Drohende Verlegung des 131er: OB Jens Meyer will direkten Draht zu Verteidigungsminister Pistorius nutzen

Weiden. Oberbürgermeister Jens Meyer (SPD) hat die Nachricht über die angekündigte Verlegung des Artilleriebataillons 131 zutiefst enttäuscht. Dessen Bedeutung für Weiden hat er Verteidigungsminister Boris Pistorius bereits persönlich mitgeteilt. Jetzt will er nachhaken.

Ein Herz für die Truppe: Oberbürgermeister Jens Meyer (von links) und Altoberbürgermeister Kurt Seggewiß im Gespräch mit Oberstleutnant Thorsten Wallschus. Foto: Mario Hönig/Bundeswehr

Oberbürgermeister Jens Meyer ist die Enttäuschung über die Entscheidung der Verlegung des Artilleriebataillons 131 aus Weiden nach Oberviechtach – im Zuge des Aufbaus einer deutschen Brigade in Litauen mit Soldaten des Panzergrenadierbataillons 122 aus Oberviechtach – deutlich anzuhören.

„Als ich die Nachricht bekam, war ich richtig schockiert“, sagt Meyer. „Gerade das 131er gehört zu Weiden, das seit fast neun Jahrzehnten Garnisonsstadt ist.“ Das entspreche auch den Reaktionen der Soldaten, mit denen er bisher sprechen konnte: „Sie haben ihr großes Bedauern ausgedrückt“, sagt der Oberbürgermeister. Da sei wenig Freude über einen Wechsel nach Oberviechtach zu verspüren: „Die sind hier mit ihren Familien heimisch geworden, sie wollen nicht gehen.“

Kann Pistorius’ Verständnis etwas ändern?

Dabei will es das Stadtoberhaupt aber nicht bewenden lassen: „Ich habe versucht, Uli Grötsch zu erreichen, der mir den ersten Termin bei Pistorius ermöglicht hat.“ Auch der Weidener SPD-Bundestagsabgeordnete „kämpfe wie ein Löwe für den Standort“. Er sei bereits im April beim Verteidigungsminister in Berlin gewesen, um den Standpunkt Weidens deutlich zu machen: „Er hatte großes Verständnis und hat mir gesagt, dass er die Situation nur zu gut kenne, da er als Oberbürgermeister von Osnabrück sogar von einer Standortschließung betroffen war.“

Wenn es nicht anders gehe, könne sich Meyer einen Kompromiss vorstellen: „Zur Not könnte man schweren Herzens das Panzerartilleriebataillon 375 nach Oberviechtach verlegen, aber für die 131er, die hier wirklich verwoben ist, auch kommunale Patenschaften etwa mit Windischeschenbach hat, da müssen wir uns gewaltig, parteiübergreifend einsetzen.“ Da kennt Meyer keine Parteien: „Wir sind uns alle einig, für den Standort Weiden.“ Dem Verteidigungsministerium und der Heeresleitung könne es schließlich egal sein, ob das 131er oder die 375er nach Oberviechtach verlegt werde.

Als Oberbürgermeister von Osnabrück (2006 bis 2013) musste der heutige Verteidigungsminister Boris Pistorius die Schließung eines Bundeswehrstandorts hinnehmen. Hier überreicht ihm ein Angehöriger der britischen Streitkräfte zum Abschied aus der Stadt ein Schwert. Foto: Stadt Osnabrück

Fest mit Aufwertung gerechnet

Die Entscheidung sei auch deshalb so unverständlich, weil er fest mit einer deutlichen Aufwertung gerechnet habe: „Unser Wunsch war eine Präsenz von über 1000 Soldatinnen und Soldaten in Weiden“, sagt Meyer. „Das war eine politische Entscheidung“, glaubt der SPD-Politiker. „Wenn es eine militärische gewesen wäre, wäre sie zugunsten Weidens ausgefallen.“

Aus den Fachgesprächen mit Militärkreisen habe er mitgenommen: „Nicht ein einziger war darunter, der nicht gesagt hätte, welche Synergien sich aus dem Miteinander von 131er und 375er an einem Standort ergeben – die Soldaten könnten ihre komplette Laufbahn an einem Standort durchlaufen.“ Und natürlich wäre es auch eine nachhaltige Stärkung Weidens gewesen.

Ich rechne mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren. Oberbürgermeister Jens Meyer

Derzeit weise das 131er eine Stärke von 550 Mann und Frau am Standort Weiden auf. „Wenn jetzt nur noch das 375er aufgebaut wird, sprechen wir von einem Verlust von etwa 200 Köpfen.“ Das werde aber sicher nicht von heute auf morgen geschehen. Man müsse sich jetzt erst einmal sortieren, die Aufstellung in Litauen konkret planen, bevor man die Truppenteile dorthin verlegen könne. „Aus dem hohlen Bauch heraus würde ich sagen, ich rechne mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren“, kalkuliert Meyer.

Übung mit der Panzer-Haubitze 2000 des Artilleriebataillons 131 aus Weiden. Archivbild: Jürgen Masching.

Geschichte der Weidener Kaserne

Schon vor der Entscheidung für den Standort einer Kaserne in der nördlichen Oberpfalz musste Weiden darum kämpfen, Garnisonsstadt zu werden. Ein geheimes Schreiben des preußischen Innenministers verrät einen „Wettlauf der Kommunen um das günstigste Angebot“.

Die Kaserne wurde 1934 für die Wehrmacht gebaut und 1935 eröffnet. Sie erhielt zunächst den Namen Metzer Kaserne nach der von 1871 bis 1918 deutschen Stadt Metz in Lothringen – Revanchismus, man hört dich trapsen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zieht 1956 die neu gegründete Bundeswehr ein. Anlässlich eines Besuchs aus der Weidener Patenstadt Issy-les-Moulineaux in Frankreich im Jahr 1964 wurde die Umbenennung der Kaserne diskutiert. Schließlich sind aus den Erzfeinden gute Freunde geworden.  Zwei Jahre später wurde sie dann auch in Ostmark-Kaserne umbenannt.

Auch dieser Namensgebung klingt in heutigen Ohren anachronistisch, was aber nicht unbedingt der Grund für eine abermalige Wiedertaufe gewesen sein dürfte: In Gedenken an Jörn Radloff, der am 15. April 2010 in Afghanistan bei Gefechten gefallen war, heißt der Bundeswehrstandort seit dem 9. Juni 2022 Major-Radloff-Kaserne – ein Name, der auch für das neue Selbstverständnis der Truppe steht, die sich an internationalen Einsätzen beteiligt.

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