Jahn Regensburgs allerletzter Strohhalm: Oder Feierabend nach Braunschweig?

Braunschweig. Nach dem vermutlich letzten Auswärtsspiel in der Zweiten Bundesliga am Samstag (13 Uhr) bei Eintracht Braunschweig könnte beim SSV Jahn bereits traurige Gewissheit herrschen. Nur ein Sieg der Regensburger bei gleichzeitiger Heimpleite Bielefelds gegen Paderborn würde den Oberpfälzern eine Restchance lassen.

Jahn-Trainer Joe Enochs plant schon für alle Szenarien. Foto: jrh

Grenzenlose Optimisten könnten sagen: Die Chancen für den SSV Jahn Regensburg, die Klasse doch noch zu halten, stehen immerhin besser als für einen Lotto-6er. Soviel zu den guten Nachrichten. Die schlechten: Eine ganze Palette an Wenn und Aber müssten eintreten, um das Wunder noch wahr werden zu lassen.

Vor allem dürfte Arminia Bielefeld mit dem eklatant besseren Torverhältnis (-8 gegenüber -24) in den verbleibenden zwei Spielen trotz Aufwärtstrend kein einziges Pünktchen mehr gelingen. Weder gegen Paderborn noch beim bereits geretteten 1. FC Magdeburg. Man möchte nicht gerade seinen Kopf auf diese Option verwetten.

Spätzünder-Wende?

Dann müsste der Jahn, der es nicht einmal gegen Sandhausen und Rostock, Gegnern auf Augenhöhe, geschafft hat, eine Punkteteilung hinzubekommen, beide Spiele gewinnen – das letzte gegen den Aufstiegsaspiranten Heidenheim. Nach den unglücklichen Niederlagen in Fürth und bei St. Pauli hätte man das noch für unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen halten können. Aber nach einem blamablen 0:4 zur Pause gegen Hamburg?

Selbst der ernüchterte Jahn-Trainer-Novize Joe Enochs spricht kaum noch über eine ernsthafte Hoffnung auf die Spätzünder-Wende. „Die Enttäuschung war natürlich riesengroß.“ Er habe drei Tage gebraucht, um sich den Schock aus den Klamotten zu schütteln. „Mir ist klar, dass es gegen eine so gute Mannschaft, wenn man keine Top-Leistung bringt, in die Hose gehen kann.“

Top-Voraussetzung total vergeigt

Ärgerlich sei das allemal: „Wir hatten eine Top-Voraussetzung hier vor ausverkauftem Haus mit Riesensupport von den Zuschauern. Dass wir nicht in der Lage waren, gerade in der ersten Halbzeit an unser Leistungslimit zu gehen, das war enttäuschend.“ Trotzdem. Man kann schlecht als Trainer anheuern und nach einem Spiel sagen: „Das wird nichts.“ Aufgeben ist nicht.

„Wir haben jetzt die Aufgabe, nach vorne zu blicken“, macht er leise Mut. Die möglichen Folgen? „Dass wir drei Punkte in Braunschweig holen können. Und da ist unsere Aufgabe im Trainerteam, die Mannschaft so vorzubereiten, dass wir in der Lage sind, unsere Topleistung zu bringen.“ Aber selbst diese scholzeske Lagebeschreinung relativiert der Kalifornier gleich wieder: „Selbst wenn wir eine Topleistung gegen den HSV gebracht hätten, ist das keine Garantie das Spiel zu gewinnen.“

Münchhausen-Psychologie: Sich selber aus dem Sumpf ziehen

Warum er trotz 0:4-Debakels zur Pause keine Wechsel – außer verletzungsbedingt von Lasse Günter – vorgenommen hat? „Das war so ein wenig psychologisch, dass sich die Jungs so ein bisschen selber rauskämpfen aus der Geschichte. Das haben sie auch gut getan.“ Man nehme die zweite Halbzeit als Basis für das Braunschweig-Spiel. „Wie sich die Jungs rausgespielt, sich nach vorne gespielt haben, den HSV in ein paar schwierige Situationen gebracht haben.“ Würde man für Halbzeitergebnisse belohnt, hätte der Jahn dem HSV mit dem 1:1 in Hälfte 2 glatt noch einen Punkt abgerungen.

Die Reaktion der Spieler stimmt den Trainer milde: „Man hat gesehen, dass es ihnen sehr nah gegangen ist.“ Lange sei es keine Leistungs- sondern eine Ergebniskrise gewesen. „Die Spieler sind in der Lage, eine gute Leistung zu bringen. Die wollen wir mit einem Sieg in Braunschweig krönen.“ Zwei Wechsel ergeben sich am Samstag von selbst: Der verletzte Lasse Günter (Muskelfaserriss) und der Gelb-gesperrte Steve Breitkreuz stehen nicht zur Verfügung. Leon Guwara kommt nach verbüßter Rotsperre zurück in den Kader.

Eintracht mit robuster Abwehr und Ausnahmesturm

Rezepte für das letzte Auswärtsspiel in der Zweiten Liga? „Michael Schiele macht wirklich hervorragende Arbeit in Braunschweig“, lobt Kollege Enochs, „er hat die Mannschaft stabilisiert, die haben das ganz knifflige Spiel zu Hause vor zwei Wochen gegen Sandhausen so wie drei der letzten fünf Heimspiele gewonnen und einen wichtigen Auswärtspunkt in Fürth geholt. Das ist ein Trumpf im Abstiegskampf.“ Enochs sei aufgefallen, dass der Eintracht das trotz wenig Ballbesitz gelungen sei.

„Aber sie haben, wenn sie aus der tiefstehenden Abwehr nach vorne spielen, sieben Kontertore erzielt über die Saison.“ Anthony Ujah, Immanuel Pherai und Lion Lauberbach seien Ausnahmespieler beim Tabellen-14. vorne im Sturm. „Sie waren an 26 der 40 geschossenen Tore beteiligt, schließen sehr viel von außerhalb des Strafraums ab.“ Hinten sei Braunschweig eine sehr robuste Mannschaft. „Die Fünferkette versucht das Zentrum zuzumachen.“

Planung für alle Szenarien

„Wir arbeiten tagtäglich fleißig an allen Szenarien“, sagt Enochs auch in Richtung Sportchef Tobias Werner. „Welche Verträge sind gültig, was kann in welcher Liga dazukommen?“ Ob Leih- oder Kaufspieler sei Sache des Vereins. Am Mittwoch habe man stundenlang viele Themen besprochen. „Mir tut es sehr gut, in diesen Austausch involviert zu sein, wir werden bestmögliche Entscheidungen treffen, dass wir nächste Saison, egal in welcher Liga, konkurrenzfähig sind.“

Glaubt Enochs tatsächlich noch an die kleine Restchance? „Die Jungs haben oft genug bewiesen, dass sie gut Fußballspielen können, wir wollen jetzt Ergebnisse holen.“ Wer bei gut 20.000 Zuschauern im Eintracht-Stadion nicht motiviert sei, dem sei nicht zu helfen. „Allein der Endspielcharakter an sich motiviert.“ Fragt sich nur, welchen Charaktere dann die Spiele in Sandhausen, Rostock und gegen den HSV gehabt haben sollen.

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