Explodierende Kosten: Gemeinderat bekämpft den Schuldenberg

Kirchenthumbach. Mit den Investitionen der Marktgemeinde steigt auch deren Verschuldung. Mit Krediten versucht die Gemeinde nun die Schulden abzufedern.

Die Sanierungskosten maroder Wasserversorgungsleitungen und des Kanalbaues, wie zum Beispiel in der Eschenbacher Straße, im Gebiet Nickelsee und in der Mühlbachstraße lassen das Haushaltsvolumen der Kommune und gleichzeitig die Verschuldung explodieren. Foto: Robert Dotzauer

Die Berg- und Talfahrt der Kirchenthumbacher Kommunalfinanzen setzt sich fort. Lag die Pro-Kopfverschuldung im Jahr 2020 bei 245 Euro, stieg sie 2021 auf 811 Euro, um 2022 auf 178 Euro zu sinken. 2023 explodiert sie auf das Achtfache.

Die Gründe für die gewaltigen Haushaltssprünge sind vielfältig. Verzögerungen bei Bauprojekten, die Kostenexplosion am Bau, eine Rekordinflation, stark gestiegene Energiepreise, insbesondere bei den Stromkosten, und vor allem die Sanierung des Wasserleitungsnetzes und der Entwässerungseinrichtungen bestimmen das Haushaltswerk 2023.

Mutig vorwärts heißt zwar die Devise, aber das Tempo bei der Umsetzung lässt viele Wünsche offen. Eine selbstauferlegte Schuldenbremse wäre bei den Herausforderungen, vor denen die Gemeinde steht, nur hinderlich.

Gewaltiger Nachholbedarf

Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Baugebietserschließung, Rückkauf von Gewerbeflächen und weitere Zukäufe von Bauerwartungsland: die Ratsversammlung setzt im Gemeindehaushalt 2023 Prioritäten. Nach Einschätzung von Bürgermeister Jürgen Kürzinger ein Beweis des Anpackens. „Die Kommune reagiert auf die großen Aufgaben“, so der Tenor in einer der wichtigsten Sitzungen des Jahres.

Die Aufgabenstellung ist riesig. Sie spiegelt sich besonders im Investitionsbereich wider. Das Volumen des Vermögenshaushaltes ist mit 7,4 Millionen Euro rekordverdächtig. Um 2,6 Millionen Euro über den Ansätzen des Vorjahres liegend, ein Zeichen des Nachholbedarfs und/oder des konsequenten Handelns?

Jedenfalls ein Ausrufezeichen, um die marode Infrastuktur im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung zu beseitigen. Für die Sanierung und Erneuerung der Leitungssysteme nimmt der Rat über zwei Millionen Euro in die Hand. Doch der „große Wurf“ soll erst noch kommen. „Weitere Sanierungspläne werfen große Schatten voraus“, so die vielsagenden Worte des Bürgermeisters, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Doch auch das Gremium weiß: Mit dem Schulhausprojekt und mit der Generalsanierung und dem teilweisen Neubau der Kläranlage warten Großprojekte im jeweils zweistelligen Millionen-Bereich.

Viele Baustellen

Der Weg zu den zukunftsweisenden Projekten erscheint steiniger denn je. Umso wichtiger war es Kämmerer Michael Eisner, nach „harmonischen“ Vorberatungen im Haupt- und Finanzausschuss dem Gesamtgremium einen „wirkungsorientierten“ Haushaltsentwurf vorzulegen.

Der Markt geht breitgefächert viele Baustellen an, wie schon aus dem Vorbericht des Kämmerers zu entnehmen ist. Im Fokus stehen die Mittelansätze für den Tiefbau und Grundstücksankäufe. In den Einzelplänen fallen die folgenden Haushaltsansätze ins Gewicht: Rathausumbau 115.000 Euro, Erste Rate für ein neues Löschfahrzeug der FFW Thurndorf 108.000 Euro, laufende Schulausstattungen 116.000 Euro und Investitionen in verkehrliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsregulierung 100.000 Euro.

