die steigenden Verbraucherpreise nur temporärer Natur seien, gehen mit Ausnahme der Industrie alle Branchen von einem weiteren Aufwärtstrend aus.

Auch wenn sich insgesamt das Investitionsverhalten nur bei einem Drittel der Befragten verbessert, steigt die Nachfrage nach Fördermitteln und Innovationsprogrammen. „Selbst wenn die Inflation nun etwas länger bei drei bis fünf Prozent bleibt, glaube ich nicht, dass die EZB eine Wende bei der Zinspolitik vollzieht“, schätzt Albert Lorenz, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Kreis Kelheim eG. Die Kreditnachfrage bleibt aus seiner Sicht auch in das neue Jahr hinein auf hohem Niveau, solange die Zinsen niedrig bleiben. Also: „Das Geld ist da – es muss nur investiert werden, damit die Konjunktur in Schwung kommt“, so Helmes.

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