Jahn in Liga 3: Rasantes Remis gegen starkes Erzgebirge Aue

Regensburg. Nach 9 Gegentoren in zwei Spielen ist zu Beginn die Nervosität vor allem bei Jahn-Keeper Alex Weidinger zu greifen, der erneut fast zwei fatale Vorlagen zum Gegner spielt. Nach dessen starker Parade zeigt der SSV Jahn gegen Aue in der Schlussphase sein wahres Gesicht.

Nach dem 3:6 Debakel in Sandhausen ist der SSV Jahn gegen Erzgebirge Aue erst einmal auf Sicherheit bedacht. Foto: jrh

Man musste das Nervenflattern nun wirklich nicht herbeischreiben. Jahn-Kapitän Andi Geipl weiß selbst, was die beiden Niederlagen gegen Essen und in Sandhausen mit der Psyche der Regensburger angestellt haben: „9 Gegentore waren zu viel, gerade nach dem wir nach 22 Spielen lediglich 19 Gegentore hatten“, sagt der pausenlose Antreiber nach dem umkämpften Match gegen Erzgebirge Aue. „Deswegen war die Null heute im Vordergrund.“

Zwei Abseitstore, ein Flug-Männel

Und die Null hat der SSV Jahn gegen ein spielstarkes Erzgebirge Aue, das immerhin zuletzt die Übermannschaft Dynamo Dresden im Sachsenderby mit 2:1 bezwang, beileibe nicht nur im eigenen Strafraum verteidigt. Nachdem in der ersten Hälfte noch vieles Stückwerk ist, viele Ungenauigkeiten beim letzten Pass fast keine Chancen eröffnen, Jahn-Keeper Alex Weidinger noch zweimal den fatalen Fehler vom Sandhausen-Spiel wiederholt – allerdings folgenlos – finden die Oberpfälzer in der zweiten Hälfte immer besser zu ihren Stärken zurück.

Und so werden die Angriffe der Gäste aus dem Erzgebirge in der Schlussphase weniger, Regensburg erhöht den Druck, hat mit Geipls zielgenauen Ecken und Freistößen einige gute Gelegenheiten und ist dem Lucky Punch näher als Aue. Zwei Abseitstore durch Noah Ganaus und Valdrin Mustafa sowie eine spektakuläre Kopfball-Parade von Keeper Martin Männel nach verunglücktem Rückpass sprechen ebenfalls für das Chancenplus des Tabellenführers, der Dank der Punkteteilung der Dresdener (gegen Essen) und Ulmer (gegen Ingolstadt) den Abstand von drei und fünf Punkten wahren kann.

Steht beim Spiel in Regensburg öfter im Mittelpunkt: Aue-Keeper Martin Männel, der 515 Spiele für Erzgebirge Aue absolvierte. Foto: jrh

Keine solche, aber eine solche Spitzenmannschaft …

Jahn-Trainer Joe Enochs ist deshalb mit dem Teilerfolg zufrieden: „Wir wollten heute wieder unser wahres Gesicht zeigen, das haben wir getan.“ Dass die Mannschaft dabei trotz der bitteren Pleiten so viel Unterstützung von den Fans bekommen habe, dafür sei er dankbar. „Wir sind keine Spitzenmannschaft, die jede Mannschaft auseinandernimmt“, erklärt der Coach. „Wir sind eine Spitzenmannschaft, der die Basics guttun.“ Und das habe sie heute wieder beherzigt: „Die Mannschaft gibt alles.“

Und weil er dieser Mannschaft mit den Jahn-Tugenden vertraut, verändert er die Anfangsformation nur auf einer Position – Jonas Bauer vertritt Niclas Anspach (Bank). Anders dagegen Aues Trainer Pavel Dotchev, der einige Verletzte und Gelb-gesperrte Stammkräfte ersetzen muss. Neu im Team stehen deshalb Außenverteidiger Franco Schädlich und Außenstürmer Sean Seitz.

Die zwei Routiniers und Standardspezialisten Andi Geipl (links) und Marvin Stefaniak schenken sich nichts. Foto: jrh

Schiri Weller setzt auf Laisser-faire

Auf dem holprigen Rasen des Jahn-Stadions entwickelt sich von Beginn an eine hart umkämpfte Schlacht mit leidenschaftlichen Zweikämpfen und vielen kleinen Fouls, die Schiri Felix Weller allzu oft überaus großzügig laufen lässt – teilweise hat man den Eindruck, der Blondschopf aus Neunkirchen will gar nicht mehr mitmachen. Dieses Laisser-faire tut dem Spiel nur bedingt gut, denn anstatt schneller Spielzüge verhedderten sich die Teams in hektischen Fehlpass-Stafetten.

