Burgfestspiele: Räuberhauptmann Troglauer zieht Vilseck in seinen Bann

Vilseck. Nach Lola Montez erobern Räuber die Vilsecker Burg: Der Stadt ist es gelungen, mit Bernhard Setzwein (Autor) und Till Rickert (Regie) das Erfolgsduo der „falschen Spanierin“ für die Burgfestspiele 2022 erneut zu engagieren. Die Vorfreude auf das sozialkritische Volksstück mit komödiantischen Elementen ist riesig.

Das Organisationsteam der Burgfestspiele Vilseck mit Kulturreferentin Adolfine Nitschke (links) Bürgermeister Hans-Martin Schertl (3. von links), Co-Regisseurin Maria Friedrich, Regisseur Till Rickelt, im Käfig Dominik Gruber, der im Stück den „Karl“ spielt, Bernhard Setzwein und Kultur-Doyen Stefan Voit (rechts). Bild: Jürgen Herda

Robin Hood, der Kneißl Hias, Michael Heigl: legendäre historische Räuber, die Jahrhunderte lang das einfache Volk faszinierten. Den deutschen Klassiker Schiller etwa inspirierte des sächsische Räuberhauptmann Nikol List zu seinem Erstlingsdrama, das dem jungen Stürmer und Dränger frühen Ruhm und später die französische Ehrenbürgerschaft der Republik einbrachte.

Die Nähe zur Französischen Revolution

Die Nähe der Handlung zur Französischen Revolution reizte den renommierten Schriftsteller Bernhard Setzwein: „Eine höchst interessante Zeit, in die die kinderreiche Familie Franz Troglauers aus dem Markt Mantel hineingeboren wurde.“

Biografische Recherche-Grundlage sei der schmale Band Bernhard Weigls gewesen, der nur in groben Zügen die Biografie des Nordoberpfälzer Rebellen schildere: „Das gab mir die Freiheit, das Stück in den Zusammenhang der Revolutionsparole ,Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder der Tod‘ zu stellen.“ Sein rebellischer wie skrupelloser Charakter führt Troglauer zwangsläufig in Konflikt mit der Obrigkeit – und in letzter Instanz zuerst in das Vilsecker „Bärenloch“ und später an den Amberger Galgen.

Der Autor von rund 40 Büchern – darunter „Der böhmische Samurai“ (2017) – und einigen Theaterstücken – neben „Lola Montez, die falsche Spanierin“ auch „Hrabal und der Mann am Fenster“ – ist dabei nicht auf eine burleske Räuberpistole, sondern auf eine subtile Sozialstudie aus, die die Widersprüche zwischen revolutionärem Anspruch und autoritärer Wirklichkeit offenlegt: „Die Bande hatte in ihrer Hochzeit über 150 Mitglieder, darunter auch viele Frauen.“ Wie später bei vielen 68ern hielt sich die Begeisterung der organisierten Kriminellen für die Emanzipation der weiblichen Gangmitglieder allerdings in engen Grenzen.

Humoriges Bänkelsänger-Paar

Weil ein bayerisches Volksstück aber schlechterdings nicht ohne Humor auskommt, führt Setzwein als augenzwinkernden Kontrapunkt ein Bänkelsänger-Paar ein, das das Geschehen „nach der Art von Karl Valentin und Liesl Karstadt singend und erzählend kommentiert“. Eine Vorlage, die Regisseur Till Rickelt gerne aufnimmt: „Als ich das Buch das erste Mal gelesen habe, dachte ich mir, ach du Schreck, die erste Hälfte spielt ja nur im Gefängnis.“ Da die „Action“ trotz einiger Befreiungsaktionen erst einmal auf die Bremse trete, habe er die Idee mit der ironischen Brechung durch die Musik gerne aufgegriffen.

Die Drehzahl als Drehorgelpaar nach oben schrauben sollen Gernot Ostermann als „Birnbeißer“, mit dem Rickelt bereits 2016 beim LTO-Stück über Bonhoeffer zusammenarbeitete, und die Musikerin Andrea Pancur als „Liesl“. Rickelt, der als künstlerischer Leiter des Landestheaters Oberpfalz (LTO) zeitlich stark eingebunden ist, hat sich die Vilsecker Theater-Enthusiastin Maria Friedrich als Co-Regisseurin an die Seite geholt.

