Drahtseilakt beim SV Sandhausen: Erstes Endspiel um den Klassenerhalt für den SSV Jahn Regensburg

Sandhausen. Das große Zittern geht weiter. Nur noch fünf Spiele bleiben dem SSV Jahn, um den Abstieg aus der Zweiten Bundesliga abzuwenden. Ausgerechnet jetzt wittert der SV Sandhausen nach dem Trainerwechsel Morgenluft. Und Regensburg fehlen wichtige Spieler.

Jetzt kämpft auch Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic auf dem Trainingsgelände mit seinen Jungs gegen das Abstiegsgespenst. Bild: jrh

Jede Woche wieder warten die Fans des SSV Jahn Regensburg auf den großen Befreiungsschlag. Doch trotz respektabler Leistungen bleiben zu wenige Punkte hängen – zum Teil, weil sich in entscheidenden Situation alles gegen die Oberpfälzer verschworen zu haben scheint. Stichwort: Die einen bekommen den Elfer, die anderen nicht.

Zum Teil aber auch, weil es der Jahn-Offensive an Schlagkraft fehlt. Trotz ansehnlicher Kombinationen fehlen im letzten Drittel Passgenauigkeit und Zielwasser bei den Stürmern. Besonders der lange angeschlagene Top-Scorer Andreas Albers kommt nicht mehr in den gewohnten Flow.

Ausgerechnet im Kellerduell beim Tabellenletzten SV Sandhausen am Sonntag (13.30 Uhr) fehlt dem Tabellen-16. der zuletzt wiedererstarkte, Rot-gesperrte Bene Saller. Auch Urgestein Wastl Nachreiner steht der Jahn-Defensive nach Nasen-OP als Backup nicht zur Verfügung. Zu allem Überfluss sorgt das verletzte Syndesmoseband bei Stürmertalent Minos Gouras sogar für ein vorzeitiges Saison-Aus. Blendi Idrizi und Oskar Schönfelder befinden sich beide noch im Aufbautraining.

Auf die Rückkehr seiner Zielgenauigkeit setzt der Jahn: Regensburgs Lebensversicherung Andreas Albers nach seinem 2:1-Siegtreffer gegen Sandhausen unter der Jahn-Traube begraben. Archivbild: Jürgen Herda

Selimbegovic: „Nur nicht verkrampfen“

Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic versucht vor dem ersten von fünf Endspielen um den Klassenerhalt dennoch den Ball flach zu halten. „Vor jedem Spiel weißt du, du musst punkten.“ Die Anzahl der Spiele werde weniger, von daher steige die Anspannung. „Aber wir dürfen es auch nicht überbewerten, weil das bleibt dann im Hinterkopf, und die Spieler verkrampfen.“ Immerhin darf der SSV wieder mit starker Oberpfälzer Unterstützung im BWT-Stadion am Hardtwald rechnen. 850 Gästekarten sind vor dem ersten Schicksalsspiel bereits in Jahn-Fan-Händen.

Selimbegovic blickt auf ein Schlusslicht, das sich nach der erneuten Trainerentlassung etwas berappelt hat. Nach nur sechs Spielen und anderthalb Monaten Amtszeit stellte Sandhausen Trainer Tomas Oral frei. Interimsweise übernahmen die Co-Trainer Gerhard Kleppinger und Oscar Corrochano, auch ein alter Bekannter in Regensburg. Die Folge: Zuletzt ein 2:1-Sieg in Magdeburg und ein 2:2 gegen Paderborn nach 0:2-Rückstand.

Massive Aufrüstung in der Winterpause

Man dürfe sich also über die Qualität in den Reihen der Heidelberger Vorstadt (rund 15.000 Einwohner) nicht täuschen. „Wir wissen ganz genau, wen die alles im Winter geholt haben.“ Seit Januar tummeln sich dort etwa der frühere Jahn-Goalgetter Hamadi Al Ghaddioui (zueletzt Paphos FC), Raphael Framberger (FC Augsburg), Kerim Çalhanoğlu (FC Schalke 04) und Franck Evina (Hannover 96 II). „Jetzt haben die nochmal ein Trainerduo, die in zwei verschiedenen Systemen gespielt haben, das macht es etwas schwieriger, die Mannschaft ganz genau einzustellen.“

Man treffe auf einen Gegner, der die letzten Spiele gepunktet hat, warnt Selimbegovic: „Der alles tut, um die Punkte da zu behalten. Es wird ein brutaler Kampf, es geht nicht darum schön zu spielen, sondern erfolgreich.“ Schön und gut habe man schon zu oft verloren. „Jetzt brauchen wir Erfolg.“ Die letzten Trainingseinheiten hätten ihm gut gefallen, „da war keine Verkrampfung, kein Leistungsabfall, zu sehen, die wissen schon, was wichtig ist“. Nämlich: „Die richtige Balance.“

Der Kleppinger-Effekt

Der kleine, aber feine Sportverein Sandhausen, der so lange erfolgreich den Größen der Zweiten Bundesliga trotzen konnte, sieht sich vor einem größeren Umbruch. Nach der erneuten Trainer- Entlassung wartet der SV auch noch auf einen neuen Sportchef, dessen Name im Laufe der nächsten Woche bekannt gegeben werden soll.

