Erste Hilfe für die Psyche: In Weidens Oase sind alle nur Menschen

Weiden. Staat ohne Ehrenamt? Wir wären aufgeschmissen. Schon die Aussetzung von Wehr- und Zivildienst hat große Lücken hinterlassen. Um so besser, dass es Bildungseinrichtungen wie „Arbeit und Leben” gibt, die soziales Engagement fördern – wie den Einsatz des Sozialteams Oase für Menschen mit psychischen Problemen.

Das Sozialteam der Oase wirbt in Weidens Innenstadt für Toleranz. Bild: Sozialteam

Wer schon einmal versucht hat, eine Therapiestunde bei einem Psychologen oder Psychiater zu vereinbaren, weiß, wie schwer es ist, einen Termin zu bekommen. Nach einer UNICEF-Studie von 2021 leidet jeder siebte junge Mensch an einer psychischen Erkrankung. Die Pandemie hat die Situation verschärft, auch in der Oberpfalz. 

Die Oase Weiden, Tagesstätte von „Sozialteam“, schließt seit 1996 mit ihrem niedrigschwelligen Angebot für Menschen mit psychischen Problemen die Lücke im Vorfeld einer Therapie. „Bei uns kann kommen und gehen, wer und wann er möchte”, beschreibt Sozialpädagogin Theresa Zanner das offene Klima im Haus. „Vor Corona hätte man nicht mal den Namen sagen müssen.“ 

Offenes Haus für einsame Seelen

Während der Öffnungszeiten finde man immer sozialpädagogische Ansprechpartner. „Donnerstags und freitags kann man zusätzlich fixe Beratungstermine vereinbaren”, erklärt Zanner, „wir sind eine erste Anlaufstation und bieten neben Gesprächen viele Angebote zur Tagesstruktur, tiefergehende psychologische Betreuung würde unser Beratungsangebot aber sprengen.” Das gute Dutzend regelmäßiger Besucher ist den fünf Sozialpädagogen, einem Krankenpfleger und einer Hauswirtschaftskraft, die gemeinsam mit den Besuchern kocht, dankbar für die Erste Hilfe in Krisensituationen – oder einfach nur, um die erdrückende Einsamkeit zu lindern. 

Weil sich die Stammkundschaft in der Oase willkommen und nicht bedrängt fühlt, öffnen sich manche von ihnen und entwickeln eigene Ideen: „Eine unserer Besucherinnen schilderte uns vor dem 25-jährigen Jubiläum vor zwei Jahren ihre Ideen, wie man für mehr Toleranz werben könnte“, erzählt Zanner. „Wir fanden den Vorschlag so toll, dass wir ihn statt einer Feier als eigenes Projekt umsetzten.“ Aus dem Impuls einer Betroffenen entstand das dreiteilige Projekt „We are all just human beings“. Ein Plädoyer, alle Menschen mit ihren Stärken und Schwächen zu akzeptieren:

  • Fotobox gegen Rassismus, die sich vor allem an junge Menschen richtete, 
  • der Instagram-Account „wearealljusthumanbeings“ 
  • und die Aufstellung von Großflächenplakaten an zentralen Stellen in der Stadt. 
Abschlussplakat für das Kooperationsprojekt „We are all just human beings“. Bild: Sozialteam

Die Gesellschaft braucht Toleranz und Inklusion

Auch Ursula Hösl war sofort Feuer und Flamme: „Toleranz und Inklusion brauchen nicht nur unsere Besucher, sondern die gesamte Gesellschaft“, sagt die Tagesstätten-Leiterin. Vorrangig angesprochen werden sollten junge Erwachsene bis 27 Jahre. „Deshalb spielen die sozialen Medien eine große Rolle“, erläutert die Sozialpädagogin die „Aktion für Toleranz, Inklusion und gegen Rassismus, Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit“. 

„Wir haben das Konzept damals bei ,Arbeit und Leben’ vorgestellt und eine Förderung aus dem Bundesprogramm ,Demokratie Leben!’ bekommen“, sagt Zanner. Kooperationspartner waren das Aktionsbündnis „Weiden ist bunt“ sowie die Beratungsstelle für seelische Gesundheit der Caritas in Weiden. „Wir haben nach unseren Live-Events eine Statistik gemacht, wie viele Leute sich bei den drei Live-Events in der Fußgängerzone beteiligten – das waren insgesamt 509 Personen, darunter Politiker, die Bilder und Statements schickten.“ 

Wichtig findet Zanner, dass die Oase mit dieser Aktion, die auf Insta weiterlebt, viele junge Menschen angesprochen hat: „Wir wollten mit der Aktion auch bei jungen Erwachsenen auf uns aufmerksam machen und zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, wenn man von einer psychischen Erkrankung betroffen ist“, sagt die Sozialpädagogin, „zu erleben, dass man mit seinen Erfahrungen nicht alleine dasteht, tut vielen gut und macht Mut für die eigene Zukunft“

Das Sozialteam der Oase wirbt in Weidens Innenstadt für Toleranz. Bild: Sozialteam

Oase Weiden stellt sich vor

Die OASE Weiden ist ein niedrigschwelliges Angebot für psychiatrieerfahrene Menschen untertags. Neben der Möglichkeit des gemeinsamen Treffens, bieten sie Beratung, verschiedene Gruppen- und Freizeitangebote und vielfältige Möglichkeiten der Selbsthilfe. Der Besuch ist freiwillig und kostenlos.

Seit über 30 Jahren – 27 Jahre in Weiden – hat es sich das Sozialteam zur Aufgabe gemacht, Angebote und Dienstleistungen für Menschen mit Handicaps zu schaffen und dabei moderne Konzepte und hohe Qualität zu bieten. Der familiengeführte Anbieter in zweiter Generation mit regionaler Verankerung will seinen Besuchern Rückhalt und Sicherheit bieten sowie Autonomie und Selbständigkeit fördern – durch individuelle Pflege und Betreuung sowie fundierte Biografiearbeit.

Durch den Familienübergang in die nächste Generation übernehmen wir auch zukünftig Verantwortung. Martin Weiß und Peter Weiß – sowie nun auch Dr. Christian Weiß – tragen dazu ihren Beitrag als Teil der vielseitigen Teams bei Sozialteam bei. Kontakt: Ursula Hösl, 09631 6005-0.

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