SPD-Gesundheitsexperten: Die Krankenhausreform wird vieles verbessern

Weiden. Ginge es nach dem SPD-Stadtverband, könnte die Krankenhausreform sofort umgesetzt werden. Haken an der Sache: Die bayerische CSU sperrt sich dagegen. Bei einem Infoabend erklärten zwei Experten die geplante Reform des Krankenhauswesens.

20230906 SPD-Weiden Krankenhausreform Foto: Martin Stangl
Zwei Experten standen für Fragen bei einer gesundheitspolitischen Diskussion zur Verfügung: Der Weidener SPD-Bezirkstagskandidat Dr. Christopher Birner und der Chamer SPD-Kandidat Steve Brachwitz (von links) erklärten die Eckpunkte der aktuellen Krankenhausreform. Foto: Martin Stangl

Der Wahlkampf für die Landtags- und Bezirkstagswahl am 8. Oktober ist im vollen Gange. Die Weidener SPD hatte deshalb zur “Gesundheitspolitischen Diskussion” ins Familienheim Kinderspielplatz Naabwiesen eingeladen. SPD-Stadtverbandsvorsitzende Sabine Zeidler hatte dafür zwei ausgewiesene Experten gewonnen, die zunächst die Neuerungen der geplanten Krankenhausreform erklärten.

Bayerische Struktur nicht überlebensfähig

Zeidler betonte, dass nicht nur die SPD mit der derzeitigen bayerischen Krankenhauslandschaft sehr unzufrieden sei. “Durch das System der Fallpauschalen steht nicht mehr das Wohl der Menschen im Vordergrund, sondern das gewinnorientierte Handeln der Krankenhäuser”, so die Sozialdemokratin. Um die Bevölkerung über die geplanten Änderungen zu informieren und Ängste zu nehmen, wollte der SPD-Stadtverband mit zwei Experten Licht ins Dunkel bringen. Dazu standen der Weidener Anästhesist und Notarzt Dr. Christopher Birner (Bezirkstagskandidat) und der Chamer SPD-Landtagskandidat und Fachkrankenpfleger Steve Brachwitz bereit. Beide sehen sich in der langen Tradition der SPD, den Menschen in den Mittelpunkt ihres politischen Engagements und ihrer beruflichen Tätigkeit zu stellen.

Neue bayerische Klinikstruktur

Laut Steve Brachwitz hätten bereits alle Bundesländer der Reform zugestimmt, mit Ausnahme von Bayern. Die bayerische SPD stehe voll hinter dem geplanten Umbau der Krankenhauslandschaft. “Mit der Krankenhausreform werden drei zentrale Ziele verfolgt: die Entökonomisierung, die Steigerung der Behandlungsqualität und die Entbürokratisierung des Systems”, erklärte der Chamer Politiker. Darüber hinaus ist dem Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Gewährleistung der Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge) ein zentrales Anliegen.” Brachwitz befürchtet, dass bei einem Scheitern der Reform viele Krankenhäuser von der Schließung bedroht seien.

Vorhaltepauschalen statt Fallpauschalen

Notarzt Dr. Christopher Birner ergänzte: “Das System der Fallpauschalen hat die Krankenhäuser starken ökonomischen Zwängen ausgesetzt. Da muss unbedingt gegengesteuert werden.” Die Reform beringe unter anderem mit, dass Krankenhäuser stattdessen künftig sogenannte Vorhaltepauschalen abrechnen. Damit bekämen sie eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anböten. Somit bestimme die Qualität und nicht mehr die Quantität die Versorgung.

Als unmittelbar positive Auswirkung sieht der Mediziner die Reduktion der Bürokratie: “80 Prozent meiner Arbeitszeit verwende ich für Verwaltungsarbeiten. Die würde ich lieber mit dem Patienten verbringen. Darüber hinaus wird sich nach der Reform der Klinikapparat wieder auf medizinisch notwendige und nicht mehr auf ausschließlich lukrative Behandlungen konzentrieren. Davon profitieren alle”, sagte Birner

Senioren und chronisch Kranke lukrativ

Als konkrete Beispiele für die derzeitige gewinnorientierte Ausrichtung der Kliniken führte der Mediziner an, dass in der Vergangenheit schon kurz nach einer Krankenhausprivatisierung Abteilungen wie Orthopädie oder Neurologie groß ausgebaut würden. “Zusammen mit einem Stent bringt das den besten Umsatz!” Für viele der überwiegend älteren Zuhörer überraschend war Birners Erklärung, dass Senioren und chronisch Kranke das beste Geschäft für Kliniken seien. In diesem Zusammenhang sprach der Anästhesist von einer “Überversorgung” dieser Patientengruppe.

70 Jahre Reformstillstand in Bayern

Hart ins Gericht gingen die beiden Gesundheitsexperten mit der Bayerischen Krankenhauspolitik: “Während in anderen Bundesländern teilweise die Hausaufgaben hinsichtlich der Krankenhauslandschaft gemacht wurden, herrscht in Bayern seit 70 Jahren absoluter Reformstillstand.” Mit der geplanten Klinkreform werde laut der SPD-Politiker Bayern gezwungen, die längst überfällige Strukturneuplanung vorzunehmen. Damit würde auch eine Nivellierung der regionalen Über- beziehungsweise Unterversorgung einhergehen.

“Qualifizierte Zuwanderung nötig”

Souverän leitete Sabine Zeidler die anschließende Diskussion, in der sich auch Praktiker wie Alt-Oberbürgermeister Kurt Seggewiß zu Wort meldeten. Er sprach von der überbordenden Bürokratie und den Schwierigkeiten, geeignetes Pflegepersonal zu finden: “Gerade hier brauchen wir qualifizierte Zuwanderung, um die schmerzlichen Lücken zu schließen. Das von der SPD auf den Weg gebrachte Zuwanderungsgesetz ist ein guter Weg dahin.”
In der angeregten Diskussion kamen viele Sorgen und Befürchtungen zur Sprache, es gab aber auch Lösungsansätze. Warum sich die Ampelkoalition mit dem Bürokratieabbau ähnlich schwertun wie die Vorgängerregierungen, konnte nicht geklärt werden.

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1 Kommentare

Roland Engehausen - 10.09.2023

Leider werden mit den Reformvorschlägen die genannten Ziele „Entökonomisierung, die Steigerung der Behandlungsqualität und die Entbürokratisierung des Systems“ in keiner Weise umsetzbar sein. Außerdem haben die Entscheidungen der Bundesregierung seit 2022 zunächst leider dramatisch die Finanzbasis für die Krankenhäuser verschlechtert. Es ist richtig, dass die Klinikstrukturen umgebaut werden müssen – auch in Bayern. Dies ist nur mit den Bürgerinnen und Bürger vor Ort möglich. Gleichzeitig muss die Finanzbasis der Kliniken endlich stabilisiert werden und die Inflation endlich ausgeglichen werden. VG Roland Engehausen Bayerische Krankenhausgesellschaft