Jahn in Liga 3: Essen kontert Regensburg zurück auf den Boden der Tatsachen

Regensburg. Gebrauchtes Spiel, desaströser Spieltag: 17:4 Torschüsse für den SSV Jahn, mehr Ballbesitz, mehr gewonnene Zweikämpfe, aber erst ein Eigentor, dann naiv ausgekontert von Rot-Weiss Essen, die eben nur vier Schüsse für drei Tore brauchen. Dresden und Ulm rücken näher.

Haben dreimal Grund zum Jubel: Rot-Weiss Essen kontert den SSV Jahn brutal aus. Foto: jrh

Es hätte auch anders kommen können: Der SSV Jahn bleibt der Taktik von Cheftrainer Joe Enochs treu und presst Rot Weiss Essen in den ersten zehn Minuten in Grund und Boden – nur dass Dominik Kother drei gute Einschussmöglichkeiten liegen lässt.

Immer wieder spritzt Kother in den Essener Spielaufbau gewohnt, verzieht erstmals von der Strafraumkante (3.). Der zweite Versuch rauscht haarscharf am Pfosten vorbei (5.). Und schließlich sind eben nicht aller guten Dinge drei, denn auch der dritte Abschluss verfehlt den Kasten des wachsamen RWE-Keepers Felix Wienand (6.).

Huth mit Dreck am Schuh

Dafür zielt der Siegtorschütze von Duisburg, Elias Huth, bei einer völlig verkorksten Abwehraktion nach einem Standard unbedrängt aus fünf Metern genau in den oberen rechten Winkel, 0:1 (16.). Spätestens bei so viel Dreck am Schuh hätte man ahnen können, dass dieses Spiel ähnlich verkorkst laufen könnte wie bei der einzigen bisherigen Heimniederlage der Saison gegen den SV Sandhausen, den man dominierte und dennoch mit drei Punkten ziehen lassen musste.

Anders als gegen den Mitabsteiger verliert Regensburg allerdings nach dem Eigentor den Faden für lange 20 Minuten und lässt sich haarsträubend auskontern wie eine Jugendmannschaft – zweimal hat der Tabellenführer mächtig Glück, dass erst Cedric Harenbrock fast allein vor Keeper Alex Weidinger den Ball quer ins Nichts legt (34.) – und kurz darauf Leonardo Vonic die Vorlage von Marvin Obuz zwar einnetzt, zuvor aber einen Schritt im Abseits stand (34.).

Viel Kampf beim Duell auf Augenhöhe zwischen dem SSV Jahn und RW Essen. Foto: jrh

Zehn Minuten Chancenwucher

Die letzten zehn Minuten gehören dann wie den ersten wieder den Oberpfälzern, die mit Wucht auf den Ausgleich drängen. Bene Saller macht bis zum Strafraum alles richtig, statt zur Grundlinie zu laufen, gelingt dann sogar ein Haken zur Mitte – aber anstatt noch zwei, drei Meter in den offenen   Strafraum zu machen, zielt er aus spitzem Winkel auf den linken Außenpfosten (41.).

Und auch Kother bekommt noch einmal seine Möglichkeit, den Chancenwucher der ersten zehn Minuten zu korrigieren: Nach Niclas Anspachs präziser Freistoßflanke reagiert Wienand glänzend bei dessen gut getimten Kopfball (42.). Und als ob das nicht reichen würde, um den knappen Rückstand noch vor dem Pausentee zu egalisieren, pariert Wienand auch Rasim Bulic‘ strammen Schuss aus rund 15 Metern (43.).

Haben dreimal Grund zum Jubel: Rot-Weiss Essen kontert den SSV Jahn brutal aus. Foto: jrh

Immer wieder Götze

Die zweite Halbzeit beginnt, wie der erste aufgehört hat: Mit wütenden Attacken der Regensburger: Schon haben die rund 8500 Oberpfälzer unter den knapp 9000 Zuschauern den Torschrei auf der Zunge, aber Felix Götze kratzt die Kugel noch von der Linie (49.). Immer wieder kurbelt Konrad Faber von rechts an, schlägt noch einen Haken und flankt in die Mitte – der eingewechselte Bryan Hein bekommt nicht genug Schmackes hinter seinen Kopfball (55.).

