Fensterwurf wird neu verhandelt: Mutter sehnt sich nach den Kindern

Weiden. Am Landgericht Weiden herrscht am Dienstag großer Betrieb. Parallel zur Degen-Angreiferin wird im benachbarten Sitzungssaal ebenfalls gegen eine Frau verhandelt, die während der Tat unter Verfolgungswahn stand.

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Das Justizgebäude in Weiden. Foto: OberpfalzECHO

Der Fall einer 32-jährigen Syrerin kommt erneut vor Gericht. Sie hatte im April 2021 in Weiden ihre Kinder aus dem Fenster des Frauenhauses geworfen. Das Landgericht Weiden hatte die Mutter im Dezember 2021 in der Psychiatrie untergebracht. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung auf. Begründung: Der “Verfolgungswahn” der Frau könne realen Hintergrund haben.

Der Fall muss nun vor der 3. Strafkammer in Weiden noch einmal verhandelt werden. Vorsitzender ist Landgerichtspräsident Josef Weidensteiner. Die Staatsanwaltschaft vertritt Leitender Oberstaatsanwalt Bernhard Voit. Verteidigt wird die Frau von Anwalt Rouven Colbatz. Ein zentraler Punkt ist ein neues psychiatrisches Gutachten.

Auch Unterbringung auf Bewährung möglich

In erster Instanz war Dr. Johannes Schwerdtner, Leiter der forensischen Klinik in Mainkofen, der Gutachter. Er attestierte Schizophrenie und riet dringend zur stationären Behandlung. Die Behandlungsdauer schätzte er auf 1 bis 1,5 Jahre. Das wollte die Syrerin überhaupt nicht. Sie hatte Angst, viele Jahre in der Forensik bleiben zu müssen. Jetzt ist für sie alles wieder offen, auch eine Unterbringung auf Bewährung. Dann käme sie auf freien Fuß.

Nach Auskunft von Landgerichtssprecher Matthias Bauer bleiben die Feststellungen zum Tatgeschehen bestehen. Man wird nicht alle Zeugen erneut laden müssen. Auf dem Prüfstand stehen Schuldfähigkeit und Unterbringung. Die vierfache Mutter ist inzwischen seit über einem Jahr in Behandlung und medikamentös eingestellt.

Die Tat bleibt nach wie vor gravierend. Die vierfache Mutter hatte im April 2021 ihre zweijährige Tochter aus dem Fenster des Weidener Frauenhauses geworfen. Tiefe: 5,40 Meter. Die zweite Tochter (9) sprang hinterher, gedrängt von der Mutter, und brach sich zweifach das Bein. Die Polizei konnte die Frau schließlich überwältigen, während sie sich bereits selbst über die Fensterbank schwang. In einer Bauchtrage hing das Baby. Der älteste Sohn (10) versuchte sie festzuhalten.

Doppelt auf der Flucht

Wie sich vor Gericht herausstellte, befand sich die 31-jährige Syrerin in einer aus ihrer Sicht ausweglosen Situation. Sie war doppelt auf der Flucht: Vor dem Bürgerkrieg und vor ihrem gewalttätigen Ehemann. Im April 2021 war die Polizei vier Mal zur damaligen Wohnung im Allgäu gerufen worden. Zuletzt hatte der Mann die Tür eingetreten, die der Sohn von innen zuhielt. Der Gewaltschutzbeauftragte der Polizei brachte Frau und Kinder schließlich im Frauenhaus Weiden unter – so weit weg wie möglich.

Mit diesen Aspekten ist sich aus Sicht des 6. Strafsenats des BGH in erster Instanz unzureichend auseinandergesetzt worden: Die “bizarren Verhaltensweisen” und “irrationalen Verfolgungsängste” könnten laut BGH realen Hintergrund gehabt haben.

Gerichtstermine in dieser Woche

Auch das Sicherungsverfahren gegen die Degen-Angreiferin wird am Dienstag, 14. März, ab 9 Uhr fortgesetzt. Beide Frauen befinden sich in der gleichen psychiatrischen Klinik und werden von dort aus zur Verhandlung nach Weiden gebracht. Jeweils weitere Fortsetzung ist am Donnerstag, 9 Uhr. Beide Verfahren sind öffentlich.

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