Burgfestspiele Vilseck: „Drei Fragen an …“ Troglauer-Autor Bernhard Setzwein

Vilseck. Dass der Münchener, der nach Waldmünchen kam, seinen Lebensmittelpunkt in die Oberpfalz verlegte, ist ein Glücksfall für die regionale Theaterszene. Umso mehr, als Friedrich-Baur-Preisträger Bernhard Setzwein seit der Jahrtausendwende immer öfter als Theaterautor glänzt.

Troglauer-Autor Bernhard Setzwein (rechts) beim Premieren-Schlussapplaus mit Bürgermeister Hans-Martin Schertl (Mitte) und Kulturreferentin Adolfine Nitschke. Bild: Jürgen Herda

Nach „Lola Montez – die falsche Spanierin“ (2018) ist der „Troglauer – Räuber, Rossdieb, Revoluzzer“ bereits Bernhard Setzweins zweites Stück für die Vilsecker Burgfestspiele. In gewisser Weise schließt sich für den Romancier, der mit der satirischen Nietzsche-Hommage „Nicht kalt genug“ zum 100. Todestag des nihilistischen Philosophen im Jahr 2000 seinen bisher größten Erfolg feierte, ein Kreis.

Noch als Schüler trat Setzwein mit Mundartgedichtbänden – vareck (1978) und Hobdz mi gern (1980) – an die Öffentlichkeit. Jetzt hat er mit dem Troglauer ein kritisches bayerisches Volksstück in der Tradition Marieluise Fleißers oder Franz Xaver Kroetz’ verfasst, in dem die Protagonisten selbstverständlich parlieren, wie ihnen der Oberpfälzer Schnabel gewachsen ist.

Den Text mundgerecht gemacht

Wie hat sich dein Stück in der Bearbeitung von Till Rickelt und Maria Friedrich und durch die Interpretation der Schauspieler verändert – gibt’s für dich Überraschungen?

Bernhard Setzwein: Was mir sofort ins Ohr gestochen ist, schon bei der Generalprobe, ist die Tatsache, dass sich die Vilsecker natürlich meinen Text mundgerecht gemacht haben. So stark mundartlich eingefärbt, wie sie ihn sprechen, ist er von mir aber nicht geschrieben. Ja, ich würde sogar sagen, mein Text ist überhaupt nicht in Mundart geschrieben.

Meine Gewährsleute sind Autorinnen und Autoren wie Ödön von Horvath, Marieluise Fleißer oder auch Peter Turrini. Dass mein Stück kein Mundartstück ist, beweist vielleicht auch der Umstand, dass meine Berliner Theaterverlegerin Bettina Weyers den Text, nachdem sie ihn gelesen hatte, sofort unter Vertrag nehmen wollte.

Karten für die Burgfestspiele

Der Kartenvorverkauf für Donnerstag, 7. Juli; Freitag, 8. Juli; Samstag, 9. Juli und Final-Sonntag, 10. Juli läuft über www.okticket.de und www.nt-ticket.de.

Bis 10. Juli kann im Turm der Burg Dagestein die vom Troglauer-Biographen Bernhard Weigl zusammengestellte Sonderausstellung besichtigt werden.

Ein besonderer Leckerbissen: die kulinarische Räuber-Führung am 9. Oktober mit der Stadtbühne „Lolamannen“ Vilseck e.V. – weitere Infos: www.vilsecktheater.de – Kontakt: Tourist-Info Vilseck, Marktplatz 13, Telefon (09662) 99 16, kulturamt@vilseck.de

Offensichtlich ist sie, die im ganzen deutschsprachigen Raum tätig ist, der Meinung, das Stück ließe sich durchaus auch woanders als in der Oberpfalz und in einer anderen Sprachfärbung aufführen. Damit möchte ich überhaupt nichts gegen die Vilsecker Variante und Lösung gesagt haben. Es ist nur eine Antwort auf die Frage, worin ich die stärkste Veränderung sehe.

Und im Übrigen hat Till Rickelt, der nun schon die vierte Uraufführung eines Stückes von mir realisiert hat, genau wieder jene Bilder zum Leben erweckt, die bei mir im Prozess des Schreibens vor dem inneren Auge abgelaufen sind. Offenbar sind wir da sehr gleichgestimmt.

Autor Bernhard Setzwein (Zweiter von rechts) amüsiert sich über die Aufführung. Bild: Jürgen Herda

Kalt den Rücken hinunter

Was ist deine Lieblingsszene?