Vor lauter Schaum vorm Mund vernachlässigt Regensburg wie schon Mitte der ersten Hälfte dann wieder den Zugriff beim Gegenpressing. Aus dem Nichts treibt Obuz die Kugel über rechts nach vorne, steckt durch auf Harenbrock, der sich fast in Zeitlupe erst noch um die eigene Achse drehen muss und den Ball slapstickreif mit links über die Linie stochert, weil der Regensburger Abwehrspieler keinen Fuß mehr ans Leder bekommt 0:2 (59.).

Zum Verzweifeln für den SSV Jahn: RWE-Verteidiger Felix Götze klärt auf der Linie. Foto: jrh

Gleiches Muster, Konterfalle

Und auch dieses Muster wiederholt sich ein weiteres Mal zum nächsten Tiefschlag: Während sich Faber und Kother auf der rechten Seite bis zur Endstation Wienand in den Strafraum dribbeln (63.), machen es die Ruhrpott-Kicker vor, wie man die gegnerische Abwehr mit einfachen Mitteln aushebelt: Langer Ball von Harenbrock auf den eingewechselten Florian Kaiser, der reicht weiter zu Obuz, flach rechts in die lange Ecke, 0:3 (67.), das Debakel nimmt seinen Lauf.

Joe Enochs wirft alles aufs Feld, was irgendwie Anlass zu Abschlusshoffnung gibt – Noah Ganaus für Anspach (46.), Valdrin Mustafa für Huth (63.), Jonas Bauer für Saller (64.), Robin Ziegele für Ballas (75.) und Tobias Eisenhuth für den Dauerkampfläufer Andi Geipl (76.), aber irgendwie köpfen, kicken, grätschen die Gäste um den omnipräsenten Götze im Strafraum alles weg, was Torrelevanz bekommen könnte. Und wenn nicht, dann schießt Kother Mitspieler Ganaus an, der im Abseits steht (72.).

Viel Kampf beim Duell auf Augenhöhe zwischen dem SSV Jahn und RW Essen. Foto: jrh

Ganaus reagiert am schnellsten

Immerhin, der Kampfgeist stimmt beim trudelnden Spitzenreiter: Nachdem Ahmed Etri Faber vor dem 16er gelbwürdig von den Beinen holt, köpft Mustafa den fälligen Freistoß an den Pfosten – Ganaus reagiert am schnellsten und zirkelt den Abpraller in den Winkel, 1:3 (84.). Hoffnung keimt auf, geht da noch was? Louis Breunig versucht es aus 20 Metern, das Ding rauscht um einen Meter am linken Pfosten vorbei (89.).

Der SSV will mit Powerplay den Anschlusstreffer erzwingen, gibt keinen Ball verloren, aber klar, die tickende Uhr sitzt den Regensburgern im Nacken. Die meisten Aktionen sind zu fahrig und wenn dann auch noch Mustafa im Eifer des Gefechts einen Essener am Trikot zerrt, bringt das den Gästen eine gute Minute Entlastung (90). In den langen sechs Minuten Nachspielzeit ist der Jahn einfach zu hektisch, und RWE spielt den Dreier clever zu Ende.

Nur der eingewechselte Noah Ganaus trifft im Nachfassen an diesem gebrauchten Spieltag für den SSV Jahn gegen Rot-Weiss Essen. Foto: jrh

Es wird enger an der Tabellenspitze

Batsch, die Ergebnisse aus den anderen Stadien will man gar nicht hören – Dynamo Dresden vernichtet Lübeck mit 7:2, rückt mit dem jetzt deutlich besseren Torverhältnis auf 3 Punkte heran. Der SSV Ulm ringt nach Anfangsschwierigkeiten den SV Waldhof Mannheim mit 3:1 nieder und verkürzt auf 8 Punkte.