Interimstrainer Gerhard Kleppinger, der die Mannschaft zumindest ansatzweise zurück in die Erfolgsspur geführt hat, fordert schon mal die Rückkehr zu alten Tugenden: „Ich glaube, dass wir wieder dahin kommen sollten, was uns früher stark gemacht hat, dass wir bei neuen Transfers mit jungen Leuten arbeiten, die entwicklungsfähig sind.“ Die könne man zwar dann leider oft nicht halten: „Aber wir haben sie ein Stück weitergebracht.“

Ohne Diekmeier und Framberger

Vor dem „schweren Heimspiel gegen Jahn Regensburg“ muss der SV-Trainer auf die angeschlagenen Denis Diekmeier und Raphael Framberger verzichten. „Sie sind noch keine Option, ansonsten sind alle an Bord.“ Das Remis gegen Paderborn sei ein Punkt für die Moral: „Nach dem 0:2 gegen so einen starken Gegner wieder zurückzukommen, ist auch bei den Zuschauern gut angekommen. Darauf konnten wir diese Woche aufbauen.“

Man habe sich mit zuletzt vier Punkten eine Ausgangsposition geschaffen, woran man zuvor vielleicht nicht mehr so Recht geglaubt habe: „Jetzt sind wir in Reichweite und jetzt müssen wir natürlich auch versuchen nachzulegen.“ Mutig und mit dem nötigen Respekt vor Regensburg müsse man ans Werk gehen. Zwei Möglichkeiten bleibe den Gästen: „Entweder sie spielen abwartend, lassen uns kommen und versuchen dann im Umschaltspiel zum Erfolg zu kommen.“ Oder sie gingen von Anfang an auf volles Risiko und sagten sich: „Wir haben jetzt die Chance, die von uns zu distanzieren.“

Drahtseilakt: „Keine Angst vor Fehlern“

Wie sie’s machen, könne er nicht sagen: „Unseren Plan ebenso nicht“, fügt er süffisant hinzu. „Wir haben gegen Paderborn das System gewechselt, kann sein, dass wir das von Anfang an so machen.“ Das vorgezogene Endspiel um den Klassenerhalt werde ein Drahtseilakt: „Du darfst keine Angst haben vor Fehlern“, sagt Kleppinger.

„Man darf die Spieler auch nicht total unter Druck setzen, sonst kannst du nicht mehr Fußball spielen.“ Vielmehr müsse man einen Sog aufbauen: „Dass jeder den anderen mitzieht und an unser großes Ziel glaubt.“

Torwart Jonas Urbig will ein weiteres Mal die Null festhalten. Bild: jrh

Stimmen aus der Jahn-Mannschaft

Auf dem Trainingsgelände lässt Abwehrbollwerk Steve Breitkreuz das 0:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern Revue passieren: „Wenn man Kaiserslautern analysiert, weiß man, dass die den Ball gerne abgeben, um zu kontern. Da war es dann schon gut, dass wir keine leichtsinnigen Ballverluste hatten, die den Gegner einluden.“ Auch die Restverteidigung habe ganz gut funktioniert. „Wir hatten dann noch die Möglichkeit durch Prince zum Lucky Punch, was uns sehr geholfen hätte.“ In die nächsten Spiele müsse man wie in ein Finale reingehen. „Wir mussten in den letzten Wochen viel einstecken, aber die Einstellung war in Ordnung, da müssen wir einfach weitermachen.“

Jahn-Kapitän Bene Gimber bilanziert: „Bis zur Roten Karte war es ein ärgerliches 0:0 für uns, weil wir die spielbestimmende Mannschaft waren.“ Man habe sich zwar leider nicht so viele Chancen heraus gespielt, wie gewünscht: „Aber es waren schon zwei, drei dabei, wo man auch ein Tor machen kann.“ Nach der Roten Karte sei der eine Punkt dann mehr als nichts. „Jetzt haben wir ein großes Spiel vor uns, wo wir zeigen müssen, dass wir eine Mannschaft sind.“

Der mutmaßliche Saller-Ersatz Konrad Faber feuert schon mal seine Teamkollegen an: „Wenn man heute in die Gesichter der Jungs schaut, dann ist jedem klar, welche Bedeutung dieses Spiel für den Verein hat.“ Jeder werde alles, was er hat, auf dem Platz lassen. „Und dann wird so lange gefightet bis zur letzten Sekunde, um dort drei Punkte mit nach Hause zu nehmen.“

Im Vergleich zum Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern spiele man am Sonntag gegen einen komplett anderen Gegner. „Die haben schon ein Messer zwischen den Zähnen und da muss man dagegenhalten“, fordert Andreas Albers. „Und dann auch ein bisschen clever mit dem Ball sein, zirkulieren, damit die laufen müssen, dadurch können wir dann vielleicht die Defensive aufbrechen.“

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