“Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe”

Floß. Der Flosser Seniorenkreis „Klub 70“ hört die Jahreslosung und debattiert über die aktuellen Bauernproteste.

Geradezu leidenschaftlich diskutierte Pfarrer Wilfried Römischer (rechts) mit den Bäuerinnen und Bauern beim Vortragsnachmittag im Seniorenkreis „Klub 70“ als er die Jahreslosung 2024 verkündete und über die Bauernproteste debattieren ließ. Foto: Fred Lehner

Es ist nicht nur das Dabeisein, es ist es eine seelsorgerische Aufgabe, die einmal im Jahr durch den Ortsgeistlichen der evangelischen Kirchengemeinde St. Johannes Baptista im Seniorenkreis „Klub 70“ vollzogen wird. Es ist die Auslegung der Jahreslosung. Sie steht 2024 unter dem Motto: “Alles, was ihr tut, geschehe mit Liebe“.

Großer Zuspruch bei den Senioren

Pfarrer Wilfried Römischer hatte sich bisher alle Jahre daran gehalten, so auch am Samstag im Gemeindehaus, als sich die Senioren des „Klub 70“ zu ihrem Monatstreffen ein Stelldichein gaben. Leiterin Renate Lindner, seit mehr als zwölf Jahren übernimmt sie diesen ehrenamtlichen Dienst, war erfreut über den Zuspruch der Senioren. Mit dem Monatsspruch und den Glückwünschen an die Geburtstagsjubilare im Januar, mit dem Kanon „Viel Glück und viel Segen“ eröffnete sie den lebendigen Vortragsnachmittag, der durch Gespräche und Lieder, dazu mit Kaffee und Kuchen, wieder neue Impulse vermittelte.

Landwirte erzählen

Es war mehr als nur die Verkündigung der Jahreslosung, es war auch eine rege Diskussion über die von Pfarrer Römischer aufgeworfene Frage, was uns derzeit umtreibt, was geschieht und was es mit den Bauernprotesten auf sich hat. Der Geistliche wollte bewusst seine Fragen aus berufenem Munde von den anwesenden Landwirten beantwortet haben. Immerhin zählt das Flosser Land mehr als 60 landwirtschaftliche Betriebe. 

Die befragten Bauern nahmen kein Blatt vor dem Mund. Zu hören war die nicht mehr zu ertragende Bürokratie, die zunehmenden Verluste an Grund und Boden, die die Landwirte zu Sklaven ihrer Betriebe machten, die verschärften Bestimmungen in der Viehhaltung und die unerträgliche und anhaltende Missachtung der Landwirtschaft. Damit verlieren die Landwirte die Liebe und Freude an ihrer Arbeit. 

Bauernprotest hat eine lange Geschichte

Zwischen den Liedrufen, die durch Pfarrer Römischer mit der Gitarre begleitet wurden, gab es neben den Vorträgen von Gebetstexten durch Erika Römischer offene Wortbeiträge. Pfarrer Römischer hielt fest, dass der Bauernprotest eigentlich eine lange Geschichte habe. So wurden in den letzten 20 Jahren mehr als 50.000 landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben. Daraus entstand Verunsicherung, Sorge, Ärger und Wut. Eine denkbar schwierige Lage, die nur in der Gemeinsamkeit und im Miteinander gelöst werden kann.

Politische Vernunft ist gefragt

Auflagen, Bürokratie, Modernisierung, Schulden, Preisdruck, Rationalisierung, Pestizide, Monokulturen, Tierfabriken und schließlich Vorwürfe wie Umweltsünder und Tierquäler führten dazu, dass Respekt und Achtung verloren gingen. Es gehe bei den Protesten um Dinge und Fragen, die der Vernunft unterworfen sind, die mit politischer Vernunft betrachtet und gelöst werden müssen, so der Geistliche. Verzicht muss auf alle Schultern verteilt werden. Größere Schultern müssen mehr tragen.

Respekt und Achtung

Auf die Jahreslosung eingehend sagte der Pfarrer, dass Liebe nichts anderes als Respekt und Achtung heiße, Empathie bedeute. Nachdem der Geistliche Rainer Maria Rilkes Geschichte von der Rose erzählt hatte, drückte er seine Wertschätzung und Verbundenheit an alle Besucher des Nachmittags mit einer weißen Rose aus, die jeder Besucher mit nach Hause genommen werden durfte. Den Abschluss bildete das gemeinsam gesungene Lied „Herr gibt uns einen guten Nachbarn, Augen, Ohren, Munde und Hände“. Römischer bat, Gottes Bild im anderen Menschen zu sehen. Liebe schließe auch Kritik nicht aus, sie überfordert nicht, nur Gott ist vollkommene Liebe und Liebe ist stark wie der Tod.

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