E-Auto Crash: Nach einem Unfall sind Spezialausrüstung und Know-how gefragt

A93/Neustadt/WN. Dichte Rauchwolken, giftige Dämpfe und extrem hohe Spannungen: Wenn ein Elektroauto einen Unfall baut, ist Gefahr in Verzug. Für dieses Unglücks-Szenario haben die Feuerwehren im Landkreis Neustadt geübt.

Natürlich wäre es falsch, Elektroautos wegen der großen Gefahren bei einem Unfall oder gar Brand grundsätzlich zu verteufeln. Schließlich sind auch herkömmlichen Kraftstoffe oder deren Dämpfe meist leicht entzündlich. Zudem ist es umstritten, ob das Brandrisiko von Elektroautos höher ist als das von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Die Brandgefahr ist aber zumindest so groß, dass in einigen Tiefgaragen keine Elektro- oder Hybridfahrzeuge geparkt werden dürfen.

Wenig Erfahrungen aus der Praxis

Extreme Brände mit Elektroautos sind bisher weder in Weiden noch in Kulmbach oder Regensburg aufgetreten. Nachdem ein Fahrzeug in einer Tiefgarage in Kulmbach Feuer gefangen hatte, war dort aber zeitweise das Parken von E-Mobilen in den städtischen Parkgaragen verboten. Auch in Weiden dürfen in einigen Tiefgaragen keine Hybridfahrzeuge oder Elektroautos abgestellt werden.

In Kulmbach wurde das Parkverbot erst aufgehoben, nachdem die Freiwillige Feuerwehr eine Spezialausrüstung erhalten hatte. Teil dieser Ausrüstung sind unter anderem ein Teleskoplader und eine Löschdecke, mit der ein komplettes Fahrzeug abgedeckt werden kann. Weil die Lithium-Iionen-Akkus aber auch unter Sauerstoffabschluss weiter brennen, dienen diese Decken eher als Flammschutzdecke.

Container als sicherste Lösung

Im Jahr 2015 sind die Werkfeuerwehren der Automobilhersteller und Zulieferer an die Firma Ellermann Eurocon herangetreten, um gemeinsam eine sichere Lösung für die Bergung von Elektro- oder Hybridfahrzeugen zu finden. So ist der europaweit patentierte Hochvolt-Container “RED BOXX” entstanden.

Der Container wird mit einem Wechselladerfahrzeug zum Unfallort transportiert. Foto: Ellermann Eurocon GmbH

Er kann zum Beispiel mit einem Wechselladerfahrzeug (WLF) zum Unfallort transportiert werden. Vor Ort wird das beschädigte Auto in den Container verfrachtet und beobachtet. Die im Container integrierten Sensoren lösen im Ernstfall eine Alarmierung aus. Wenn ein Thermal Runaway – ein explosionsartiger Anstieg der Temperatur im Akku – eintritt, wird die “RED BOXX” mit Wasser geflutet. Die starke Abkühlung soll verhindern, dass weitere Zellen des E-Mobils in Flammen aufgehen.

Abhängig von der Größe und dem Ladezustand des Akkus variiert die Zeit, wie lange das Fahrzeug im Container bleiben muss. Wenn die Gefahr gebannt ist, wird das Wasser beprobt und entsorgt. Ein klarer Vorteil: Es gelangen keine Giftstoffe in die Umwelt.

Foto: Ellermann Eurocon GmbH
Foto: Ellermann Eurocon GmbH
Foto: Ellermann Eurocon GmbH
Foto: Ellermann Eurocon GmbH
Foto: Ellermann Eurocon GmbH
Foto: Ellermann Eurocon GmbH

“Zahlreiche Abschlepp- und Bergeunternehmen, Autohäuser sowie Feuerwehren sind bereits mit unserem System ausgestattet”, sagt Tobias Ellermann von der Ellermann Eurocon GmbH. Insgesamt werden bereits gut 200 Container genutzt. Auch im Ausland wird die Nachfrage nach diesen speziellen Behältern immer größer. Das BMW-Werk in England, die Rennstrecke Red-Bull-Ring/Spielberg in Österreich, die Berufsfeuerwehr in Bozen/Italien oder auch Porsche Italien nutzt das Einsatzmittel an fünf Standorten.

“Speziell für die Feuerwehren ist auch die mögliche Zweitnutzung des Containers hilfreich. Sie werden zum Beispiel bei Waldbränden als Löschwasserspeicher genutzt”, so Ellermann. Immerhin fasst das aktuell größte Modell etwa 60.000 Liter Wasser.

Foto: OberpfalzECHO/David Trott

Giftige und ätzende Dämpfe

Wenn der Lithium-Ionen-Akku eines E-Autos in Flammen aufgeht, kann es gefährlich werden. Wenn die Akkus bei stärkeren mechanischen Belastungen wie bei einem Verkehrsunfall beschädigt werden, sind thermische Reaktionen möglich. Die Oberfläche der Zelle kann sich auf gut 800 Grad erhitzen, die Zellen blasen sich auf und geben den Überdruck mit dichten Rauchwolken nach außen ab. Der kleinste Funke genügt dann und es entsteht eine riesige Stichflamme. Die Dämpfe sind giftig, ätzend und reagieren mit Wasser. Wie stark eine Akku-Zelle auf eine Beschädigung reagiert, zeigt dieses Video.

Hohe Spannung birgt Gefahr

Selbst wenn ein Elektroauto nicht in Brand gerät, liefern die extrem leistungsstarken Antriebsbatterien ein erhebliches Gefahrenpotential. Die Akkus versorgen die Motoren mit Spannungen zwischen 400 und 800 Volt. Hier herrscht Lebensgefahr: Wer diese Leitungen berührt, muss mit starken Stromschlägen und schweren Verbrennungen rechnen.

Üben für den Ernstfall

“Die steigende Elektrifizierung des Straßenverkehrs hat unweigerlich zur Folge, dass auch die Verkehrsunfälle mit E-Autos weiter zunehmen werden”, sagt Daniel Rothmaier von der Q4Flo GmbH während der Ausbildung am Katastrophenschutzzentrum des Landkreises Neustadt/WN. Der elektrische Antriebsstrang der Fahrzeuge stelle die Feuerwehren vor große Herausforderungen.

Genau auf diese Szenarien sollten die Einsatzkräfte bei der Übung vorbereitet werden. Speziell wurde trainiert, wie eine chemische Kettenreaktion der Zellen durch Kühlen des Akkus reduziert und das Hochvolt-System der Fahrzeuge gefunden, gesichert und getrennt werden kann.

Foto: OberpfalzECHO/David Trott
Foto: OberpfalzECHO/David Trott
Foto: OberpfalzECHO/David Trott
Foto: OberpfalzECHO/David Trott
Foto: OberpfalzECHO/David Trott
Foto: OberpfalzECHO/David Trott

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