Wie barrierefrei ist Weiden? Interview mit Alexander Grundler

Weiden. Die Inklusion vorantreiben, Barrierefreiheit schaffen – Das sind die Themen des kommunalen Behindertenbeauftragen der Stadt Weiden, Alexander Grundler. Vor allem geht es darum Menschen mit Behinderung zu unterstützen und zu beraten. Wir haben gefragt: Was macht seinen Beruf aus? Wie steht es um die Barrierefreiheit der Stadt Weiden? 

Alexander Grundler Rollstuhl3

Von Anja Reber

Bereits seit 2007 ist Alexander Grundler der Behindertenbeauftrage der Stadt Weiden. Seit 2008 ist es eine hauptamtliche Stelle. Durch seine spastische Lähmung der unteren Extremitäten begleitet ihn das Thema Behinderung nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. „Ich fühle mich, wenn überhaupt, dann eher GEhindert als behindert. Dann muss man sich eine Strategie erarbeiten mit der man trotzdem ans Ziel kommt. Das ist zwar manchmal mühsam aber eigentlich immer lohnenswert“, erzählt Grundler.

Rückblickend berichtet der Rollstuhlfahrer überwiegend von positiven Erfahrungen, abgesehen von schwierigen Phasen während seiner Schulzeit. Doch auch damals schon hat er sich nicht viel gefallen lassen und sich den nötigen Respekt verschafft. Besonders wichtig für die Selbstständigkeit war die prägende Ausbildungszeit zum mittleren Archivdienst in München. Auch dank der großen Unterstützung seiner Familie, konnte Grundler seine Ziele fast immer erreichen.

Hilfe in allen Lebenslagen

Alexander Grundler berät Menschen jeglichen Alters in allen Belangen rund um das Thema Behinderung. Das können Fragen von Eltern sein, die für ihr behindertes Kind einen Platz in einem inklusiven Kindergarten suchen. Oder die nach Lösungen suchen damit das Kind eine Regelschule besuchen kann. Ältere Menschen erkundigen sich nach den Auswirkungen der Frühberentung. Angehörige nach dem Antrag auf eine Pflegestufe oder den Schwerbehindertenausweis für ihren Vater oder die Mutter. Aber auch Stolpersteine wie eine zu hohe Bordsteinkante oder ein beschädigter Gehweg werden angesprochen. Dazu kommen öffentliche Belange beispielsweise der Festplatz, der Neubau der FOS/BOS oder aktuell die Planungen für das neue Nordoberpfalz-Center (NOC).

Bayerns erste barrierefreie Schule

Mit Stolz berichtet Grundler, dass die FOS/BOS die erste barrierefreie Schule in Bayern nach DIN 18040 ist. Deshalb wurde die Schule auch von der Bayerischen Staatsregierung mit dem Siegel Bayern Barrierefrei ausgezeichnet.

Das größte aktuelle Projekt ist sicherlich das geplante Nordoberpfalz-Center (NOC), auch hier bringt sich der Behindertenbeauftragte mit viel Engagement für möglichst viel Barrierefreiheit ein. Aber auch der ein oder andere Bordstein oder Gehweg ist angepasst worden und erleichtert Menschen mit Behinderung das Leben in der Stadt Weiden.

Das Erreichte konnte nur durch die Teamleistung vieler Kolleginnen und Kollegen und der hervorragenden Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung umgesetzt werden. Die Tatsache, dass zu Themen die ich vorantreibe im Stadtrat meist ausnahmslos Konsens herrscht, macht mich sehr froh,

berichtet Grundler.

Weidner Stolpersteine

Neben den Erfolgen und der tollen Entwicklung im Hinblick auf die Beratungssituation gibt es in Weiden aber leider auch noch ein paar altbekannte Stolpersteine. Einer ist sicherlich der Bahnhof, alle Versuche in Gesprächen mit dem Bahnbeauftragten und Landesvertretern die Situation zu verbessern blieben leider erfolglos. Fakt bleibt, dass die Deutsche Bahn AG für die Bahnhöfe zuständig ist. Hinzu kommt, dass die Bahn sagt, es fahren zu so wenige Menschen mit Behinderung, da besteht kein dringender Handlungsbedarf. Menschen mit Behinderung fahren allerdings so selten, weil die Situation so schlecht ist. „Man kann nur zum Bahnfahren ermutigen. Nutzen Sie den Mobilitätsservice. Je öfter das angefordert wird, desto eher tut sich was. Ich hoffe sehr, dass durch die Elektrifizierung der Bahnstrecke Hof – Regensburg auch in dieses Thema wieder mehr Bewegung kommt“, berichtet der Behindertenbeauftragte.

Auch die Fußgängerzone beschäftigt das Team rund um Alexander Grundler sehr intensiv. Innerhalb der komplexen Rechtsmaterie werden planerische Lösungen erarbeitet, die Umlage von Ausbaubeiträgen geklärt und über eine Spur für mobilitätseingeschränkte Personen nachgedacht.

Insgesamt ist es auch eine Herausforderung die unterschiedlichen Bedürfnisse im Blick zu haben.

Manchmal brauchen wir auch Kompromisse. Gehsteigkanten sind für Sehbehinderte wichtig zur Orientierung, für Gehbehinderte ein Stolperstein.

7.000 Weidener leben mit Handicap

Über 7.000 Menschen mit verschiedensten Behinderungen leben in Weiden. Die Tendenz ist steigend, was nicht zuletzt auch dem demographischen Wandel geschuldet ist. Mit zunehmendem Alter steigen die Behinderungen. Aber es ist auch ein regionaler Faktor dabei. Durch den hohen Anteil an industriellem Gewerbe in früheren Zeiten und der damit verbundenen körperlich anstrengenden Arbeit, gibt es einen höheren Behinderungsgrad. Zudem steigen die Zahlen der psychischen Behinderungen erschreckend an, hier ist die Entwicklung ungewiss.

„Auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung tut sich im Moment so einiges da es viele Projekte gibt wie z. B. „Hand in Hand“ oder „Wirtschaft inklusiv“ um nur zwei Bespiele zu nennen. Die Unternehmen erkennen langsam, dass die Menschen mit Behinderung ein Potential auf dem Arbeitsmarkt sein können, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.“

Inklusion geht nur wenn wir umdenken

Alexander Grundler hat es sich zum Ziel gesetzt die Inklusion weiter und so schnell wie möglich voranzubringen. So dass nicht nur Vorzeigeprojekte umgesetzt werden, sondern dass sich grundlegend etwas verändert. Das kann auch mit Einschnitten für Menschen mit Behinderung einhergehen. So ist zum Beispiel die Beitragsfreiheit beim Rundfunkbeitrag aufgehoben worden, da die öffentlich rechtlichen Sender ihr Angebot für Menschen mit Behinderung deutlich ausgebaut haben und immer noch ausbauen.

Um Inklusion umzusetzen, muss ein gesamtgesellschaftliches Umdenken stattfinden.

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