BücherECHO: Die Welt verstehen – Lütz’ neue Perspektiven

Nordoberpfalz. Manfred Lütz stellt sich in seinem neuen Buch der Frage nach dem Sinn des Lebens mit einer überraschenden These: Gleichgültig, ob man Christ, Muslim oder Atheist ist – man kann den Sinn des Lebens sehen.

Foto: Verlag Kösel

Es ist Krise. Überall. Kriege, Klimawandel und Polarisierung in den westlichen Gesellschaften. Vielen Menschen kommt die Orientierung abhanden: Die Ideologien sind gescheitert, die Kirchen zerlegen sich selbst, wir verheddern uns im Klein-Klein des Alltags. Und in den Debatten immer wieder dieselben ratlosen Antworten. Müssen wir nicht wieder die Werte-Basis unserer Gesellschaft entdecken, bevor sie uns ganz verloren geht?

Elke Heidenreich hat dem Buch, das zugleich in eindrucksvollen Bildern die Kunst der Stadt Rom vor Augen führt, ein begeistertes Geleitwort geschrieben. Tatsächlich hat man Europa, hat man “den Westen”, hat man uns alle besser verstanden, wenn man dieses ungewöhnliche Buch am Ende wieder zur Seite legt.

Manfred Lütz

Foto: Random House / Amanda Berens

Manfred Lütz studierte in Bonn und zwei Jahre in Rom. Er ist Psychiater, Psychotherapeut, Theologe und verfügt über ein abgeschlossenes Grundstudium in Philosophie. Der Autor von zahlreichen Büchern, darunter elf SPIEGEL-Bestsellern, nimmt als Kolumnist überregionaler Medien immer wieder an aktuellen Debatten teil.

OberpfalzECHO: Herr Lütz, inwieweit hilft uns die Beschäftigung mit dem Sinn des Lebens bei den großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit?

Manfred Lütz: Gerade in Krisenzeiten besteht die große Gefahr, dass man nur pragmatisch von einer vorläufigen Problemlösung zur nächsten hechtet. Wenn man sich nur noch im Klein-Klein verheddert und sich um die großen Fragen herumdrückt, was das Ganze nämlich soll, dann wird man seiner politischen Verantwortung nicht gerecht. Das gilt besonders von politischen Debatten.

Der bloß pragmatische Umgang mit Putin hat die Katastrophe des Ukraine-Kriegs erst möglich gemacht. Und es wird da sicher keine bloß militärtechnische Lösung geben. Die Ersetzung von Religion durch eine rigide Moral hat schließlich die verhängnisvollen Polarisierungen in den westlichen Gesellschaften gefährlich werden lassen. Wie grundlegende Lösungen aussehen könnten, das kann man in der Kunst der Stadt Rom buchstäblich sehen.

Woher kommt die Basis, auf die wir unser Wertesystem und damit den Sinn unseres Lebens aufbauen können?

Lütz: Provozierend könnte man sagen: Aus Rom! Üblich ist allerdings Jerusalem, Athen und Rom als die drei Quellen unserer geistigen Welt zu benennen, doch Rom hat die Glaubensglut Jerusalems und die Geisteskraft Athens in eine gültige Form gebracht, die die Jahrhunderte überdauerte und uns heute noch prägt.

Allein schon unser Respekt vor dem Staat ist römisch und wie wenig selbstverständlich der ist, kann man derzeit in Somalia, im Jemen oder in Libyen sehen. Diesen Respekt vor der Staatsordnung kann man in römischen Skulpturen geradezu sehen.

Die Frage nach dem Sinn stellt sich jeder und jede von uns mindestens einmal im Leben. Wie kann die Kunst hier zur Orientierung dienen?

Lütz: Wahrscheinlich stellt man sich diese Frage nicht bloß einmal, sondern an entscheidenden Wendepunkten des Lebens immer wieder. Und die Antworten werden immer höchst individuell ausfallen. Natürlich gibt es immer wieder Gurus, die verunsicherten Menschen sagen, wo’s angeblich ganz sicher lang geht. Aber das sind Irrwege.

In Wahrheit gibt es sieben Milliarden unterschiedliche Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, so viele wie es Menschen gibt. Aber in der Betrachtung wirklich großer Kunst kann sich jeder und jede ihrer eigenen tiefen Antwort bewusst werden. Kunst zwingt nicht, sie lädt ein.

Sie sind Psychiater, Psychotherapeut und Theologe und haben Philosophie studiert. Inwieweit komplettiert die Betrachtung von Kunst Ihren Blick auf die Welt und das Leben?

Lütz: In bedeutender Kunst kann man die Antworten auf all die großen Fragen der Menschheit wie in einem Brennglas buchstäblich sehen. Was ich in Philosophie und Theologie gelernt habe, das hat die Kunst manchmal prägnanter zum Ausdruck gebracht als langatmige Texte.

Und als Psychotherapeut habe ich mich immer für die seelischen Vorgänge in Menschen interessiert und die kann man in guter Kunst mitunter besser verstehen als in einem schlichten Lebenslauf.

Manfred Lütz: “Der Sinn des Lebens”

  • Mit einem Geleitwort von Elke Heidenreich
  • Hardcover mit Schutzumschlag
  • 368 Seiten mit 155 Farbfotos
  • ISBN: 978-3-466-37310-9

Weitere Infos zum Buch gibt es hier.

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