Deshalb dauert es eine halbe Stunde, bis der Jahn nach einer Flanke von Konrad Faber erstmals Torgefahr ausstrahlt: Noah Ganaus köpft zu drucklos in die Arme von Martin Männel (31.). Richtig brisant wird es für den Schlussmann eine Minute später, als der bedrängte Anthony Barylla mit einem Volley-Rückpass aus gut 20 Metern zu einer Flugkopfball-Parade zwingt – Männel will unbedingt einen indirekten Freistoß im 16er vermeiden (32.).

Auch die kleinen Jahn-Fans gehen beim Duell gegen Erzgebirge Aue voll mit. Foto: jrh

Nach dem Wiederanpfiff im eigenen Strafraum

Die zweite Hälfte geht für den Spitzenreiter erst einmal im eigenen Strafraum los. Die Regensburger bekommen den Ball nicht weg, verdaddeln die Kugel auch nach Ballgewinnen erneut leichtsinnig und verursachen eine ganze Reihe gefährlicher Eckstöße, die ausnahmslos Routinier Marvin Stefaniak von allen Seiten und durchaus mit Gefahrenpotenzial tritt – etwa als Marcel Bär den zweiten Ball unbedrängt aus zehn Metern knapp neben den rechten Pfosten setzt – Weidinger wäre allerdings zur Stelle gewesen (68.).

Glänzend reagiert der Regensburger Keeper nach einer erneuten Stefaniak-Ecke, die Kilian Jakob volley nimmt: Weidinger sieht den Aufsetzer spät, greift über und erspart zwei Regensburger Abwehrspielern auf der Linie ein womöglich folgenschweres Eingreifen (76.). In den verbleibenden 20 Minuten erhöht dann der SSV Jahn den Druck.

Martin Männel musste mit Flugparade ein Eigentor verhindern. Foto: jrh

Schlussoffensive ohne Fortüne

Nachdem bereits zuvor Männel einen Kopfball diesmal von Rasim Bulic nach Geipl-Ecke aus dem Eck fischt (74.), verpasst erneut Ganaus kurz darauf ebenfalls nach Ecke per Kopf die Führung – den Aufsetzer verpasst ein Regensburger Angreifer am langen Pfosten um Zentimeter. Und auch die eingewechselten frischen Offensivkräfte Elias Huth und Mustafa schnuppern am Golden Goal – ein Zupfer an Huths Trikot reicht nicht für einen Elfer und Mustafas Netzrauschen wirkt sich wegen Abseits nicht auf der Anzeigentafel aus.

Dort steht am Ende ein leistungsgerechtes 0:0 mit einigen Wermutstropfen für den SSV Jahn: Der unersetzliche Kapitän Andi Geipl und Stürmer Christian Viet sind wegen Gelbsperren dürfen nächste Woche bei Waldhof-Mannheim nichts ins Geschehen eingreifen.

Andi Geipl mit Sohnemann beim Interview. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Trainer Joe Enochs: „Wir haben einen sehr guten Gegner kaum zu Torchancen kommen lassen, was nicht einfach war, weil die halt sehr spielstark sind. Am Ende des Spiels waren wir leider nicht in der Lage, den Lucky Punch zu setzen, obwohl wir viel Druck gemacht haben. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, wie sie wieder zurückgekommen ist. Wir sind sehr dankbar, dass wir so viel Unterstützung bekommen von unseren Fans. Wir wollten heute wieder unser wahres Gesicht zeigen, das haben wir heute getan. Wir sind keine so Spitzenmannschaft, die jede Mannschaft auseinandernimmt. Wir sind eine Spitzenmannschaft, der die Basics guttun. Die Mannschaft gibt alles.“

