Dritte Liga: Jahn-Spektakel in Ingolstadts Audi-Sportpark

Ingolstadt. Der FC Ingolstadt geht im Audi-Sportpark zweimal aus dem Nichts in Führung. Aber der Jahn aus Regensburg ist wilder, schneller, geiler – und holt sich nach dem Sonntagabend-Spektakel im Derby mit neun Punkten in der Englischen Woche Relegationsplatz 3 zurück.

1500 Jahn-Fans feiern den spektakulären 4:2-Sieg der Regensburger beim FC Ingolstadt. Foto: jrh

Der FC Ingolstadt liegt dem SSV Jahn – wenn man mal die unglückliche Toto-Pokal-Niederlage vor ein paar Wochen außen vor lässt. 4:2 Auswärtssieg im Audi-Sportpark … da war doch was! Richtig. Nach dem Aufstieg 2017 in Liga 2 gab der SSV Jahn mit demselben Ergebnis seine Visitenkarte ab: Der Doppel-George drehte damals ein 1:2. Und auch Andi Geipl war schon dabei.

Heute setzt der Sepp, wie der Schafkopf-King von den Kollegen liebevoll genannt wird, den Schlusspunkt in einer turbulenten Partie: Jahn-Keeper Felix Gebhardt rettet zuvor mit Monsterparade gegen Daouda Belemes Kopfball aus fünf Metern zur Ecke.

Ingolstadts Torwart Marius Funk eilt zur mutmaßlich letzten Gelegenheit zum Ausgleich mit nach vorne. Die Jahn-Abwehr blockt die Flanke, schickt Geipl auf die Reise, der holt die letzten Körner aus sich heraus, immer mit einem Blick über die Schultern, wie weit die Verfolger ihm auf die Pelle rücken – und schiebt dann aus 20 Metern cool zum 2:4 ein (94.).

Ingolstadt zunächst effektiver

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ingolstadt ist an diesem Abend weit entfernt von einem Powerplay gegen Regensburg. Belemes Kopfball hat Seltenheitswert. Zwar hat der FCI einige gute Kontergelegenheiten, aber in der Summe dominiert der Gast aus der Oberpfalz mit gewohnt gierigem Pressing. Die zwischenzeitlichen Führungen der Oberbayern durch Yannick Deichmann zum 1:0 (21.) nach kongenialem, aber auch ungestörtem Pass von Jannik Mause sowie Mauses Rechtsschuss himself zum 2:1 (51.) kann man deshalb als höchst effektiv bezeichnen.

Die Antwort der Regensburger, die zuvor mehrfach eine eigene Führung verpassen, folgt prompt. In der ersten Hälfte köpft Noah Ganaus die nächste präzise Flanke von Flügelflitzer Konrad Faber rechtzeitig vor der Pause zum 1:1 (41.) ein. Der eingewechselte Elias Huth tut es ihm gleich und beendet mit dem Kopfball zum 2:2 (70.) nach ebenso feinem Pass von Dominik Kother seine saisonübergreifende Torflaute.

Zweimal darf der FC Ingolstadt über eigene Führungstore jubeln. Am Ende jubelt aber der SSV Jahn. Foto: jrh

Die Gier ist zurück

Und wo er schon mal dabei ist: Der Gelb-vorbestrafte Moritz Seiffert verliert die Kugel kurz vor der Mittellinie an Kother, kommt dem Jahn-Blondschopf nicht recht hinterher und stoppt ihn per Notbremse im Strafraum – Glück für den Ingolstädter, dass der ansonsten umsichtige Studenten-Schiri Christian Ballweg sogar auf die zweite Gelbe verzichtet und lediglich auf den Punkt zeigt: So schießt man Elfer, Huth knallt das Ding unter die Latte, 2:3 (78.). Und den Schlusspunkt haben wir bereits vorweggenommen: Käpt’n Geipls Schuss ins Glück zum 2:4 (94.) versetzt die Auswärtstribüne in Ekstase.