Baugebiete und weitere Projekte

Ein großes Anliegen ist dem Gremium die weitere Ausweisung von Bauland. Aktuell steht die Baulanderschließung des Gebietes „Sandbrunnen V“ mit einem ersten Ansatz von 400.000 Euro im Mittelpunkt. Im Haushaltswerk fest verankert sind zudem die Dorferneuerung Sassenreuth mit 310.000 Euro, die Umrüstung der Straßenbeleuchtung mit 96.000 Euro, die Sanierung Nickelsee, Bauabschnitt I mit zwei Millionen Euro, Planungskosten für die Kläranlage 150.000 Euro, eine neue Hebewerktechnik in Altzirkendorf mit 110.000 Euro, der Neukauf eines Radladers für den Bauhof mit 110.000 Euro, Investitionen in die Wasserversorgung Heinersreuth in Höhe von rund 159.000 Euro, der Wasserleitungsbau in der Mühlbachstraße mit 340.000 Euro und der Ausgleich des Jahresfehlbetrages aus dem Jahr 2020 mit 319.000 Euro.

Kredite schließen die Finanzlücke

Ein Volumen mit finanzieller Wucht. Doch woher das Geld nehmen? Kein Staat ist mit der Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt in Höhe von 177.000 Euro zu machen. Im Vorjahr waren es noch 513.000 Euro. Im Wesentlichen speist sich die Einnahmenseite durch Verbesserungsbeiträge der Grundstückseigentümer. Die Kämmerei rechnet mit einem Bürgeranteil von 2,2 Millionen Euro.

Die Bescheide sollen Ende Juni 2023 zugestellt werden. Die Zuwendungen des Freistaates kalkuliert die Finanzverwaltung auf 302.000 Euro. Es bleibt eine gewaltige Finanzlücke. Die Schlussfolgerung ist eine Kreditaufnahme in Höhe von 4,3 Millionen Euro. Zum Jahresende rechnet der Kämmerer mit einem Schuldenstand der Kommune von 4,7 Millionen Euro oder von 1.457 Euro je Einwohner.

Historisches Tief

“Nicht mehr ausgeben als einnehmen” – an diesem Grundsatz erinnerte Kämmerer Michael Eisner mit Blick auf die Zahlen des Verwaltungshaushalts. Das Haushaltsvolumen steigt um fast zehn Prozent auf nun 7,5 Millionen Euro. Auf der Einnahmenseite kann sich die Marktgemeinde auf höhere staatliche Zuweisungen freuen. So steigt der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer auf 2,3 Millionen Euro. Die Schlüsselzuweisung, ein Instrument des Freistaates für steuerschwache Gemeinden, soll 1,17 Millionen Euro in die Gemeindekasse spülen.

Mit deutlich weniger Einnahmen rechnet die Finanzverwaltung bei der Gewerbesteuer. Der Kämmerer kalkuliert nur noch mit 300.000 Euro. Den Einnahmen stehen mit 866.000 Euro um 11,5 Prozent steigende Personalkosten, eine um 20 Prozent höhere Kreisumlage von 1,5 Millionen Euro, eine Umlage von 609.000 Euro an die Verwaltungsgemeinschaft und eine Betriebskostenförderung von knapp 1,2 Millionen Euro für die Kindertagesstätte gegenüber.

Eine Entwicklung, die die Zuführung zum Vermögenshaushalt auf ein historisches Tief fallen lässt. Ein Anzapfen der allgemeinen Rücklage ist nicht geplant. Ohnehin wären bei einem Rücklagenstand von 76.000 Euro keine großen Entnahmen möglich. Vorsorglich wurden in „fetten Jahren“ Sonderrücklagen für Investitionen in die Wasserversorgung und in die Entwässerungseinrichtungen gebildet. Den Etatentwurf billigte das Gremium einstimmig.

Die Eckdaten des Gemeindehaushaltes

Gesamtvolumen: 14,8 Millionen Euro (im Vorjahr 11,6 Millionen Euro).

Kreditaufnahme: 4,3 Millionen Euro.

Schuldenstand zum 31. Dezember 2023: 4,7 Millionen Euro

Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt zum Ablauf des Haushaltsjahres bei 3253 Einwohnern voraussichtlich 1.457 Euro. Im Vorjahr waren es 178 Euro.

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