Zum Dreier hätten Kleinigkeiten gefehlt: „Die Standards von Sepp (Anm. d. Red. Andi Geipl) waren heute wieder sehr gut getreten, die Jungs laufen rein, halten den Kopf hin, die Auer verteidigen die sehr, sehr gut. Es waren zwei Abseitssituationen, wo wir gedacht haben, es könnte knapp werden, wo wir ein Tor schießen. Es sind Kleinigkeiten: Ich möchte auch, dass wir viel öfter aufs Tor schießen, wir hatten Situationen vor dem Strafraum, wo wir uns entscheiden einen Steckpass zu spielen, anstatt aufs Tor zu schießen. Wir haben heute zwei wichtige Spieler verloren, Sepp und Chrille – jeder erwartet von uns gerade in Mannheim, die hinten drin stehen, dass wir dort was holen, es geht aber immer bei Null los.“  

Jahn-Kapitän Andi Geipl: „Ich glaube, dass es eine gute Reaktion war. Uns war wichtig, dass wir hinten wieder stabil stehen. Das war das, was uns in der Vorrunde ausgezeichnet hat, dass wir alles verteidigen. Das ist uns heute sehr gut gelungen. Ich glaube, dass wir relativ wenig bis gar nichts zugelassen haben. Natürlich haben wir nach vorne auch die ein oder andere Chance nicht genutzt, aber im Vordergrund heute stand, dass die Null wieder steht, wir solide verteidigen und alles reinhauen, was wir haben. Das haben wir heute gut umgesetzt.

Unser Spiel ist sehr aufwendig, gerade in der Defensive ist es viel Laufarbeit. Wir wussten, wir kriegen Chancen – heute ging der Ball mal nicht rein. Wenn man eine Serie hat und auf einer Welle surft, ist es immer leichter, weil gefühlt alles funktioniert. Wenn das Quäntchen Glück auf unserer Seite ist, geht der Ball, wo der der Torwart mit dem Kopf zur Ecke klärt, rein. Aber nichtsdestotrotz, wir hatten zwei Niederlagen, neun Gegentore, das war zu viel, gerade nach dem wir nach 22 Spielen 19 Gegentore hatten. Deswegen war die Null heute im Vordergrund.“

Aue-Coach Pavel Dotchev: „Ein hochintensives Spiel, es gab gar keine eine Phase, bei der man Kontrolle herstellen konnte. Es ging die ganze Zeit hin und her, 10:11 Ecken, ich weiß gar nicht, wie viele Konterchancen. Beide Mannschaften wollten unbedingt gewinnen. Ich denke schon, dass wir ein, zwei gute Chancen hatten – Marcel Bär zum Beispiel, wenn er das Ding reinmacht. Die Mannschaft, die heute in Führung geht, gewinnt das Spiel.

Aber es waren zwei sehr engagierte Mannschaften, ein toller Kampf. Ich bin sehr, sehr zufrieden mit der Art, wie wir uns auch heute präsentiert haben, wenn du gegen den Tabellenführer hier einen Punkt holst. Vor allem, wie viele Standards wir heute verteidigen mussten, wir haben das toll gemacht. Die wussten um unsere Spielweise, haben uns kommen lassen, um uns auszukontern. Wir haben wenig Raum zwischen den Ketten gehabt, haben den Zeitpunkt verpasst, nach vorne zu spielen.“

Aue-Keeper Martin Männel: „Wir beide sind ein gutes eingespieltes Fußball-Tennisteam“, kommentiert der Aue-Keeper grinsend den riskanten Rückpass, den er per Flugkopfball zur Ecke klärt, um einen indirekten Freistoß im Strafraum zu vermeiden. „Ich freue mich natürlich, dass hinten die Kiste sauber geblieben ist. Andererseits hätten auf beiden Seiten heute auch Tore fallen können, um das Spiel in die eine oder andere Richtung kippen zu lassen. Ich glaube, wenn man gegen den Spitzenreiter auswärts einen Punkt holt, zu Null spielt, ist das auf jeden Fall etwas wert.

Mit Blick auf die anderen Ergebnisse, ist auch gar nicht so viel passiert. Insofern sind wir, wenn man Hin- und Rückrunde vergleicht, gerade einen Punkt im Plus – das nehmen wir so mit. Ich habe gesehen, wie jeder versucht hat, bis zur letzten Minute das Spiel auf unsere Seite zu ziehen. Auf der anderen Seite hätte es auch bei uns klingeln können. Es gab eine knifflige Szene im Strafraum, wo Eli Huth clever agiert, insofern nehmen wir das so mit.“

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