Andacht in Flossenbürg: Querdenker “tun Bonhoeffers Gedicht Gewalt an”

Flossenbürg. „Gott will keinen Krieg“, sagt Dekan Thomas Guba schlicht gegen Ende einer Andacht an jener Stelle, an der vor 77 Jahren Dietrich Bonhoeffer erhängt worden ist. Die Sprecher meinen den Krieg in der Ukraine, aber auch den "verbalen Krieg" der Querdenken-Bewegung.

Dekan Thomas Guba, Martin Waßink von der Dekanatsjugendkammer und Dekanatsjugendreferent Fabian Endruweit (von links) feiern mit einer kleinen Schar eine Andacht zum 77. Todestag Dietrich Bonhoeffers. Foto: Gabi Eichl

Es ist kaum ein Dutzend Menschen, das sich zu diesem Friedensgebet der evangelischen Jugend des Dekanats Weiden im Hof des Arrestbaus der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg versammelt hat. Aber es fallen zum Teil sehr deutliche Worte, nicht nur in Richtung Ukraine-Krieg, sondern auch in Richtung „spaziergehender Querdenker“, die sich Dietrich Bonhoeffers bekanntestes Gedicht “Von guten Mächten treu und still umgeben” zu eigen machen. Der lutherische Theologe und Pfarrer wurden am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet.

Kirchengemeinden singen Lied nicht mehr

Martin Waßink von der Dekanatsjugendkammer nennt es „Blasphemie am echten Glauben und am tatsächlichen Widerstand“, wenn Kritiker der Corona-Maßnahmen sich bei ihren Spaziergängen „von guten Mächten geborgen“ wähnten und „so tun, als wären sie heldenhaft im Widerstand gegen eine Diktatur“. Damit täten sie Bonhoeffers Gedicht Gewalt an; verschiedene evangelische Kirchengemeinden sängen das Lied derzeit aus diesem Grund nicht mehr.

“Was ist das anderes als verbaler Krieg?”

Bei der Andacht wird die Vertonung der Bonhoeffer-Verse in der weniger bekannten Version Otto Abels von 1959 gesungen. Endruweit spricht von einer „anderen Form von Krieg“, wenn behauptet werde, es herrschten Umstände wie in einer Diktatur ähnlich dem Dritten Reich. „Was ist das anderes als verbaler Krieg, der Seelen und Menschen tötet?“, fragt der Dekanatsjugendreferent.

Einig über die Notwendigkeit zu handeln

Dekan Thomas Guba verbindet das Gedenken an Bonhoeffer und die, die an diesem 9. April 1945 mit ihm starben, mit einem Gedenken an alle, die heute weltweit in Kriegen sterben, die „in diesem Moment völlig sinnlos ihr Leben verlieren“. Und Guba schließt die Angehörigen dieser Kriegstoten ein, erinnert an das Leid derer, die wie Bonhoeffers Eltern und dessen Verlobte bangen und trauern. Er zitiert aber auch aus einem Brief von Bonhoeffers Vater, in dem dieser schreibt, die Familie sei sich einig gewesen über die Notwendigkeit zu handeln, die Söhne seien sich bewusst gewesen, welches Risiko sie eingingen.

Der Dekanatsjugendreferent Fabian Endruweit sagt wenig später zwischen den Strophen des Bonhoeffer-Gedichtes: „Ich könnte mutiger sein, da bin ich sicher.“ Ein Appell, den Weg des Friedens zu suchen und zu gehen, statt im System mitzulaufen.

* Diese Felder sind erforderlich.