Co-Regisseurin Maria Friedrich testet die Drehorgel,. Rechts daneben Dominik Gruber, der im Stück den „Karl“ spielt. Bild: Jürgen Herda

Hauptdarsteller im „Arrest“

Den mit Spannung erwarteten Hauptdarsteller Bernhard Neumann alias Räuber Troglauer musste Vilsecks Kultur- und Tourismusreferentin Adolfine Nitschke vorstellen: „Der sitzt, wie es sich für einen echten Räuberhauptmann gehört, zurzeit in seiner Arrestzelle“, sagt die Miterfinderin der Burgfestspiele launig. Allerdings nicht, weil er, wie sein gespieltes Alter Ego ein Ross oder gar den Bamberger Bischofsstab gemopst hätte. „Es befindet sich in Quarantäne.“ Dem Erbendorfer Schauspieler und Bühnenbildner sei die Rolle des verwegenen Bandenführers auf den Leib geschrieben.

„Kultur ist, wenn man sie trotzdem finanziert.“
Adolfine Nitschke über Bürgermeister Hans-Martin Schertl

Mit im Organisationsteam als Ideengeber wirkt der kulturell omnipräsente Stefan Voit, der bei einem Spaziergang im Burghof mit der Kulturreferentin vor Jahren den Anstoß zur Gründung der Burgfestspiele gegeben habe: „Ich habe da bei Adolfine offene Burgtore eingerannt“, sagt er schmunzelnd. Vor allem aber bedankt sich Voit bei Bürgermeister Hans-Martin Schertl, dem Vertreter der Vilsecker Obrigkeit, der anders als seine Vorläufer im 18. Jahrhundert kritische Kultur erst ermögliche. Oder mit den Worten von Nitschke nach Klaus D. Koch: „Kultur ist, wenn man sie trotzdem finanziert.“

Das Organisationsteam der Burgfestspiele Vilseck freut sich auf die Premiere am am Freitag, 24. Juni (20 Uhr, Einlass 19 Uhr). Bild: Jürgen Herda

Troglauer – Räuber, Rossdieb, Revoluzzer

Der Kartenvorverkauf läuft bereits über www.okticket.de und www.nt-ticket.de für die zehn Aufführungen zwischen der Premiere am Freitag, 24. Juni (20 Uhr, Einlass 19 Uhr) und Sonntag, 10. Juli. Weitere Termine: Samstag, 25. Juni; Sonntag, 26. Juni; Freitag, 1. Juli; Samstag, 2. Juli; Sonntag, 3. Juli; Donnerstag, 7. Juli; Freitag, 8. Juli; Samstag, 9. Juli.

Zwischen 20. Mai und 10. Juli kann im Turm der Burg Dagestein außerdem eine vom Troglauer Biographen Bernhard Weigl zusammengestellte Sonderausstellung besichtigt werden.

Ein besonderer Leckerbissen: die kulinarische Räuber-Führung am 9. Oktober mit der Stadtbühne „Lolamannen“ Vilseck e.V. – weitere Infos: www.vilsecktheater.de – Kontakt: Tourist-Info Vilseck, Marktplatz 13, Telefon (09662) 99 16, kulturamt@vilseck.de

Biografische Stationen:

  • Franz Troglauer (*8. Juli 1754 im Markt Mantel; † 6. Mai 1801 in Amberg) soll schon in seiner rebellischen Jugend als Dieb und Wilderer in Erscheinung getreten sein.
  • Dreimal brachte ihn sein gesetzloses Treiben ins Amberger Zuchthaus.
  • Später schloss er sich mit einigen Gesinnungsgenossen und -genossinnen der „Großen Fränkischen Diebes- und Räuberbande“ an. In ihren Glanzzeiten brachte es die Bande auf 180 Mitglieder – und Troglauer zum Bandenchef.
  • Seit Husarenstück: Bei einem Diebstahl in Bamberg entwendete sein Clan eine Beute im Wert von 12.000 Gulden – und den Bischofsstab des Bamberger Weihbischofs.
  • 1796/97 saß Troglauer wegen Pferdediebstahls in Untersuchungshaft in Vilseck, einer bambergischen Enklave auf bayerischem Boden. Zur Überraschung der Zeitgenossen entließ man den berüchtigten Räuber, nachdem man ihn an den Pranger gestellt und des Landes verwiesen hatte.
  • 1798 wurde die „Große Fränkische Diebes- und Räuberbande“ zerschlagen, viele Bandenmitglieder wurden verhaftet, Troglauer floh als Vogelfreier quer durch Bayern.
  • Nach einer Verhaftung in Regensburg gelang ihm die Flucht bei einem Gefangenentransport.
  • Auch aus der Haft in Straubing konnte der Befreiungskünstler entkommen und noch einmal eine eigene kleine Räuberbande gründen.
  • Schließlich setzte die Regierung in Amberg 100 Gulden Belohnung auf seine Ergreifung aus. Im Dezember 1800 gelang es einem Gerichtsdiener in Freystadt bei Neumarkt, Troglauer festzunehmen. Er wurde nach Amberg transportiert, verurteilt und am 6. Mai 1801 am am Galgenberg hingerichtet.

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