Aufatmen im Dorf: Die “Hammerbeck”-Geschichte geht weiter

Pullenreuth. Verliert Pullenreuth seine Bäckerei und seinen Tante-Emma-Laden? Die Sorge ging in dem Dorf um, dann die Entwarnung: Nach reiflicher Überlegung hat sich Silvia Wächter entschieden, das Lebenswerk ihrer Eltern fortzuführen.

Silvia Wächter hat sich entschieden, die Bäckerei und das Lebensmittelgeschäft ihrer Eltern zu übernehmen. Foto: Theo Kurtz

Der “Hammerbeck” in Pullenreuth ist eine Institution. Seit 140 Jahren gibt es bereits die Bäckerei. Seit 86 Jahren ist sie im Besitz der Familie Philipp. Nach 56 Arbeitsjahren hatte sich Waltraud Philipp Ende des vergangenen Jahres entschieden: “Es reicht jetzt. Ich höre auf.” Ist der Hammerbeck möglicherweise Geschichte? Viele Pullenreuther trieb das mögliche “Aus” um. Aufatmen: Es geht weiter. Tochter Silvia Wächter hatte sich entschieden, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten.

Krisensicheren Job aufgeben

Kein Schnellschuss: Mindestens ein halbes Jahr lang hat die 53-Jährige hin- und herüberlegt und sich mit ihrer Familie beraten. “Ich wurde in keinster Weise gedrängt”, erzählt sie. Immerhin: Sie musste ja schließlich einen krisensicheren Job bei Edeka aufgeben. 37 Jahre lang war sie dort beschäftigt. Bevor sie “Ja” sagte, fragte sie “ihre” beiden Männer in der Backstube. Als die signalisierten, an Bord bleiben zu wollen, stand für sie fest: “Ich machs.”

Sternekoch schwärmt von den Semmeln

Der Hammerbeck, so der Hausname, versorgt die Dorfbewohner mit leckeren Semmeln, Brotspezialitäten und Kleingebäck. Aber nicht nur die. Nachdem in nicht wenigen kleinen Backstuben in der Umgebung die Lichter ausgingen, kaufen auch die Bewohner aus den umliegenden Orten ein. Am Samstag bildet sich regelmäßig eine lange Schlange vor dem Geschäft. Die Backwaren schmecken. Auch Sternekoch Alexander Herrmann hatte schon mal in der TV-Sendung “Familienrezept” mit Hammerbeck-Brötchen gekocht.

Silvia Wächter will beim Sortiment die Kundenwünsche noch stärker berücksichtigen. Foto: Theo Kurtz

Lebensmittelladen gehört dazu

Ein 100 Quadratmeter großer Lebensmittelladen gehört dazu. Hier bekommen die Pullenreuther die wichtigsten Dinge für den täglichen Bedarf. Sie können dort auch ihre Pakete aufgeben. 1995 hat die Post in dem Geschäft eine Agentur eröffnet. Eine wichtige Zusatzeinnahmequelle. Um 7 Uhr früh sperrt Silvia Wächter täglich auf. Und sie freut sich jedes Mal aufs Neue. “Mir macht es echt großen Spaß.”

Sie will mit der Zeit gehen, hat das eine oder andere schon verändert. Mittlerweile gibt es auch Olivenöl zu kaufen. Und sie will, nach Möglichkeit, die Kundenwünsche in ihrem Sortiment berücksichtigen. So bietet sie Dosenthunfisch in Sonnenblumenöl an. Der kleine Bub einer Kundin isst ihn für sein Leben gerne. Demnächst will sie das Schaufenster umdekorieren. Bislang hatte sie noch eine Zeit dafür. Aber jetzt wird sie es anpacken.

Konkurrenz ist groß

Die Konkurrenz ist groß. Nur ein paar Kilometer entfernt gibt es einen Rewe-Markt und eine Netto-Filiale. Das hatte Silvias Eltern damals richtig getroffen. Die hatten den Laden gerade erweitert, als sich im benachbarten Neusorg der zweitgrößte Lebensmittelhändler Deutschland ansiedelte. “Uns ist damals Umsatz weggebrochen”, erinnert sich Waltraud Philipp. Das tat richtig weh, aber die Familie machte trotzdem weiter.

Silvia Wächter ist sich natürlich bewusst: “Reich wirst du damit nicht.” Muss nicht sein. Ihr reicht, dass, wie in der Vergangenheit auch, die Pullenreuther “ihrem” Tante-Emma-Laden weiterhin die Treue halten. Und die 53-Jährige ist froh, diesen Schritt getan zu haben, nicht nur für sich ganz persönlich, sondern um damit das Lebenswerk ihrer Eltern fortsetzen zu können.

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