Bernhard Setzwein: In vielen Szenen gibt es Momente oder auch Bilder, die mir sehr gefallen. Was mir an Bernhard Neumanns Art, wie er den Troglauer spielt, besonders imponiert, ist sein Spektrum: mal laut und poltrig, dann wieder leise, kalt und bedrohlich. Wenn er sich etwa hinter den jungen Karl stellt, als der überlegt, ob er nicht wieder aussteigen soll aus der Bande, und ihm nur leise ins Ohr zischt: „Karl, das geht nicht mehr.“

Da läuft es selbst mir, der ich das geschrieben hab, kalt den Rücken hinunter. Uns allen gefallen hat sicherlich das freche Bänkelsängerpaar, sehr schön. Aber auch die Action-Szenen, wie zum Beispiel die Fassadenkletterei am Bamberger Klerikerseminar, hatten großen Reiz, nicht zuletzt auch wegen einer super Licht-Regie.

Mal laut und polternd, mal gefährlich leise: Die Vielschichtigkeit von Bernhard Neumanns Troglauer-Verkörperung gefällt dem Autor. Bild: Jürgen Herda

Positive Reaktionen

Welche Resonanz hast du erhalten?

Bernhard Setzwein: Die Reaktionen, die ich gehört habe, waren durch die Bank sehr positiv. Einer meiner ältesten Freunde, der bislang noch keine einzige meiner Uraufführungen versäumt hat und der ein passionierter Theatergeher auch außerhalb Bayerns ist, meinte allerdings, womit ich noch mal zum Anfang zurückkomme: Jetzt kenne er die Vilsecker Version und die habe ihn überzeugt.

Er könne sich aber auch gut eine andere Herangehensweise vorstellen, weniger volksstückhaft, weniger mundartlich, reduzierter, kühler. Das Stück verhandelt ja letzten Endes universelle Gewissensfragen, denke ich, die sich auch heute noch durchaus dringlich stellen lassen. Mal schauen, ob ich noch irgendwann eine andere Sicht angeboten bekomme, so wie es schon bei anderen Stücken von mir der Fall war. Das ist natürlich sehr spannend.

Ausgezeichneter Autor

  • 1960: Geboren in München.
  • 1981-86: Studium der Germanistik.
  • 1985: Beginn als freischaffender Autor.
  • 1990: Umzug von München nach Waldmünchen, damit einhergehend die literarische Beschäftigung mit dem bayerisch-böhmischen Grenzraum, seiner Geschichte und seiner Gegenwart seit dem Fall des Eisernen Vorhangs.
  • Ab 2003 erscheint eine Romantrilogie, die die Nachwendejahre erzählerisch festhält mit den Einzelbänden „Die grüne Jungfer“, „Ein seltsames Land“ und „Der neue Ton“.
  • 2017: Der Roman „Der Böhmische Samurai“ über die Geschichte der Coudenhove-Kalergis, einer Familie, der der Paneuropa-Begründer Richard Coudenhove entstammt.
  • 2018 verfasst Bernhard Setzwein das erste Freilichttheaterstück für die Stadt Vilseck, „Lola Montez – die falsche Spanierin“. Im gleichen Jahr ist er literarischer Stipendiat der mährischen Hauptstadt Brünn. Seine dort gewonnenen Eindrücke verarbeitet er unter anderem in seinem Tagebuch „Das gelbe Tagwerk“.

Neben seiner Tätigkeit als Autor von Romanen und Theaterstücken ist er ständiger freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks mit Features zu Kultur- und Literaturthemen, Beiträger verschiedener Zeitungen und Zeitschriften und Referent zu kulturellen und europäischen Themen.

Er ist Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller (VS), des P.E.N.-Zentrums Deutschland und der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaft und Künste.

Auszeichnungen

  • 1983: Stipendium „Münchner Literaturjahr“ der Landeshauptstadt
  • 1986: Zweiter Platz des Würzburger Literaturpreises
  • 1993: Gewinner des Komödienwettbewerbes, veranstaltet vom Regensburger Turmtheater, mit „Zucker. Ein Stück – Diabetische Farce in vier Szenen“
  • 1997 zweiter Preis beim Theaterstückewettbewerb „Hohe Munde“ der Telfser Volksschauspiele mit dem Stück „Watten Wagner Wichs“
  • 1998: Bayerischer Staatsförderpreis für Literatur
  • 2003: Kulturpreis des Bezirks Oberpfalz in der Sparte Literatur
  • 2003: In der Endauswahl für den Alfred-Döblin-Preis mit dem Roman „Die grüne Jungfer“, Vorstellung im Literarischen Colloquium Berlin
  • 2004: Bamberger Poetikprofessur
  • 2006: Kulturpreis der E.ON Bayern AG
  • 2010: Friedrich-Baur-Preis der Bayerischen Akademie der schönen Künste
  • 2013: Kulturpreis für Literatur der Sudetendeutschen Landsmannschaft
  • 2017: Adalbert-Stifter-Stipendium für Oberplan/Horní Planá

2018 Stipendium der mährischen Landesbibliothek und Leipziger Buchmesse für Aufenthalt in Brno (Brünn).

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