So viel Spaß bereitete der SSV zuletzt in der Aufstiegssaison 2017 und den zwei folgenden Jahren. Die Gier ist zurück. Wie die Regensburger selbst im dritten Spiel der Woche bis zur letzten Sekunde alles in die Waagschale werfen, ist imponierend. Immer wieder gelingt es einem Rot-Weißen, dem Gegenspieler im Aufbau die Kugel zu klauen, eine lang vermisste Tugend – selbst Jahn-Coach Joe Enochs und Sportchef Achim Beierlorzer liefern sich zwischendurch einen kleinen Schaukampf beim Antreiben ihrer superduper Truppe.

Ein Erfolgsgarant: Konrad Fabers Flügelläufe sorgen immer wieder für Gefahr, wie seine Flanke zum 1:1 für Noah Ganaus beim FC Ingolstadt. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Enochs: „Zwei Ochsen vorne drin“

Dass 1500 frenetische ankurbelnde Jahn-Fans unter den 6300 Zuschauern im Audi-Sportpark das Derby fast zu einem Heimspiel umdeuten, freut Jahn-Trainer Joe Enochs: „Die Fans unterstützen uns, das ist einmalig.“ Wie die Mannschaft nach zwei Rückständen zurückfightet, „diesen Herzfußball, das ist genau das, was die Fans sehen wollen“. Er sei froh, dass man mit den Stürmern Geduld bewiesen habe: „Heute haben sie es mit drei Stürmertoren zurückbezahlt.“

Er habe immer an Elias Huth geglaubt: „Dass er die Verantwortung übernommen hat, den Elfmeter reinzumachen, das spricht für ihn.“ Enochs findet, dass seine Truppe auch schon die sechs Minuten vor dem 1:2 ganz ordentlich gespielt, die Bälle festgemacht habe. „Weil die Jungs an sich glaubten, haben sie sich danach mit den Toren belohnt – das war sehr viel Arbeit.“ Seine Umstellung habe sich bezahlt gemacht: „Mit den Flankengebern Oscar von links und Konrad von rechts, und die zwei Ochsen vorne drin.“

Ackergaul Huth lobt die Mannschaft

Als Ackergaul habe ihn zwar noch keiner bezeichnet, staunt Matchwinner Elias Huth: „Aber es beschreibt meine Spielweise ganz gut.“ Man freue sich einfach, die Englische Woche mit dem dritten Sieg vergoldet zu haben – „und das bei einem Derby mit 1500 Fans aus Regensburg.“ Er selbst habe hart an sich gearbeitet, und hoffe, dass es jetzt so weitergeht.

„Joe hat darauf einen großen Einfluss, weil er ein sehr positiver Mensch ist.“ Man sollte aber weniger über ihn, also Huth, und stattdessen mehr über die Mannschaft reden, die das im Kollektiv so klasse gemacht habe. Respekt, Mr. Understatement!

Köllner: „Verdienter Regensburger Sieg“

Auch Ingolstadts Coach Michael Köllner zeigt sich wie immer als fairer Sportsmann: „Wir sind auf eine starke Regensburger Mannschaft getroffen und haben es heute leider nicht geschafft, nach den Führungen nachzulegen.“ Man habe super Kontermöglichkeiten ausgelassen. „Das zeigt die Qualität der Regensburger, die ihre Chancen eiskalt abgeschlossen haben.“ Mit dem 2:1 habe man zuvor das Spiel in die richtige Richtung gelenkt: „Schade, dass wir daraus nicht mehr gemacht haben.“

Dennoch, es sei ein super Spiel gewesen: „Am Ende ist es verdient, dass Regensburg gewonnen hat. Man darf in der Liga nicht passiv werden, das haben wir heute im eigenen Stadion zugelassen, das bestraft der Gegner.“ Und es hätte noch schlimmer kommen können für die Ingolstädter: Kurz nach der Pause schießt der eingewechselte Wuchtstürmer Eric Hottmann den verdutzen Kother an, von dessen Birne die Kugel ins Netz springt – ob Abseits oder nicht, kann auch mit diversen Kameraeinstellungen nicht endgültig geklärt werden.

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