Und der SSV Jahn muss am kommenden Samstag, 14 Uhr, fast schon zu seinem neuen Angstgegner SV Sandhausen, der – wie eingangs erwähnt – in Regensburg auch in eher schwacher Verfassung dreifach punktete. Inzwischen hat sich der Abstiegskollege freilich aufgerafft und bis auf fünf Punkte an Relegationsplatz 3 herangerobbt.

Feiern ihre Auswärts-Wiedergeburt: Die auswärts-schwachen Essener sind über den Dreier bei Spitzenreiter SSV Jahn aus dem Häuschen. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Trainer Joe Enochs: „Wir haben eine gute Anfangsphase, wo wir viele Chancen haben, wo Dominik Kother einfach das Tor nicht getroffen hat aus guten Positionen. Dann kriegen wir eine Situation, wo wir den Ball vorher nicht gut verteidigen, wo wir uns den Ball selber reinhauen. Nach dem 0:1 ist es schwierig zurückzukommen. Wir haben eine Phase ab der 10. Minute bis zum Gegentor, wo wir nicht gut gespielt haben. Danach haben wir viele gute Situationen nach vorne, haben uns viel vorgenommen für die zweite Halbzeit.

Wir haben – für uns ungewöhnlich – sehr oft den Ball gehabt, der Gegner hat sich hinten reingestellt, was legitim ist und sie haben uns zweimal eiskalt ausgekontert. Wir haben Schwierigkeiten gehabt, Antworten zu finden. Das ist einfach 3. Liga. Natürlich, wenn man so viele Torchancen hat, wünschen wir uns mehr Tore. Aber auf der anderen Seite, wir dürfen nie und nimmer drei Gegentore bekommen. Die Konter müssen wir besser verteidigen. Es ist extrem bitter. Elias war heute ein bisschen unglücklich, Noah hat sein Tor gemacht, Valdi köpft an den Pfosten. Es ist wichtig für uns, dass wir mehrere Optionen haben.“

RWE-Trainer Christoph Dabrowski: „Das tut mega gut, ich muss an der Stelle mal betonen, wir haben jetzt 42 Punkte nach 25 Spielen, so viel hatten wir letzte Saison nach 38 Spielen, das ist meiner Meinung nach für den Moment eine Megaleistung der Mannschaft und dafür ein Riesenkompliment. Auch dafür, hier zum Tabellenführer zu fahren und drei Punkte zu holen. Das ist bisher nicht vielen Mannschaften gelungen, darauf können wir stolz sein. Unser Ziel war es heute, die Regensburger zu ärgern, und das haben wir geschafft.

Die Räume waren da, wir hätten noch mehr Nadelstiche sauber zu Ende führen können, aber wir wollen uns nicht beschweren, hier einen Auswärtsdreier zu landen und drei Tore geschossen zu haben, gegen eine Mannschaft, die eigentlich brutal verteidigt und sehr wenige Gegentore kassiert. Das ist schon eine Herausforderung, in das Spiel zu gehen, sich mit den Besten zu messen, nächste Woche auch wieder und übernächste Woche auch wieder. Aber das nächste Spiel ist für uns das Wichtigste – nämlich das Duell um Relegationsplatz 3 gegen Ulm.“

RWE-Verteidiger Felix Götze: „Wir haben heute ein super Gesicht gezeigt, das war schon sehr viel Drittliga-Fußball, das war Fighten, das war Kämpfen, das war Verteidigen – wir haben das heute super angenommen, und ich glaube, einen verdienten Sieg geholt.

Was wir zuletzt nicht so gut gemacht haben, wir hatten zwar auch immer wieder Chancen, aber heute haben wir aus den wenigen Chancen, die wir hatten, etwas gemacht, waren effizient und so was brauchst du halt. Jetzt spielen wir gegen Ulm, können uns Platz 3 zurückerobern, geile Spiele gegen Regensburg, Ulm, Dresden, ich freue mich jetzt schon auf nächste Woche.“

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