Jahn in der Dritten Liga: Trauriger Seriensieger Regensburg trifft auf kriselnde Viktoria Köln

Regensburg. Drittliga-Spitzenreiter Jahn Regensburg war diese Woche mit Trauerarbeit und Schneeschippen beschäftigt. Aber auch bei Gegner Viktoria Köln (Sonntag, 13.30 Uhr) gibt es viel aufzuarbeiten: Nach dem Tod des Mäzens Franz-Josef Wernze im April fehlt Geld, die Mannschaft ist durch Verletzungen und Sperren dezimiert und sportlich kriselt es ebenfalls.

Adieu, Agy: Im Jahn-Trauerkreis flossen die Tränen. Foto: jrh

Den Tod eines nahestehenden Menschen hakt man nicht einfach so mal nach zehn Tagen ab. „Das ist ein langwieriger Prozess“, sagt Jahn-Trainer Joe Enochs in der PK am Freitag etwas schmallippig. Man merkt ihm an, dass er am liebsten nicht darüber sprechen würde. Was soll er auch sagen? Wasserstandsmeldungen zum Stand der Trauerarbeit machen nicht wirklich viel Sinn.

Im Jahn-Kreis flossen die Tränen

Wer einen Blick in die Gemütsverfassung der Spieler werfen wollte, konnte das bei der Trauerminute für Agyemang Diawusie am vergangenen Sonntag. Im Kreis flossen gerade noch Tränen, dann der Anpfiff zu einem fahrigen Spiel, das erahnen lässt, dass trotz bester Vorsätze nicht alle hundert Prozent bei der Sache waren. Dennoch, die Jungs hielten ihr Versprechen – und erackerten sich wie so oft trotz zwischenzeitlicher Rückschläge den 3:2 Siegtreffer für Agy im Schlussspurt.

Der zehnte Sieg in Folge, gewidmet dem verstorbenen Freund. Wie viel lieber hätte man ihn gemeinsam ausgelassen gefeiert. Der Rekord des KSC von vor zehn Jahren ist eingestellt. Jetzt kann sich der SSV Jahn mit dem elften Sieg in Folge alleine an die Spitze setzen. Wie gegen Schlusslicht Freiburg tut man gut daran, auch gegen den Tabellen-14. Kein leichtes Spiel zu erwarten.

Köln: Nur noch 16 Spieler im Kader

Vor dem ersten Punktspiel-Duell mit Viktoria Köln überhaupt zeigt Enochs „Riesen Respekt“ vor FC-Trainer Olaf Janßen: „Ich weiß, dass seine Mannschaften immer sehr gut eingestellt sind.“ Auch wenn Viktoria in letzter Zeit nicht die Ergebnisse geholt hätten, die sie brauchen: „Sie hatten am Anfang der Saison eine richtig gute Phase.“ Dass es zuletzt nicht mehr läuft, mag auch am Verletzungspech und den vielen Gelb-Sperren liegen.

Außer Unterschiedsspieler Bryan Henning (Kreuzbandriss) fehlt auch Kapitän Moritz Fritz (Meniskus-OP) – dazu kommen die gelbgesperrten Luca Marseiler, Michael Schultz und Stefano Russo. Janßens Kader schrumpft damit auf 16 verfügbare Akteure. „Aber alle Spieler, die dafür reingekommen sind, sind auch top“, warnt Enochs davor, „irgendeinen Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen“. Dazu gehören auch die zwei Ex-Regensburger Florian Heister und André Becker (drei Treffer.)

Achim und Joe beim Schneeschippen

Trotz Trauerarbeit und widriger Wetterbedingungen habe der SSV die Trainingswoche ordentlich absolviert: „Die Greenkeeper haben gute Arbeit geleistet – zusammen mit dem Trainerteam, das auch Schnee geschippert hat.“ Die Plätze seien aktuell zwar zugefroren: „Wir können aber morgen auf den Platz zum Abschlusstraining.“ Positiv sei auch: „Die Jungs ziehen richtig gut mit“, sagt der Coach. „Wir haben nicht den Eindruck, dass sie durch die Serie nachlassen, sondern sie wollen mehr – das ist ein gutes Zeichen.“

Personell wird dem Jahn wohl nur Eric Hottmann weiter fehlen. „Sepp haben wir rechtzeitig rausgenommen“, sagt Enochs zum Fragezeichen hinter Kapitän Andi Geipl, „sodass er wahrscheinlich dabei sein kann.“ Der mögliche elfte Sieg in Folge sei kein Thema gewesen: „Wir sind gut damit gefahren, auf das nächste Spiel zu schauen.“ Man arbeite richtig hart: „Es wird wieder ein enges Spiel, es wird auf Kleinigkeiten ankommen, wir müssen auf die Standardsituationen aufpassen und schauen, dass wir unser hohes Anlaufen ins Spiel bringen, damit wir einen vielleicht verunsicherten Gegner weiter verunsichern.“

Vor dem Weihnachtsurlaub ab dem 20. Dezember müssen die Regensburger noch zwei Auswärtsspiele absolvieren. Am 16. Dezember (Samstag) beim bärenstarken DFB-Pokal-Viertelfinalisten Saarbrücken und am 19. Dezember (Dienstag) zum Rückrunden-Start in Unterhaching.

Die Trauer um Agy Diawusie ist im Jahn-Stadion am Sonntag gegen den SC Freiburg II greifbar: Foto: jrh

Viktoria Köln im Krisenmodus

„Wir sind es selbst schuld, wie wir die Dinger im Moment reinkriegen“, kritisiert Viktoria-Trainer Olaf Janßen das offene Kölner Scheunentor mit bereits 30 Gegentreffern. „Wir müssen unser Tor wieder mit totaler Überzeugung verteidigen.“ Der 57-Jährige will sein Team in der schwierigen Phase zusammenschweißen: „Es ist eine Phase, in der wir alle ganz eng zusammenrücken müssen.“

Eng zusammenrücken wollen laut „Kölner Stadt Anzeiger“ auch Holger Kirsch, Franz Wunderlich, Willy Scheer und Markus Buchcik, die auf der Mitgliederversammlung des FC Viktoria für die Vorstandswahlen kandidieren. Kirsch, seit 2020 Leiter des Kölner Rosenmontagszuges, würde im Fall der Wahl das Präsidentenamt übernehmen, Buchcik, stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsrates, den frei werdenden Posten des Vizepräsidenten.

Seit dem Rücktritt des langjährigen Patrons Günter Pütz vor gut einem Jahr hatten Sportvorstand Wunderlich, Kirsch und Scheer die Vereinsgeschäfte geführt. „Es wird wohl die schwerste Amtsperiode eines Vorstands seit der Neugründung der Viktoria im Jahre 2010“, warnt Wunderlich. Nach dem Tod des langjährigen Mäzens Franz-Josef Wernze im vergangenen April müsse man in Höhenberg finanziell künftig kleinere Brötchen backen.

„Fakt ist, dass wir den Gürtel finanziell enger schnallen müssen. Die Zeiten, in denen uns ein Mann wie Franz-Josef Wernze auf das Äußerste unterstützt hat, wird es nicht mehr geben. Das muss jeder wissen“, sagt Wunderlich. Bereits vor dieser Saison habe der Verein Einsparungen von etwa 800.000 Euro vorgenommen. In der kommenden Spielzeit werde es wohl erneut zu Kürzungen im Etat kommen. Aktuell wird der Klub von externen Beratern bei der Akquise nach möglichen neuen Geldgebern unterstützt. Die Fühler reichen offenbar bis ins Ausland.

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